Tourismus und Naturschutz als Partner
Zum Tourismus beweist mancher Naturschützer ein eher gespaltenes Verhältnis. Wählen doch viele Menschen im Urlaub gerade die Orte, die sich durch eine reiche Biodiversität auszeichnen. Großschutzgebiete werben mit ihrer besonderen Natur um die Touristen. Da sind Konflikte unausweichlich.
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Ähnlich die Situation im Klimaschutz: Tourismus wird für 8 % der weltweiten Klimagasemissionen verantwortlich gemacht. Tourismus selbst ist in hohem Maße abhängig vom Klima und der Klimawandel wird auch die Urlaubsdestinationen modifizieren – man denke an im wahrsten Sinne des Wortes dahin schmelzende Wintersport-Möglichkeiten in den weniger hohen Gebirgen.
Einen etwas anderen Blick wagt der erste Hauptbeitrag: Wie nehmen Akteure in naturräumlich besonders wertvollen Regionen das Themendreieck Sicherung der biologischen Vielfalt – Anpassung an den Klimawandel – Tourismus wahr? Spielt diese eine Rolle im täglichen Handeln? Die Antworten fallen eher ernüchternd aus: Gerade die Anpassung an den Klimawandel wird kaum als dringliche Aufgabe angesehen. Dabei sollten Naturschutz, Tourismus und die administrativ Verantwortlichen in den Großschutzgebieten aktive Kooperationen suchen. Es stünde den „Vorzeigegebieten“ der „nationalen Naturlandschaften“ gut an, sich hier zu profilieren, und das vor allem aus drei Gründen.
Erstens: Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke fungieren als großflächige Kernräume für den Erhalt der biologischen Vielfalt. So lautet ihr Auftrag aus dem Bundesnaturschutzgesetz und der nationalen Biodiversitätsstrategie. Besteht in der Realität hier vielfach noch ein großer Nachholbedarf, so verschärft sich die kritische Bewertung aufgrund des Klimawandels als eines Motors der aktuellen Biodiversitätsverluste: Viele Pflanzen und Tiere müssen sich durch Änderung ihres Verbreitungsgebiets hinsichtlich des Breitengrades und vertikal in der Höhe der Gebirge sehr kurzfristig – salopp gesagt – „aus der Affäre ziehen“. Großschutzgebiete sollten als Modellgebiete zeigen, wie diese Veränderungen durch einen funktionalen Biotopverbund erleichtert werden. Andernfalls haben sie ihr zentrales Ziel verfehlt.
Zweitens: Tourismus braucht die vielfältige, reich strukturierte Landschaft mit der Biodiversität – auch im Sinne von Ökosystem-Vielfalt – als sein zentrales Kapital. Die Touristiker sind gut beraten, wenn sie dieses Themenfeld in ihr Portfolio aufnehmen und den Naturschutz nicht als Verhinderer der touristischen Entwicklung, sondern als Partner sehen. Auch da mangelt es an guten Beispielen aus unseren Großschutzgebieten: Wie kann der Tourismus zum Schutz der Biodiversität beitragen? Konflikte sind vielfach lösbar, wenn beide Seiten auf Augenhöhe miteinander diskutieren und nicht erst repariert wird, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Besucherlenkung lautet ein altes, aber nicht minder aktuelles Schlüsselwort.
Drittens: Klimawandel und Klimaschutz als gemeinsames Themenfeld von Großschutzgebieten und Tourismus? Auch hier weitgehend Fehlanzeige. Modellhafte Lösungen für den Klimaschutz, das zeigen die Bioenergiedörfer, können durchaus eine gewisse „Lockwirkung“ für den Tourismus ausüben. Warum nicht die Großschutzgebiete auch hier profilieren, indem sie Klima- und Biodiversitätsschutz unter einen Hut bringen?
Dieser Gedanke leitet über zu einem aktuellen Politikfeld, das Claus Mayr in seiner nachfolgenden Rubrik „Aktuelles aus Brüssel“ erneut thematisiert: die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Ernüchternd die Weichenstellungen in Brüssel, der Intensivierungsdruck wird weiter zunehmen und auch in die nationalen Naturlandschaften schwappen. Hat der Tourismus schon bemerkt, dass auch er Leidtragender dieser kaum wirklich gebremsten Landnutzungsdynamik sein wird? Auch das ein Themenfeld zur Kooperation!
Landschaftsplanung dient als die Fachplanung des Naturschutzes. Die Erholungsplanung gehört genauso zwingend dazu wie eine klima- und biodiversitätsschonende Landnutzung. Großschutzgebiete haben diese großen Aufgaben beispielhaft zu erfüllen. Was fehlt dazu? Einerseits natürlich die finanziellen Anreize für eine in umfassendem Sinne ressourcenschonende Landnutzung – Stichwort GAP. Andererseits aber, auch das ein sehr enges Nadelöhr, die nötige Fachkompetenz und Personalkapazität für Anschub und Steuerung dieser Herausforderungen. Öffentliches Geld in solche Arbeitsplätze in den Schutzgebieten wäre gut investiert und könnte sich reichlich verzinsen – auch für die nachhaltige touristische Entwicklung!
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