Das Schützen mit dem Nutzen verbinden
„Schutz durch Nutzung“ – eine abgedroschene Worthülse oder doch Strategie der Zukunft? Es kommt, wie so oft, auf den Inhalt an: die Intensität des Schutzes, seine Wirksamkeit und die Kombination mit segregativen Strategien.
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…die Schutzintensität: Erhalt und Förderung von biologischer Vielfalt, Wasserressourcen, Bodenqualität, Klima und Landschaftsbild müssen nicht zwingend immer als gleichrangige Ziele neben der Erzeugung gesunder Nahrungsmittel, von Holz und anderen Werkstoffen bis hin zu Erneuerbaren Energien stehen. Aber es sollte neben dem Nutzeffekt stets ein wesentlicher Schutzeffekt nachweisbar sein. Dieser kann, aber muss nicht mit Nutzungseinbußen verbunden sein.
…die Wirksamkeit: Systematisches Monitoring weist nach, dass getroffene Vereinbarungen zwischen Schützern und Nutzern nicht nur tatsächlich realisiert werden, sondern auch die erwünschten Wirkungen zeigen. Denken wir an die Programme zum Wiesenbrüterschutz und andere Agrarumweltmaßnahmen, die bei hohem Einsatz finanzieller Mittel nur einen begrenzten, ja teils überhaupt keinen Effekt bewirkt haben. In solchen Fällen gilt es rasch umzusteuern.
…die Segregation: Es geht nicht um Integration oder Segregation. Erst beide Strategien in Kombination miteinander führen zum Erfolg: Vorrang der Naturschutzziele in ausreichend großen und miteinander vernetzten Schutzgebieten und die Integration in Nutzungen auf weiteren Flächen.
Die vier Hauptbeiträge des vorliegenden Heftes liefern für alle diese Punkte gute Hintergründe:
Wie effektiv ist das Management unserer (Groß-)Schutzgebiete? Im Rahmen der Konvention über die biologische Vielfalt sollten bis 2010 je-weils 30 % der terrestrischen Schutzgebiete evaluiert sein. Deutschland hat zwar nur 1 % der Schutzgebiete „geschafft“, aber mehr als 30 % der Schutzgebietsfläche – weil es sich auf die großen Gebiete konzentriert.
Bildlich gesprochen wächst der Schwarzwald zu, weil sich die Landwirtschaft zurückzieht. Statt teurer motormanueller Pflege wird das Holz der Sukzessionsflächen nun energetisch genutzt, ergänzt durch Weideprojekte. So wird das attraktive Landschaftsbild wiederhergestellt und zugleich ein wirtschaftlicher Nutzen reaktiviert.
Gegen einen zunehmend „invasiven“ Naturschutz, welcher seine Ziele durch starke Eingriffe auf Inseln zu erreichen versucht, spricht sich der dritte Beitrag aus. Naturschutz sollte auch den Eigenwert unserer Mitwelt respektieren.
Extensive Beweidung als Fortsetzung der Jahrtausende alten Beeinflussung der Lebensräume Mitteleuropas durch große Pflanzenfresser fördert indirekt eine ungeheuer reiche Biodiversität – dokumentiert am Beispiel der Vielfalt Dung bewohnender Käferarten.
All das sind keine allein akademischen Fragen, sondern sie besitzen höchst praktische Relevanz. Das zeigt das aktuelle Säbelrasseln um das Greening der Gemeinsamen Agrarpolitik ganz eklatant. Wird es gelingen, die Wachstumsspirale in der Landwirtschaft endlich durch echte Nachhaltigkeit zu ersetzen? Es geht nicht um die Welternährung, wie Filmemacher Valentin Thurn (Kinofilm „Taste the Waste“, Buch „Die Essensvernichter“) eindrucksvoll belegt: Die in Europa weggeworfenen Lebensmittel würden zweimal ausreichen, alle Hungernden der Welt zu ernähren! Die Hoffnung auf einen Wandel bleibt, aber die Signale aus Politik und konventioneller Agrarlobby sind rar…
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