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Besiedlung und Habitateignung verschiedener Strukturtypen

Brutvogelfauna auf Kurzumtriebsplantagen

Abstracts

Kurzumtriebsplantagen (KUP) sind Anpflanzungen schnell wachsender Gehölze (v.a. Pappel und Weide) für die Energiegewinnung. Diese unterscheiden sich teilweise deutlich hinsichtlich ihrer strukturellen Ausprägung. Um Brutvogelvorkommen und die Habitateignung von KUP differenziert bewerten zu können, wurden in den Bundesländern Brandenburg, Hessen und Sachsen Energieholzflächen in verschiedene Strukturtypen unterteilt und bezüglich der Brutvogelfauna untersucht.

Kurzumtriebsplantagen weisen grundsätzlich arten- und individuenarme Brutvogelgemeinschaften auf. Anspruchsvollere Arten fehlen weitgehend. Mit zunehmenden Alter und Wuchshöhe verschieben sich die Zusammensetzungen der Zönosen von Offenlandarten über Gebüschbrüter zu Wald­arten. Vergleichsweise sehr hohe Artenzahlen und höchste Abundanzen erreichen dabei die gebüschartigen zwei- bis fünfjährigen Bestände. Das Vorkommen gefährdeter Arten beschränkt sich vor allem auf sehr junge Kurzumtriebsstadien bzw. Randbereiche der Plantagen. Diejenigen Arten, die KUP regelmäßig und in relativ hoher Abundanz besiedeln, sind generell weit verbreitet und häufig. Daneben können aber auch einige bestandsbedrohte Ökotonbewohner wie Baumpieper (Anthus trivialis) oder Grauammer (Emberiza calandra) von der durch Kurzumtriebsplantagen erhöhten Strukturvielfalt in ausgeräumten Agrarlandschaften profitieren. Es wird empfohlen, bei der Anlage von KUP Weidenhybriden (Salix spec.) zu bevorzugen und möglichst kurze Umtriebszeiten in einem reichhaltigen Nutzungsmosaik anzustreben.

Avian Fauna in Short Rotation Coppices – Occurrence and habitat suitability of different structures

Short rotation coppices (SRCs) are a modern method of cultivating fast growing trees (mainly poplar and willow) as energy crops. Some of them show a considerable degree of structural variation. The study investigated the occurrence of breeding birds and the habitat suitability of the plantations on sample sites in the German federal states of Brandenburg, Hesse and Saxony, defining different structural types.

In general, SRCs are poor in species diversity and abundance with hardly any specialised species. As the plantations age and growth height increases the avian species composition shifts from open land species to shrub-nesting birds and then to species originally inhabiting forest habitats. Comparatively high species richness and abundance were found in two to five year old coppice stocks. The occurrence of endangered species is predominantly limited to young SRCs or to the margins of plantations. Regularly breeding and frequently occurring species are mainly common and hence not endangered. However, a number of threatened inhabitants of ecotones, such as Tree Pipit Anthus trivialis and Corn Bunting Emberiza calandra could benefit from increased structural diversity introduced by SRC areas in cleared agricultural landscapes.

Based on the results the study recommends short term rotations and the development of structurally rich configurations of SRCs. Additionally, the planting of willow hybrids Salix spec. should be preferred.

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Abb. 1: Für die artbezogene Berechnung der Brutvogeldichte eingestellte Flächenanteile der untersuchten KUP-Strukturtypen.
Abb. 1: Für die artbezogene Berechnung der Brutvogeldichte eingestellte Flächenanteile der untersuchten KUP-Strukturtypen.
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1 Einleitung

Kurzumtriebsplantagen (KUP) sind „intensive Produktionssysteme zur Holzerzeugung in kurzen Zeiträumen“ (Knust 2009). Je nach Autor werden sie auch als Agrarholz, Holzfelder, Ackerholz, Energieholz oder Schnellwuchsplantage bezeichnet (Jedicke 1995, Lamersdorf et al. 2008, Reeg et al. 2009). Dazu werden auf meist landwirtschaftlichen Nutzflächen Gehölzhybriden – v.a. Hybride von europäischen und außereuropäischen Pappeln Populus sp. bzw. Weiden Salix spec. – angepflanzt, die in Hinblick auf Wuchsleistung und Resistenz gegenüber Schadfaktoren selektiert und vegetativ vermehrt wurden (Knust 2009). KUP haben wegen der CO2-Problematik in den vergangenen Jahren eine zunehmende Aufmerksamkeit erlangt (Eggers et al. 2009, Knust 2009, Kloos 2010). Allgemein treten jedoch die Gewinnung von Biomasse und der Anbau von Energiepflanzen zunehmend in Konkurrenz zu anderen Nutzungen bzw. Funktionen der Landschaft (Reich & Rüter 2010). Auch der Einfluss auf die Biodiversität ist noch nicht hinreichend untersucht (BfN 2010, Eggers et al. 2009). Mit dem prognostisch zunehmenden Anbau von KUP (Kloos 2010, Murach 2009) stellt sich die Frage nach ihren ökologischen Auswirkungen, nach ihrem Einfluss auf die Artenvielfalt und nach ihrer naturschutzfachlichen Einordnung (z.B. Schmidt & Glaser 2009, Schulz et al. 2008, Schulz et al. 2009).

