Handlungsleitfaden zum Management von Natura-2000-Gebieten im Klimawandel
Mit der Erarbeitung von Leitfäden („guidance documents“) befassen sich seit einigen Jahren Expertengruppen aus Vertretern der Europäischen Kommission, der Mitgliedstaaten und ihrer Oberbehörden, der Landnutzer-Organisationen und der Umweltverbände. Ging es in den ersten Leitfäden vor allem um die Minimierung von Nutzungskonflikten in Natura-2000-Gebieten, etwa bei der Windkraftnutzung oder dem Rohstoffabbau, so bemüht sich die aktuelle Arbeitsgruppe darum, Handlungsempfehlungen für die Optimierung des Managements in Natura-2000-Gebieten zu erarbeiten (Naturschutz und Landschaftsplanung 43 (4), Seite 98).
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Aktuell sind unter anderem Leitfäden zum Management von landwirtschaftlich genutzten Natura-2000-Gebieten, zur Entwicklung von Wildnis und Sukzessionszonen in Natura-2000-Gebieten sowie zur Anpassung der Managementmaßnahmen an die Erfordernisse des Klimawandels in Arbeit. Eine Unter-Arbeitsgruppe zur Entwicklung von Empfehlungen für Managementpläne in Wald-Natura-2000-Gebieten – EU-weit liegt etwa die Hälfte aller Natura-2000-Gebiete im Wald – soll im Herbst 2012 eingerichtet werden; ein „scoping document“ liegt seit Ende Juli vor.
Der Entwurf der „Guidelines on Climate Change and Natura 2000 – Dealing with the impact of climate change on the management of the Natura 2000 Network“ wurde am 13. Juli online gestellt. Das Papier geht auf das Weißbuch der Kommission zur Anpassung an den Klimawandel zurück (KOM(2009)147 endgültig), in dem unter anderem die Notwendigkeit der Entwicklung von Strategien zur Minderung der Folgen des Klimawandels und zur Anpassung an den Klimawandel gefordert wurde. Es beschränkt sich daher nicht nur auf Empfehlungen für das Management in Zeiten des Klimawandels und auf eine Zusammenstellung von „best practice“-Beispielen, sondern beschreibt auch die Bedeutung von Natura-2000-Gebieten in Zeiten des Klimawandels. Denn ihnen kommt gerade im Klimawandel nicht nur eine gesteigerte Rolle als „Häfen der biologischen Vielfalt“ zu. Natura-2000-Gebiete tragen auch in hohem Maße zur Minderung der Auswirkungen des Klimawandels sowie zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Arten und Lebensräumen gegenüber klimatischen Veränderungen bei.
Nach einer Einführung über Ziel und Inhalte des Leitfadens sowie über die Bedeutung des Natura-2000-Netzwerkes für die Bewältigung des Klimawandels, etwa durch die Sicherung der natürlichen CO2-Bindung in Mooren oder die Minderung von Flutereignissen durch die Erhaltung oder Wiederherstellung von Auenlebensräumen, widmet sich das Papier in sieben Kapiteln den theoretischen und rechtlichen Grundlagen sowie der praktischen Anwendung und Umsetzung des Leitfadens.
Nach je einem Kapitel zu den Auswirkungen des Klimawandels in Europa und das Netz Natura 2000, zum Beitrag der Natura-2000-Gebiete zur Minderung des Klimawandels sowie zu den Auswirkungen des Klimawandels auf biologische Vielfalt, Arten und Lebensräume, schließen sich die Kapitel zur Bedeutung des Managements für die Anpassung an den Klimawandel sowie konkrete Empfehlungen für Managementmaßnahmen auf Schutzgebietsebene, für die Umgebung der Schutzgebiete sowie auf biogeographischer Ebene an. Sie werden ergänzt durch Empfehlungen zur Erarbeitung von Anpassungsstrategien unter Einbeziehung von Natura 2000 auf regionaler, nationaler und EU-Ebene, immer wieder untersetzt mit anschaulichen konkreten Beispielen. Die beschriebenen Maßnahmen sollen dabei sechs Zielen dienen: den bestehenden Druck auf die Ökosysteme zu reduzieren, ihre Vielfalt zu bewahren, ihre Vernetzung zu verbessern, die abiotischen Bedingungen zu erhalten, die Auswirkungen von Extrem-Ereignissen besser zu beherrschen und zu managen sowie andere Maßnahmen und Politikbereiche wie Raumplanung und Bekämpfung invasiver Arten ebenfalls in die Anpassungsstrategien einzubeziehen.
Kapitel 7 und 8 enthalten Entscheidungshilfen und konkrete Empfehlungen für Schutzgebietsverwaltungen und Praktiker ebenso wie für politische Entscheidungsträger. Dem schließen sich ein umfangreiches Literaturverzeichnis, Definitionen und vor allem eine nützliche Sammlung von ausführlichen Fallstudien aus der atlantischen, kontinentalen, alpinen und borealen Region an.
Hintergrundinformationen der Europäischen Kommission zum Klimawandel und der Entwurf des Leifadens sind abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/environment/nature/climatechange/
Direkter Link zum Leitfaden:
http://ec.europa.eu/environment/nature/climatechange/pdf/N2_CC_guidelines.pdf
Link zum Weißbuch „Anpassung an den Klimawandel: Ein europäischer Aktionsrahmen“:
http://eur-lex.europa.eu/Lex UriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2009:0147:FIN:DE:PDF
Claus Mayr, NABU, Direktor Europapolitik, Brüssel, Claus.Mayr@NABU.de
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