Bücher
Einladung zum Naturerleben
Trommers Buch „Schön wild!“ ist ein Plädoyer für das „Draußensein in Natur“, für die „Neuentdeckung der Faszination von Wildnis“. Kleine Erzählungen von Naturerlebnissen sind gut verwoben mit Berichten und Wertungen darüber, wie in unserer Gesellschaft Natur erlebt oder eben nicht erlebt wird.
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Der Autor stellt wilde Natur der beherrschten, authentische Naturerfahrung der entfremdeten gegenüber – das spiegelt die Tatsache, dass Wildnis positive Konnotationen nur als Gegenwelt zu Zivilisation und Kultur besitzt.
Kapitel 1 beschreibt „intime und subjektive“ Naturerlebnisse, in denen „wir uns als lebendige Individuen wahrnehmen“, im Kontrast zum Konsumieren spektakulär inszenierter Natur. Kapitel 2 stellt die Vielfalt der Erlebnismöglichkeiten auf Pfaden durch naturnahen Wald der Monotonie einer Wanderung über Forststraßen eines Waldes mit „Geldgewinnbewirtschaftung“ gegenüber. Kapitel 3 lädt ein, „Wildnis im Kleinen“, etwa Spontanvegetation auf Parkplätzen, nicht als Dreckecke, sondern als „Mini-Naturfreiheit“ wahrzunehmen, und schildert die ambivalenten Gefühle, die sich in der „Wildnis im Großen“ einstellen. Kapitel 4 thematisiert, inwiefern Spielen in der Natur förderlich oder sogar erforderlich ist für die Entwicklung von Kindern. Kapitel 5 ermuntert, sich nicht nur in der Natur aufzuhalten, sondern sie mit allen Sinnen, mit aller Aufmerksamkeit zu erfahren.
Trommer stellt anschaulich dar, wie faszinierend und bereichernd es sein kann, in der Natur „den Abstand und Kontrast zur hoch technisierten Lebenswelt zu suchen“. In diesem gelungenen Plädoyer stören allerdings einige Kritikausbrüche etwa über forstliche Sprühmarkierungen von Bäumen oder fragwürdige Zertifikate für nachhaltige Waldbewirtschaftung ebenso wie akademische Ausführungen zur Wildnispolitik oder zur Geschichte des Waldschutzes. Kritisch betrachten muss man Trommers Aussage, die „verletzte Wildnis heilt quasi ihre Wunden von selbst“, weil sie impliziert, Wildnis sei ein Organismus, ebenso seine zahlreichen Hinweise auf US-amerikanische Wildnisideen, obwohl europäische sich signifikant von diesen unterscheiden, und auch seine die Zivilisation abwertende Schlussthese, „es war und ist nur die Wildnis, die unsere Erde zum einzigartigen Blauen Planeten machte und macht und nicht der ... Prozess der Superzivilisation“. Relativieren muss man Trommers Hinweis, seit den 1960er Jahren sei es infolge der Reflexion auf Umweltprobleme zu einer positiven Neubewertung des „Primitiven“ und der „Wildnis“ gekommen: Der Mythos vom guten Wilden hat sich viel früher etabliert – und zwar, unabhängig von Umweltproblemen, als Gesellschaftskritik.
Dr. Thomas Kirchhoff, Heidelberg
Schön wild! Warum wir und unsere Kinder Natur und Wildnis brauchen. Von Gerhard Trommer. 208 Seiten. oekom, München 2012. Broschiert. 12,95€. ISBN 978-3-86581-295-7.
Landschaftsschutzrecht
Landschaft ist allgegenwärtig. Sie ist Erholungslandschaft, Heimat und öffentliches Gut, Alltags- und Rechtsbegriff. Zugleich vollziehen sich in ihr zivilisatorische Prozesse, die Landschaft nutzen, verändern, verbrauchen, unkenntlich machen, verunstalten und selten schützen. Die amtlich verbürgten Daten über den Zustand der Landschaft sind besorgniserregend. Dabei stehen dem Schutz der Landschaft wegen des Umbaus der Energieversorgung Herausforderungen in bisher nicht gekannter Weise bevor.
Erich Gassner entfaltet in seinem neuen Buch „Landschaftsschutzrecht“ auf fast 250 Seiten die rechtlichen Grundlagen, Instrumente und Maßstäbe, die für den Schutz der Landschaft bereitstehen, aber zu diesem Zweck auch verstanden und angewendet werden müssen: ausgehend vom Grundgesetz zahlreiche Fachgesetze, die Natur und Landschaft in jeweils spezifischen Aspekten schützen, das gesamträumliche und projektbezogene Planungsrecht, das Umweltschadensrecht- und Ordnungswidrigkeits- und Strafrecht – umweltgesetzliche Bestimmungen, die auf ihre Weise den Schutz der Landschaft gewährleisten sollen und die weitgehend durch EG-Recht eingefordert oder abgesichert werden.
Um mit diesem guten Recht zu seiner guten Praxis und (wie Gassner im Vorwort schreibt) von „law in the book“ zu „law in action“ zu gelangen, bedarf es kundiger Personen, die das Recht des Landschaftsschutzes zu ihrer eigenen Sache machen: nicht unbedingt Anwälte im engeren Sinne (solche natürlich auch), aber vor allem Anwälte im eigentlichen Wortsinne, denen der Schutz der Landschaft ein echtes Anliegen ist. Das Buch wendet sich deshalb nicht allein an Planer, Gutachter, Behörden und Kommunen, sondern nicht zuletzt an Naturschutzverbände, Bürgerinitiativen und Bürger, die sich ihrer rechtlichen Möglichkeiten versichern möchten und Anleitung suchen, im Interesse der Allgemeinheit der Sache des Landschaftsschutzes zu mehr Gewicht und Erfolg zu verhelfen.
Was der Autor – bis hin zu den aktuellen Entwicklungen in der gerichtlichen und außergerichtlichen Konfliktbewältigung – systematisch, umsichtig, verständlich und stets mit Blick auf die Praxis ausbreitet, erfordert die volle Bereitschaft des Lesers, der dafür Zug um Zug mit Überblick und einem Durchschauen von Sachverhalten rechnen darf. Ein Durchschauen, welches für das Grundverständnis des Landschaftsschutzrechts ebenso vonnöten ist wie für die Durchsetzung dieses Schutzes an sich und im örtlich konkreten Fall. Für die Praxis hilfreich ist das Buch auch deswegen, weil es rechtliche Darstellungen mit praktischer Vernunft, ökologischen Kenntnissen und angewandtem Naturschutz verknüpft. Zu diesem Buch sollte greifen, wer das Verständnis des Landschaftsschutzrechts ganz gleich aus welchem Anlass vertiefen möchte, bisher keinen rechten Zugang zu dieser Materie fand, aber spürt, wie wichtig rechtliche Kenntnisse für den Schutz der Landschaft sind.
Wilhelm Breuer, Hannover
Landschaftsschutzrecht. Von Dr. jur. Erich Gassner, Ministerialrat a.D. im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. 245 Seiten mit zahlreichen Abbildungen. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2012. Broschiert. 32,80€. ISBN 978-3-503-13696-4.
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