Vertiefende avifaunistische Untersuchungen auf KUP in Deutschland liegen bisher durch die Arbeiten von Jedicke (1995), Liesebach & Mulsow (1995), Mulsow (1998) und Gruss & Schulz (2008) vor. Diese stellen dabei nur einen kleinräumigen, regionalen Flächenbezug her. Die vorliegende Untersuchung versucht, die vorhandenen Daten zu ergänzen und zu einem umfassenderen Gesamtbild zusammenzuführen. Dabei half die Durchführung von Untersuchungen auf KUP in verschiedenen Bundesländern, die einbezogene Datenmenge zu vergrößern und zumindest grobe Tendenzen der strukturabhängigen Habitateignung in einem überregionalen Kontext darzustellen.

Abschließend sollen daraus erste Vorschläge zur naturschutzfachlichen Aufwertung von KUP hinsichtlich der Avifauna abgeleitet werden.

2 Untersuchungsgebiete und ­Methoden

2.1 Gebiete und Erfassungszeiträume

Die Brutvogelfauna wurde auf mit Energiehölzern bestockten Flächenkomplexen untersucht, die sich in Brandenburg, Sachsen und Hessen befinden. Alle KUP liegen in konventionell bewirtschafteten Agrarlandschaften und sind mit Gehölzklonen bestockt, die aus der Hybridisierung und Klonierung von Pappel- oder Weidenarten zum Teil amerikanischer, asiatischer und europäischer Provenienz entstanden.

Brandenburg

Die untersuchten Kurzumtriebsplantagen in Brandenburg befinden sich im südöstlichen Landesteil bei Luckau (Cahnsdorf, Landkreis Dahme-Spreewald) sowie im Nordosten Brandenburgs (Jamikow, Landkreis Uckermark). Die bei Cahnsdorf befindlichen, teilweise sehr kleinflächigen Kurzumtriebsplantagen, die seit 2004 angelegt und partiell zwischenzeitlich beerntet wurden, sind vor allem durch Pappelblöcke (Gehölzhybride aus Populus spec.; hauptsächlich Sorte „Max 5“) und zu einem flächenmäßig geringeren Anteil durch Weidenblöcke geprägt (Gehölzhybride aus Salix spec.; hauptsächlich Sektion „Torda“ und „Joris“). Insgesamt finden sich bei Cahnsdorf auf einer Fläche von ca. 14 ha Kurzumtriebsplantagen, die sich aus drei Teilflächen zusammensetzen. Die Avifauna wurde dort in den Jahren 2007, 2008 und 2009 erfasst.

Die 2009 untersuchte ca. 9 ha große KUP bei Jamikow (in Nordbrandenburg) ist seit 2008 mit den Weidenhybriden „Torda“, „Joris“ und „Sven“ sowie kleinflächig mit Pappelhybriden bestockt.

Hessen

Die untersuchte KUP der Domäne Georgenhof liegt im nördlichen Hessen bei Diemelstadt-Rhoden (Landkreis Waldeck-Frankenberg). Diese KUP wurde seit 1989 sukzessiv angelegt und umfasst aktuell eine Gesamtfläche von ca. 72 ha. Sie setzt sich in einem kleinräumigen Mosaik aus flächendominanten Pappel- und einzelnen Weidenkulturen verschiedenen Alters zusammen. Bereits 1994 vorhandene Teilflächen wurden von Jedicke (1995) untersucht. Weitere Erfassungen auf allen Teilflächen fanden in den Jahren 1998 (Mulsow 1998) und 2007 (Gruss & Schulz 2008) statt.

Sachsen

In Sachsen wurde nur eine KUP untersucht, die im Norden des Bundeslandes zwischen den Dörfern Thammenhain und Kobershain (Landkreis Muldentalkreis) liegt. Die geschlossene, relativ homogene Kurzumtriebsplantage wurde bereits 1999 angelegt und setzt sich aus verschiedenen Pappelblöcken vor allem der Klonsorten „Graupa“ und „Max 5“ zusammen. Die KUP weist eine Größe von ca. 10 ha auf. Die Avifauna wurde auf diesen Flächen in den Jahren 2007 und 2008 erfasst.

2.2 Strukturkartierungen

Die untersuchten Flächen wurden in verschiedene Ausprägungsformen bzw. Strukturtypen unterteilt, um für die auf den KUP-Flächen nachgewiesenen Brutvögel einen räumlich-strukturellen Bezug herstellen bzw. qualitative und quantitative Unterschiede in der Besiedlung erkennen zu können.

Als für die Avifauna wesentliche Parameter wurden dabei Gehölzhöhe und Stammdurchmesser, Baumart, Dichte und Homogenität der Bestände sowie das Vorhandensein von weiteren artspezifisch essenziellen Habitatelementen (Boden­vegetation, Totholzanteil) in die Grob­klassifikation voneinander abgrenzbarer Strukturtypen einbezogen. Das tatsächliche Alter der Bestände spielte hierbei eine vernachlässigbare Rolle, da die avifaunistisch relevante Strukturausprägung bzw. Gehölzhöhe wesentlich stärker über die Wahl der jeweiligen Pappel- bzw. Weidenhybride und die standörtlichen Umweltfaktoren als über das tatsächliche Bestandsalter gesteuert wird.

