Freiwillige Verträge: hilfreich, aber (noch) nicht gut genug
Vertragsnaturschutz auf freiwilliger Basis gilt als Gegenentwurf zum Verordnungs-Naturschutz. So schwarz-weiß ist die Welt zwar nicht, es braucht Beides gleichermaßen. Aber fest steht, dass der kooperative Naturschutz über Verträge zu einem unverzichtbaren Instrument für den Naturschutz in der Agrarlandschaft gereift ist.
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Seit 20 Jahren bietet die EU solche Agrarumweltprogramme an, genauso lange wie die FFH-Richtlinie existiert. Im 13. Jahr sind von allen EU-Mitgliedsstaaten verpflichtend Agrarumweltprogramme anzubieten. Ein Zeichen des Erfolgs? Nein und ja, die Antwort ist zwiespältig:
Nein, belegen offensichtlich die neuen Zahlen des „Pan-European Bird Monitoring Scheme“, die das European Bird Census Council (EBCC) gerade publizierte: Seit 1980 halbierte sich die Zahl der Vögel in Europas Agrar- und Waldlandschaften. Die Schuld weisen die Wissenschaftler der Landwirtschaftspolitik zu, die Intensivlandwirtschaft und Monokulturen fördert. Erschreckende Zahlen kommuner Agrarvögel in Europa: Der Bestand des Rebhuhns schrumpfte seit 1982 um 82 % auf knapp 2,4 Mio. Vögel; Braunkehlchen minus 67 %, Grauammer minus 66 %, Wiesenpieper minus 63 %, Schafstelze minus 53 %, Kiebitz minus 52 % usw. ( http://www.ebcc.info/pecbm.html ). Der Farmland Bird Index und das Tagfalter-Monitoring auf europäischer Ebene sprechen eine ähnlich alarmierende Sprache.
Ja, der erste Hauptbeitrag in diesem Heft kommt zu positiven Ergebnissen anhand langjähriger Erfolgskontrollen des Vertragsnaturschutzes in Bayern: Im Grünland, auf Äckern und in Teichen sind die Biodiversität und die Zahl der Rote-Liste-Arten dort signifikant höher, wo Vertragsnaturschutz praktiziert wird.
Ein Widerspruch? Nein, die positiven Wirkungen der vertraglichen Vereinbarungen sind unbestritten. Nur: Um eine wirksame „Pflegeversicherung“ zu sein, genügt die Qualität des Vertragsnaturschutzes noch nicht; allein mit diesem Instrument sind die globalen, europäischen und nationalen Ziele zu Stopp und Umkehr des Biodiversitätsverlust noch nicht zu erreichen. Das verwundert nicht, da beispielsweise in Bayern maximal nur gut 2 % der Landwirtschaftsfläche über den Vertragsnaturschutz erreicht werden. Mehr Fläche und mehr Qualität lauten die klaren Signale an EU, Bund und Länder für die kommende Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) – ergo mehr Geld. Dass das durchaus lohnende Investitionen auch aus ökonomischem Blickwinkel sind, belegt die Debatte um die Ökosystemleistungen. Dazu finden sich in der Rubrik „Kurz berichtet“ acht Leitsätze, wie deren Sicherung in die GAP integriert werden könnte.
Auch die weiteren Beiträge dieses Heftes passen in den Spannungsbogen zwischen Vertrags- und Verordnungs-Naturschutz, besonders zwei Diskussionsbeiträge: „Mehr Sukzession bitte“ setzt einen Kontrapunkt gegen den pflegeorientierten Naturschutz. „Nur die zweitbeste Lösung für den Naturschutz!“ ist das Fazit zum geplanten Nationalpark im Nordschwarzwald – wäre es besser, stattdessen mehrere mittelgroße Prozessschutzgebiete zu sichern? Und nicht zuletzt belegen Veränderungen in der Heuschrecken-Fauna in Rheinland-Pfalz, dass und wie der Klimawandel kurzfristig wirkt. Auch Vertrags- und Verordnungs-Naturschutz müssen darauf reagieren. Welches sind die geeigneten Strategien zur Antwort?
All diese Themen werden uns weiter beschäftigen. Und müssen aus Wissenschaft und Praxis dringend in die Politik getragen werden: ganz aktuell nach Rio und Brüssel, beispielsweise.
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