20 % des Konsums an Cola & Co.
Hyderabad/Berlin. Zur COP11, der elften Vertragsstaatenkonferenz, haben sich die 192 Vertragsstaaten der Konvention über biologische Vielfalt (CBD) im Oktober im indischen Hyderabad getroffen. Vor zwei Jahren im japanischen Nagoya, vor vier Jahren in Bonn – und auch dieses Mal blieb bis zum Ende die Spannung, ob konkrete Ergebnisse resultieren. Die COP11 ging erst nach Redaktionsschluss zu Ende – doch währenddessen wurden neue Daten zu den Kosten des Biodiversitäts-Erhalts publiziert.
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Ein internationales Team von Forschern der Universität Freiburg, BirdLife International und der Royal Society zum Schutz von Vögeln hat die notwendigen Kosten beziffert, um die dringlichsten Biodiversitätsziele der CBD zu verwirklichen: bedrohte Arten zu retten und die wichtigsten Gebiete für die Artenvielfalt zu erhalten. Das Ergebnis: 4 Mrd. US-Dollar jährlich, um das Aussterben aller bedrohten Arten zu vermeiden. Weitere 76 Mrd. US-Dollar seien notwendig, um die wichtigen Gebiete für den Erhalt von Biodiversität unter Schutz zu stellen und effektiv zu verwalten. Es müsse also bedeutend mehr Geld in den Schutz von Biodiversität fließen, aber die Gesamtsumme sei trivial im Verhältnis zu den ökonomischen Vorteilen, die der Schutz der Natur mit sich bringe. 80 Mrd. US-Dollar pro Jahr – das seien gerade 20 % der weltweiten Ausgaben für Erfrischungsgetränke oder ein winziger Bruchteil des Werts, den die Arten und Lebensräume einbringen.
In der Studie bezifferten die Autoren die jährlichen Kosten, um das Risiko des Aussterbens von Vogelarten – als am besten bekannte Gruppe – zu verringern, auf 0,8 bis 1,3 Mrd. US-Dollar jährlich für die nächsten zehn Jahre. Von dieser Summe würden gegenwärtig nur 12 % zum Schutz von Vogelarten ausgegeben. Basierend auf Daten zum Schutz von Pflanzen und anderen Tieren als Vö-geln kommt das Team auf eine jährliche Summe von 3,4 bis 4,7 Mrd. US-Dollar für alle Tiere und Pflanzen.
Eine zweite Kostenplanung wurde in Hyderabad vorgestellt, erstellt von einem internationalen Expertengremium unter dem Vorsitz von Pavan Sukhdev, Leiter der TEEB-Studie (The Economics of Ecosystems and Biodiversity). Laut dieses Berichts kann die Rettung der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2020 mit Investitionen zwischen 516 Mrd. und 2,35 Billionen US-Dollar bewerkstelligt werden (umgerechnet 65 bis 290 Mrd. US-Dollar pro Jahr).
Doch woher sollen die Gelder kommen? So schreibt die Expertengruppe in ihrem Bericht: Eine „Finanzierung durch verschiedene internationale Quellen und durch verschiedenste Politikfelder ist nötig, um die gesamte Breite der wirtschaftlichen und sozialen Werte, die aus der Natur und der Erreichung der AICHI-Ziele entstehen, zu erhalten.“ Dabei sei klar, dass dieses bei solch riesigen Summen nicht nur öffentliche Gelder sein könnten. Profite im privatwirtschaftlichen Sektor müssten sich an der Erhaltung des Naturkapitals beteiligen, zum Beispiel durch den fairen Vorteilsausgleich.
Eine der wesentlichen Kernbotschaften des Berichts lautet: Investitionen in die Erhaltung der Ökosysteme und ihrer vielfältigen Dienstleistungen vermieden gesellschaftliche Kosten – heute und in der Zukunft. Der dadurch entstehende Nutzen übersteige die Kosten bei weitem. Das zeigte auch die international hoch beachtete TEEB-Studie, die den Wert der durch die von der Natur erbrachten Leistungen für den Menschen (Ökosystemleistungen) in Zahlen fasste, und damit auch den Verlust durch den rapiden Schwund intakter Ökosysteme – ähnlich wie es Nicholas Stern für den Klimawandel tat.
Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, forderte zum Abbau umweltschädlicher Subventionen auf. Er verglich: „Die ökonomischen Folgen der ökologischen Krise sind viel gravierender als die wirtschaftlichen Folgen der Banken-und Staatenkrise. Je später die biologische Vielfalt geschützt wird, desto dramatischer werden die Konsequenzen sein. Deshalb muss in Hyderabad endlich die überfällige Finanzierung der Rettung von Arten und Lebensräumen besiegelt werden.“ Ohne verbindliche Finanzzusagen wären die von der Weltgemeinschaft vor zwei Jahren in Nagoya beschlossenen Ziele – unter anderem 10 % der Meere bis 2020 unter Schutz zu stellen und den Verlust natürlicher Lebensräume bis dahin zu halbieren – nicht zu erreichen.
Umso dringender sei es, dass die Teilnehmerstaaten in Indien die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen voranbrächten. Weltweit würden mehr als 500 Mrd. US-Dollar jährlich allein an Erdöl-Subventionen ausgegeben. In Deutschland belasteten umweltschädlichen Subventionen vor allem im Energie- und Verkehrssektor den Fiskus insgesamt mit mindestens 48 Mrd. € pro Jahr. „Der Schutz der biologischen Vielfalt ist die wichtigste Lebensversicherung für uns Menschen. Durch den Abbau umweltschädli-cher Subventionen können Gelder in diese Lebensversicherung fließen, ohne an anderer Stelle noch weiter Schaden anzurichten“, sagte Hubert Weiger.
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