2.3 Avifaunistische Erfassung

Die Erfassung der Brutvögel erfolgte durch eine Revierkartierung im Rahmen einer „gruppierten Registrierung“ (Oelke 1968, Südbeck et al. 2005). Die eigenen Untersuchungen sind mit den Erfassungsmethoden von Jedicke (1995) und Mulsow (1998) vergleichbar. Die einzelnen Kurz­umtriebsplantagen wurden in jeweils sieben Begehungen zwischen Ende März/Anfang April bis Ende Juni bei geeigneter Witterung und artspezifisch günstigen Erfassungszeitpunkten begangen. Die Erfassungen wurden dabei in fünf Morgen- und zwei Abendbegehungen unterteilt. Der Abstand zwischen den einzelnen Erfassungsterminen betrug mindestens sieben und witterungsbedingt maximal 15 Tage.

Die Zuordnung einer Brutvogelart bzw. ihres potenziellen Revierzentrums zu einer bestimmten Fläche bzw. einem Strukturtyp erfolgte in der Regel anhand der schwerpunktmäßig während der Kartierungen nachgewiesenen Präsenz, eindeutigen Verhaltensbeobachtungen (z.B. Nestbau) oder ggf. durch Nestfunde. Der Großteil der nachgewiesenen Brutvögel konnte relativ einfach den entsprechenden Strukturtypen zugeordnet werden. Problematischer ist die Einordnung von Ökotonbewohnern oder Vogelarten mit größeren Aktionsräumen. Bei Grenzlinienbewohnern, die ggf. auch Flächen im Umfeld von KUP in das Revier integrierten, wurde im Einzelfall entschieden, welche Struktur prognostisch ausschlaggebend für die lokale Ansiedlung war. Ergab die situationsbezogene Prüfung, dass KUP lediglich periphere, nicht für die Ansiedlung wesentliche Revierbestandteile ausmachten, wurden diese Arten bzw. Individuen nicht als Brutvögel den KUP zugeordnet. War es demgegenüber plausibel, dass es ohne entsprechende KUP-Strukturen sehr wahrscheinlich nicht zu einer Ansiedlung in dem jeweiligen Bereich gekommen wäre, erfolgte die Zuordnung eines solchen Brutpaares zu dem entsprechenden Strukturtyp – auch wenn ggf. weitere Revieranteile (z.B. Nahrungsräume) außerhalb von den KUP-Flächen lagen.

2.4 Datenauswertung

Die Wertung als „Brutvogel“ erfolgte nach den gängigen Standards von Oelke (1968) und Südbeck et al. (2005). Hiernach rechtfertigt der mindestens zweimalige Nachweis einer Art mit entsprechendem Verhalten während der artspezifisch gültigen Erfassungszeiträume (s. Andretzke et al. 2005) den Status als „Brutvogel“ bzw. ein Brutverdachtsvorkommen.

Die Berechnung der artbezogenen Siedlungsdichte pro KUP-Strukturtyp (s. Abb. 2) erfolgte nach der Methode des gewichteten arithmetischen Mittels. Hierdurch wird der verfälschende Einfluss von teilweise sehr hohen flächenbezogenen Einzeldichten (s. Tab. 2 unter http://www.nul-online.de à Service à Download) – die beispielswiese durch Einzelbrutpaare einer Art auf einer sehr kleinräumigen Fläche erreicht werden können – nivelliert. Für die Berechnung wurden alle pro Strukturtyp erhobenen Daten kumulativ einbezogen. Diese Methode ist der Einbeziehung von beispielsweise Maximalwerten vorzuziehen, um auf einer möglichst großen Datenmenge basierende Durchschnittswerte der Siedlungsdichte zu erhalten. Einflussfaktoren wie lokale Bestandsschwankungen zwischen den Jahren, regionale Unterschiede in der Häufigkeit einer Art oder die Wirkung sehr kleiner Flächengrößen werden dadurch minimiert.

Alle während der Erfassungszeiträume in den Untersuchungsgebieten vorhandenen Strukturtypen sind kumulativ mit den jeweiligen Flächenanteilen in die abschließende Auswertung eingeflossen (s. Tab. 2). Wenn eine (Teil-)Fläche bei mehrjährigen Untersuchungen zwischenzeitlich maßgebliche Veränderungen (z.B. durch Ernte) aufwies, wurden ihre Flächengröße und das jeweils nachgewiesene Artenensemble ggf. unterschiedlichen Strukturtypen zugerechnet. In mehreren Jahren untersuchte Flächen mit gleich gebliebener Strukturausprägung sind korrespondierend mit den jeweils festgestellten Brutvogelspektren ggf. mehrfach in die Kalkulation eingestellt worden

Die zur Vergrößerung der Datengrundlage mit eingestellten Daten von Jedicke (1995) und Mulsow (1998) wurden aus deren grafischen Darstellungen bzw. tabellarischen Ausführungen übernommen.

3 Ergebnisse

3.1 Strukturtypisierung

Insgesamt konnten auf den untersuchten KUP-Flächen neun Strukturausprägungen abgegrenzt werden (s. Tab. 1). Die Strukturausprägungen reichen dabei von frisch umgewandelten Agrarflächen mit hohem Offenbodenanteil und spärlicher Vegetationsentwicklung (KUP-Typ 01) bis zu älteren Baumbeständen mit Höhen von bis zu 18 m (KUP-Typ 09).

