Eingriffsregelung unter Beschuss
Wiesbaden/Berlin (ej). Naturschutzrechtliche Abgabe statt naturaler Kompensation: Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) hat auf Bundesebene einen Generalangriff auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung gestartet.
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Anlass für die Initiative ist die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen unter dem Titel „Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa“. Die Kommissionsmitteilung dient der Umsetzung der Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“, die Bestandteil der Strategie „Europa 2020“ ist.
Posch erreichte, dass die Ausschüsse des Bundesrats zumindest den zentralen Teil seines Textvorschlags in die Beschlussvorlage für den Bundesrat schrieb (die Ratssit-zung folgte nach Redaktionsschluss). Zur Vermeidung von „unverhältnismäßigen Kostensteigerungen“ u.a. bei Planungen zur Verkehrsinfrastruktur und Ausbau der Energienetze sollten bei den Maßnahmen zum nachhaltigen Schutz der Ökosystemdienstleistungen „unverhältnismäßige Kostensteigerungen () vermieden und Potenzial zur Planungsbeschleunigung genutzt werden“. Deutschland besitze bereits durch die Eingriffsregelung ein Instrument zur Kompensation der Inanspruchnahme von Naturhaushaltsflächen. Im Zuge der EU-weiten Einführung der so genannten Ökosystemdienstleistungen sei der Beibehalt dieser nationalen Regelung auf der Zulassungsebene in Frage zu stellen, um Doppelregelungen und einen erhöhten Prüfaufwand für Vorhabenträger zu vermeiden.
Wörtlich heißt es weiter in der Vorlage: „Die derzeitige nationale Eingriffsregelung ist nach Auffassung des Bundesrates insbesondere auf Grund des darin begründeten Vorrangs der ‚Naturalkompensation‘ gegenüber der Ersatzgeldzahlung nachteilig für Vorhabenträger. Durch die Verpflichtung zur Planung und aktiven Durchführung ökologischer Maßnahmen entstehen hohe zeitliche und finanzielle Aufwendungen bei Infrastrukturplanungen sowie hohe Folgekosten – wie etwa für Monitoring, Pflege oder Kontrolle der Maßnahmenflächen. Im Zuge der Umsetzung der EU-Strategien zum Erhalt der Biodiversität und des Ressour-censchutzes sollte daher die Gleichrangigkeit beider Kompensationsformen forciert werden, ebenso eine 1:1-Umsetzung in Deutschland. Würden in Zukunft Ökosystemdienstleistungen monetär bewertet und ausgeglichen, trüge dies wesentlich zur Planungsvereinfachung und -beschleunigung bei.“
Sowohl die Hessische Vereinigung für Naturschutz und Landschaftspflege (HVNL) als auch der Bundesverband Beruflicher Naturschutz (BBN) wandten sich vehement gegen die Initiative. Der BBN schrieb an den Vorsitzenden der Umweltministerkonferenz (UMK), an den Bundesumweltminister, die Fraktionsvorsitzenden und die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung (LANA), der Antrag sei „ein Affront gegen alle konstruktiven Bemühungen zur Konsolidierung des operativen Naturschutzes nach der Neufassung des BNatSchG“. Er stehe „im Gegensatz zu den konstruktiven Anstrengungen der Länder, ihrer Naturschutzverwaltungen und der vielen Naturschutzfachleute“.
Die aus der Beschlussvorlage des hessischen Wirtschaftsministers für den Bundesrat sich ergebenden Tatbestände seien teilweise unsachlich und weitgehend unzutreffend, schreibt der BBN weiter. „Vor allem jedoch sind sie operativ nicht umsetzbar. Der allgemeine Grundsatz der Eingriffsregelung nach § 13 BNatSchG würde schwer verletzt, so dass die gewünschten Regelungen auch rechtlich nicht umsetzungsfähig wären. Die Vorschläge sind zudem kontraproduktiv, da eine konsistente und integrative Handhabung der Eingriffsregelung, der Artenschutzbestimmungen und des Flächen- und Gebietsschutzes nicht mehr möglich wären und der Vollzug dadurch (…) sogar erschwert würde.“ Die Vorschläge mündeten in einer Aushöhlung des Verursacherprinzips unter Förderung partikularer wirtschaftlicher Interessen und führten zu einer Belastung der staatlichen Institutionen der Länder und der Kommunen.
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