In Abb. 1 werden die einbezogenen Gesamtflächenanteile der ausgewiesenen Strukturtypen dargestellt (Abschnitt 2.4). Aus Abb. 1 ist zu entnehmen, dass die ausgewiesenen Strukturtypen sehr unterschiedliche Anteile an der insgesamt untersuchten KUP-Fläche haben. Den höchsten für die Berechnung der Brutvogeldichten eingestellten Flächenanteil mit fast 70 ha wies dabei der KUP-Typ 07 auf. Alle anderen Strukturtypen konnten mit Größen zwischen mindestens 9 bis fast 40 ha in die Kalkulation einbezogen werden. Somit konnten für alle ausgewiesenen KUP-Typen ausreichend hohe Flächenanteile eingestellt werden, um zumindest tendenzielle Aussagen bezüglich der Lebensraumeignung der einzelnen Strukturtypen für Brutvögel auf qualitativer und quantitativer Ebene zu ermöglichen.

Eine detaillierte Darstellung der eingestellten Flächenanteile der KUP-Typen pro Untersuchungsjahr und Untersuchungsgebiet ist Tab. 2 (zu finden im Internet unter http://www.nul-online.de à Service à Download) zu entnehmen.

3.2 Brutvogelfauna

Auf den untersuchten KUP-Flächen wurden insgesamt 40 Brutvogelarten nachgewiesen (s. Abb. 2). Den überwiegenden Anteil bilden dabei ubiquitäre, relativ anspruchslose Brutvogelarten. In Abhängigkeit von der strukturellen Ausprägung der KUP-Typen sind dabei Unterschiede bezüglich der qualitativen (Abschnitt 3.2.1) und quantitativen (3.2.2) Artenzusammensetzungen erkennbar.

3.2.1 Qualitative Zusammensetzung

Mit zunehmendem Alter einer KUP wandeln sich die Habitatstrukturen und damit verbunden die Lebensgemeinschaften der Brutvögel (s. Abb. 2). Während auf frisch angelegten oder beernteten Flächen noch typische Offenlandbewohner wie die Feldlerche (Alauda arvensis) das Artenspektrum prägen (KUP-Typen 01 bis 03), dominieren mit zunehmender Vegetationshöhe und -dichte der Bestände (KUP-Typen 04 und 06) generell Gebüschbrüter oder Arten der Vorwälder die zönotische Zusammensetzung. Solche Brutvogelarten sind zum Beispiel Fitis (Phylloscopus trochilus) und Gartengrasmücke (Sylvia borin). Bei älteren, hochstämmigen Ausprägungen (KUP-Typen 07 bis 09) treten verstärkt avifaunistische Elemente wie Buchfink (Fringilla coelebs) und Singdrossel (Turdus philomelos) hinzu, die bevorzugt höhere, ältere Baumbestände besiedeln. Einige Arten mit strenger Bindung an höher wüchsige Gehölze (mit entsprechend größerem Stammdurchmesser) wie Buntspecht (Dendrocopus major) und Pirol (Oriolus oriolus) wurden ausschließlich auf älteren KUP-Typen nachgewiesen.

Auf dem halboffenen KUP-Typ 05 sind Vertreter verschiedenster ökologischer Brutvogelgilden erfasst worden. Neben typischen Ökotonbewohnern finden sich auch Gebüschbrüter, Vogelarten der Gras- und Staudenfluren sowie Brutvögel mit Wald als Stammhabitat.

Typische Ökoton- bzw. Grenzlinienbewohner wie Baumpieper (Anthus trivialis), Grauammer (Emberiza calandra) und Goldammer (Emberiza citrinella) wurden im Bereich verschiedener KUP-Typen erfasst. Die Besiedlung beschränkte sich hierbei aber weitgehend auf halboffene Ausprägungen (KUP-Typ 05), kleinräumige Anpflanzungen in ansonsten weitgehend offener Landschaft, auf die Randbereiche von größeren geschlossenen Blöcken und auf ausfallsbedingt sehr lückige KUP-Flächen.

Ähnliches gilt auch für Braunkehlchen (Saxicola rubetra), Feldschwirl (Locustella naevia) und Schwarzkehlchen (Saxicola torquata). Diese Besiedler der halb­offenen Landschaft bzw. offener Landschaften mit höherer Vertikalstruktur durch Kraut- und Grasfluren oder durchsetzende Gebüsche nutzten höher wüchsige, geschlossene KUP lediglich in den Randbereichen. Der Innenbestand älterer KUP wurde nur angenommen, wenn durch ausgedehntere Fehlstellen oder breite Abstände zwischen den Blöcken die Ausbildung von Gras- oder Staudenfluren gefördert wurde. Weiterhin nahmen diese Vogelarten vereinzelt auch frisch beerntete KUP-Stadien (KUP-Typen 02 und 03) an, da durch starken Stockausschlag i.d.R. zur artspezifischen Brutzeit schon eine höhere Vertikalstruktur ausgebildet war.

Obligate Höhlenbrüter wie Blaumeise (Cyanistes caeruleus) und Kohlmeise (Parus major), die nicht selbstständig Bruthöhlen schaffen können, traten nur bei Vorhandensein künstlicher Nisthilfen innerhalb von KUP-Flächen auf.

3.2.2 Quantitativer Vergleich

Auch auf quantitativer Ebene zeigen sich deutliche Unterschiede im Besiedlungspotenzial der verschiedenen KUP-Strukturtypen (s. Abb. 2). Einerseits divergieren die Artenzahlen (α-Diversität) zwischen den einzelnen KUP-Typen beträchtlich: Auf den jungen KUP-Typen 01 bis 03 sind maximal elf Brutvogelarten nachgewiesen worden. Auf den altersmäßig folgenden, gebüschartigen KUP-Typen 4 und 6 werden dagegen mit bis zu 20 Brutvogelspezies sehr viel höhere Gesamtartenzahlen erreicht. Selbst der halboffene KUP-Typ 05 weist mit 15 Arten noch einen Anstieg der Artenzahlen im Vergleich zu den jüngsten KUP-Stadien auf. Die größte α-Diversität mit 21 nachgewiesenen Arten wurde auf dem KUP-Typ 07 festgestellt. In den relativ alten, waldartigen KUP-Typen 08 und 09 nimmt die nachgewiesene Artenzahl dagegen mit 8 bzw. 13 Arten wieder ab.

Werden die Gesamtsiedlungsdichten und die insgesamt nachgewiesenen Reviere pro Strukturtyp herangezogen, relativiert sich das Besiedlungspotenzial vor allem in Bezug auf die älteren Strukturen. Die sehr jungen KUP-Typen weisen neben einer niedrigen Artenzahl auch eine vergleichsweise geringe Gesamtsiedlungsdichte auf. Die höchsten Gesamtsiedlungsdichten werden in den beiden gebüschartigen KUP-Typen 04 und 06 erreicht. Hervorzuheben ist hierbei der KUP-Typ 06 (Weide), der mit über 80 Revieren pro 10 ha mit Abstand die höchste Siedlungsdichte aller ausgewiesenen KUP-Typen aufweist. Die weiteren Strukturtypen – der halboffene KUP-Typ 05 sowie die älteren KUP-Typen 07 bis 09 – weisen annähernd ähnliche Dichten zwischen 23 bis 28 Reviere pro 10 ha auf.

4 Diskussion

4.1 Zönotische Zusammen­setzungen, Artenzahlen und Dichten

Sämtliche untersuchte KUP-Flächen bzw. Strukturtypen zeigen verarmte Avizönosen, die sich überwiegend aus sehr häu­figen Ubiquisten zusammensetzen (s. Abb. 2 und Abschnitt 3). Stärker spezialisierte, anspruchsvollere Arten treten nur sporadisch und in sehr geringer Siedlungsdichte auf. Für KUP im Allgemeinen, aber auch für die einzelnen Strukturtypen lassen sich daher keine deutlich abgrenzbaren, charakteristischen Avizönosen ausweisen, wie dies für andere Lebensräume möglich ist (Flade 1994).

Im Vergleich zu anderen Habitaten ist die insgesamt auf KUP, aber auch auf den einzelnen Strukturtypen nachgewiesene Arten- und Individuenzahl relativ gering. Lediglich die sehr jungen Stadien (KUP-Typen 01 bis 03) zeigen ähnliche Artenzusammensetzungen und Dichteverhältnisse wie der mit ihnen originär verwandte Lebensraum der offenen Feldflur. Dennoch weisen auch hier einzelne typische Arten wie z.B. die Schafstelze (Motacilla alba) eine deutlich geringere Dichte auf KUP als beispielsweise auf Grünländern oder Feldern mit Getreide-, Raps- oder Leguminosenanbau auf (Bauer et al. 2005). Nur die Feldlerche (Alauda arvensis) als charakteristischer Brutvogel der offenen Feldflur nimmt junge KUP regelmäßig als Lebensraum an und zeigt hier mit Mittelwerten von 2,3 bis 4,1 Revieren pro 10 ha eine Dichte, die im Vergleich mit den heutzutage überwiegend intensiv bewirtschafteten Ackerflächen als durchschnittlich bis unterdurchschnittlich zu bewerten ist (Bauer et al. 2005, Flade 1994). Frisch angelegte KUP (Typ 01), die i.d.R. ihren Charakter mit lückiger, eher niedriger Vegetationsentwicklung während der artspezifischen Brutzeit behalten, sind dabei wesentlich attraktiver als frisch beerntete Flächen (KUP-Typen 02 und 03), die durch starken Stockausschlag schon innerhalb der Brutsaison sehr schnell ihre Habitateignung verlieren können. Einzelbeobachtungen während der Erfassungen belegen diese frühe Abwanderung. Insofern ist anzunehmen, dass auf KUP-Ausprägungen mit dichtem Stockausschlag annuell lediglich eine Brut stattfindet. Diese könnte aber potenziell durch die ausbleibende Bewirtschaftung im Vergleich zu Äckern höhere Erfolgschancen haben.

Die gebüschartigen zwei- bis fünfjährigen Bestände (KUP-Typen 04 und 06) zeigen im Vergleich aller untersuchten KUP-Typen hohe Artenzahlen und Individuendichten (s. Abb. 2). Werden die gebüschartigen KUP-Typen aber mit ähnlichen naturnäheren Lebensräumen hinsichtlich Artenzahl und Abundanz verglichen, sind sie generell als verarmt zu bewerten. So gibt Flade (1994) beispielsweise für Weidenwälder und -dickichte 61 (Mittel 29,2) Arten (u.a. 39 Arten auf einer 6 ha großen Untersuchungsfläche) mit einem Dichte-Median von > 200 Brutpaaren pro 10 ha an. Für Gebüschbrachen trockener Standorte wurden mit 47 Arten mehr als doppelt so viele Arten wie auf den entsprechenden KUP-Typen festgestellt (Flade 1994). Lediglich die mit den KUP-Typen vergleichbaren jungen Laubwaldbestände weisen ähnliche oder sogar niedrigere Arten- und Dichtewerte auf (z.B. 28,3 Brutpaare pro 10 ha in Buchen-Stangenholz) auf. Hierbei betont Flade (1994), dass junge Laubholzbestände generell relativ dünn durch Vögel besiedelt werden und im Vergleich zu anderen Laubwaldtypen die geringsten Artenzahlen und Dichten aufweisen.

Der Vergleich des halboffenen KUP-Typs 05 mit ähnlichen Landschaftstypen nach Flade (1994) wie Gebüschbrachen oder der halboffenen Feldflur zeigt zwar ähnliche oder nur leicht verringerte Siedlungsdichten, aber deutlich weniger Arten auf KUP.

Die älteren KUP-Stadien (Typ 07 bis 09) entsprechen den von Flade (1994) beschriebenen Pappelforsten. Hierfür gibt der Autor eine durchschnittliche Dichte von 59 Brutpaaren pro 10 ha (BP/10ha)an, die mehr als doppelt so groß wie die Abundanz auf den untersuchten KUP-Typen ist. Weiterhin wurde in Pappelforsten mit 59 Arten auch ein wesentlich größeres Artenspektrum als auf KUP nachgewiesen. Hier differenziert Flade aber, dass die „Kernvogelgesellschaft“, die regelmäßig bzw. in hoher Stetigkeit auftrat, in Pappelforsten nur acht Arten umfasst, was in etwa den Verhältnissen auf älteren KUP entspricht.

4.2 Bindung an Strukturtypen

Obwohl typische Charakterarten bzw. Leitarten für KUP bzw. einzelne KUP-Typen nicht ausgewiesen werden können, sind einzelne Brutvogelarten deutlicher mit bestimmten strukturellen Ausprägungsformen der KUP assoziiert als das übrige Artenspektrum (s. Abb. 2). So werden die sehr jungen KUP-Typen 01 bis 03 regelmäßig von der Feldlerche (Alauda arvensis; Abb. 3) als Bruthabitat angenommen. Auf frisch beernteten KUP in England machten Sage et al. (2006) ähnliche Beobachtungen. Entscheidend ist dabei der Offenlandcharakter (> 5 bis 10 ha, s. Glutz v. Blotzheim 1985) – entweder durch eine entsprechende Größe der KUP selbst oder durch Einbettung in umliegendes Offenland. Die auf KUP festgestellte gemittelte Dichte der Feldlerche ist vergleichbar mit der Abundanz in der intensiv genutzten Ackerflur (s. Abschnitt 4.1). Auch bei lokal erhöhten Einzelwerten (z.B. Cahnsdorf, Tab. 2 unter http://www.nul-online.de ) ist die festgestellte Dichte nicht wesentlich höher als in der umliegenden Agrarlandschaft. In günstigeren Habitaten (frühen Brachestadien, Trockenrasen, extensiv genutzter Feldflur) kann die Art aber bis zu fünfmal so hohe Siedlungsdichten erreichen (s. Bauer et al. 2005, Flade 1994, Gruss & Schulz, in Vorb.).

Die 2- bis 5-jährigen KUP-Typen 04 (Pappel) und 06 (Weide), die in ihrer Ausprägung Gebüschen bzw. Vorwaldstadien ähneln, werden v.a. durch Fitis (Phylloscopus trochilus; s. Abb. 4), aber auch Gartengrasmücke (Sylvia borin), Sumpfrohrsänger (Acrocephalos palustris) und Zilpzalp (Phylloscopus collybita) regelmäßig besiedelt. Diese Arten weisen mittlere Siedlungsdichten mit bis zu 11,5 BP/10 ha (beim Fitis) bzw. bis zu ca. 5 BP/10 ha (bei den drei anderen genannten) hohe Siedlungsdichten (s. Bauer et al. 2005) und somit eine deutliche Präferenz für diese Strukturtypen auf. So wies der Fitis auch auf schwedischen Weidenplantagen die höchsten Brutdichten auf (Berg 2002). Vereinzelt wurden auf Teilflächen sogar noch höhere Dichtewerte erreicht (s. Tab. 2), die mit den in der Literatur genannten Werten in Optimalhabitaten wie flächigen Weidengebüschen vergleichbar sind (Bauer et al. 2005, Flade 1994). Insbesondere diese Arten könnten somit von den zukünftig geplanten kurzen Umtriebszeiten der KUP (Reeg et al. 2009) und von der entsprechenden Dominanz von gebüschartigen KUP-Stadien profitieren.

Bei den älteren KUP-Typen 07 bis 09 sind wenig deutliche Präferenzen festzustellen. Lediglich der Pirol (Oriolus oriolus) stellt für höherwüchsige Pappelblöcke eine charakteristische Art dar (s. Andretzke et al. 2005, Flade 1994), obwohl er dort typischerweise nur in geringer Dichte auftritt.

Weiterhin zeigt sich, dass der Baumpieper (Anthus trivialis) als Ökotonbewohner deutlich von halboffenen Ausprägungen der KUP profitiert. Er ist dabei in der Lage, auch kleinräumigere Wechsel bzw. vertikale Unterschiede zu nutzen und so gegebenenfalls auch das Innere von größeren aufgelockerten Blöcken zu besiedeln. KUP halboffener Ausprägung stellen für die Art wahrscheinlich Optimallebensräume dar, wie durch den Vergleich der dort festgestellten hohen Dichten mit den von Bauer et al. (2005) und Flade (1994) angegebenen Höchstwerten induziert wird.

Andere Grenzlinienbewohner wie Goldammer (Emberiza citrinella), aber auch die Nachweise von Braunkehlchen (Saxicola rubetra), Schwarzkehlchen (Saxicola torquata), Dorngrasmücke (Sylvia communis) und Grauammer (Emberiza calandra) beschränken sich i.d.R. dagegen auf sehr kleinräumige KUPs oder die Randbereiche von größeren, höher aufgewachsenen Blöcken. Obwohl ggf. positive Effekte für diese Arten durch Strukturbereicherung anzunehmen sind, kann daraus keine hervorzuhebende Attraktivität von KUP im Vergleich zu ähnlich funktionalen Landschaftselementen wie Hecken, Säumen etc. abgeleitet werden.

4.3 Lebensraumpotenzial für gefährdete Brutvögel

Insgesamt wurden 14 Arten auf KUP festgestellt, die zumindest in einzelnen Bundesländern deutliche Bestandsrückgänge aufweisen und so aktuell in einer bzw. mehreren Rote Liste-Kategorien oder in Vorwarnlisten geführt werden. Hierbei ist anzumerken, dass im regionalen bzw. landesweiten Kontext generell aber nur wenige diesbezüglich gefährdete Arten auf den entsprechenden Untersuchungsflächen nachgewiesen wurden. Das heißt, dass eine generell bestandsbedrohte Art meist nur dann eine KUP besiedelt, wenn sie im entsprechenden Bundesland noch häufig ist bzw. eine hohe lokale Populationsstärke aufweist.

Wie bereits Berg (2002) betont, gibt es einen starken Einfluss der umgebenden Biotope auf die Brutvogelgemeinschaft einer KUP. Infolge eines entsprechend lokal hohen Besiedlungsdrucks steigt somit grundsätzlich die Wahrscheinlichkeit, dass bei Vorhandensein artspezifisch geeigneter Strukturen bzw. einer günstigen Einbettung von KUP in die umgebende Landschaft generell auch überregional seltenere Arten KUP besiedeln (Gruss & Schulz, in Vorb.). Beispielhaft soll hierfür die Grauammer (Emberiza calandra) genannt werden, obwohl sich diese Tendenz auch bei anderen Arten abzeichnet. Grauammern wurden ausschließlich auf den Untersuchungsflächen in Brandenburg nachgewiesen. Während die Art aktuell in Hessen und Sachsen hochgradig gefährdet ist, besitzt sie in Brandenburg noch relativ vitale Populationen und wird aktuell nicht in der landesweiten Roten Liste geführt.

Daher sind aus den bisherigen Nachweisen seltener Brutvögel auf KUP keine falschen Schlussfolgerungen hinsichtlich der naturschutzfachlichen Wertigkeit zu ziehen. Wie auch flankierende Untersuchungen umliegender Flächen zeigten, weisen KUP im Vergleich zu anderen Flächenausprägungen, die zukünftig direkt mit KUP in Konkurrenz stehen können (z.B. Brachen, Stilllegungsflächen), eine geringere Eignung für Wert gebende Arten wie Braunkehlchen, Feldlerche, Grauammer und Heidelerche auf (s. Gruss & Schulz, in Vorb.). Aufwertungseffekte durch KUP beschränken sich somit im Wesentlichen nur auf vorher nicht besiedelbare, strukturell stark verarmte Landschaftsausschnitte.

5 Fazit und Ausblick

Obwohl davon ausgegangen werden kann, dass die nachgewiesenen 40 Brutvogelarten nicht das gesamte auf KUP potenziell mögliche Spektrum abbilden (s. Londo et al. 2004) und bei höherer Stichprobengröße eine Erhöhung der Artenzahl stattfindet, sind wesentliche Veränderungen in der sich hier abzeichnenden Habitateignung bzw. dem Besiedlungspotenzial von KUP nicht zu erwarten. Eine Zunahme der Diversität ist zumindest in den untersuchten Landschaftsräumen nur über weitere sporadisch auftretende Brutvögel zu erwarten. So verdeutlichen die hier eingestellten Daten, dass nur wenige Brutvögel KUP regelmäßig annehmen und eine entsprechende Habitatfunktion gegeben ist. Ein Großteil der bislang auf KUP nachgewiesenen Brutvögel besiedelt diese nur unregelmäßig bzw. ist als sporadisch auftretender „Brutgast“ zu werten. Die untersuchten KUP-Flächen in ihrer Gesamtheit, aber auch die einzelnen Strukturtypen, werden somit im Wesentlichen durch rudimentäre Brutvogelgemeinschaften – in denen seltenere, stärker spezialisierte Arten weitgehend fehlen – in relativ geringen Artenzahlen und Dichten geprägt.

Mit dem strukturellen Wandel der aufwachsenden KUP geht eine deutliche Veränderung der Brutvogel-Besiedlung einher. Analog zu der schnellen Entwicklung der Plantagen ändern sich dabei schon innerhalb weniger Jahre die Habitateigenschaften und damit das Lebensraumpotenzial für Brutvögel maßgeblich. Vor allem in Abhängigkeit von Wuchshöhe und Deckung verschiebt sich das Artenspektrum generell von obligaten Offenlandbewohnern über Gebüschbrüter zu Waldbewohnern. Ähnliche Dynamiken in der Zusammensetzung der Brutvogel­zönosen beschrieben auch Christian et al. (1998), Dhondt et al. (2007) und Sage et al. (2006) für Energieholzflächen in den USA und Großbritannien.

Anhand der Untersuchungsergebnisse und in Anlehnung an Jedicke (1995) lassen sich folgende vorläufige Empfehlungen für die Anlage und Nutzungsform von KUP bezüglich der Avifauna ableiten (s. auch Dhondt et al. 2004, Sage et al. 2006, Schulz et al. 2008 und 2010):

Es sollten möglichst kurze Umtriebszeiten eingehalten werden. Aufgrund der aktuellen Gefährdungssituation insbesondere von Offenlandarten (Flade & Sudfeldt 2008) und unter der Annahme, dass KUP eine Flächenkonkurrenz zu den bisherigen Refugialräumen solcher Arten (z.B. Landwirtschaftsbrachen) darstellen, sollten temporäre Habitatverluste infolge des Aufwachsens der Energiehölzer möglichst nur kurze Zeitspannen umfassen bzw. das permanente Vorhandensein von sehr jungen Umtriebsstadien garantiert werden, um eine kontinuierliche Lebensraumverfügbarkeit zu gewährleisten.

Insbesondere bei großflächigeren Anpflanzungen sollte ein reich strukturiertes Nutzungsmosaik mit unterschiedlich alten Umtriebsstadien angestrebt werden. Die vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass KUP v.a. in ausgeräumten Landschaften eine höhere Habitatverfügbarkeit auch für bestandsbedrohte Ökotonbewohner bzw. gefährdete Vogelarten, die zumindest einzelne höhere Vertikalstrukturen als essenzielle Habitatelemente benötigen – z.B. Grauammer und Braunkehlchen – generieren können. Zudem zeigen auch andere Untersuchungen, dass bei großflächigen KUP insgesamt mehr Vogelarten im Randbereich als im Kernbereich der Gehölzblöcke zu finden sind (Gruss & Schulz 2008, Sage et al. 2006). Eine Möglichkeit für eine solche wünschenswerte Erhöhung der Strukturvielfalt könnten Alley-Cropping-Systeme darstellen.

Weide (Salix spec.) ist bezüglich der Avifauna als bevorzugte Baumart für die Anlage von KUP anzusehen. Sie generiert ein höheres Nistplatzangebot durch höhere Strukturvielfalt (s. Gruss & Schulz 2008) als Pappel. Weiterhin erzeugt sie ein vergleichsweise reichhaltigeres Nahrungsangebot (s. Sage & Tucker 1997). Korrespondierend damit wiesen auch in vorliegenden Untersuchungen mit Weiden bestockte KUP die höchsten Artenzahlen und Dichten auf. Auch natürlicherweise stellen Weidenbestände sehr viel reichhaltigere Vogellebensräume im Vergleich zu Pappelkulturen dar (Flade 1994).

Bei großflächigeren Anpflanzungen sollte nicht nur ein Mosaik verschiedener Altersstufen, sonder auch verschiedener Gehölze und Klone angestrebt werden, da nach Dhondt et al. (2004) bzw. Dhondt & Sydenstricker (2000) das Klongemisch die Attraktivität für verschiedene Vogelarten erhöht. Weitere Aufwertungen stellen das Belassen bzw. die Neuanlage von Begleitstrukturen wie artenreichen Hecken, möglichst breiten Säumen um die KUP und weiteren Randstrukturen dar (siehe Schulz et al. 2009, 2010).

Avifaunistisch hochwertige, offene Lebensräume – z.B. Feuchtgrünländer, Trockenrasen – sind nicht mit KUP zu bepflanzen, um die nachhaltige Verdrängung bestandsbedrohter, spezialisierter Arten (Anderson et al. 2004, Sage et al. 2006, Schulz et al. 2010) zu vermeiden. Hierbei sind auch negative Zergliederungen durch Unterbrechung von freien Sichtachsen zu unterlassen. In Landschaften mit Vorkommen entsprechend sensiblen Vogelarten sollten KUP nicht bzw. nur randlich und kleinflächig etabliert werden.

Einige dieser Empfehlungen wurden bereits von Anderson et al. (2004) und Jedicke (1995) gegeben, aber in der Praxis bislang kaum beachtet. Bei den zu erwartenden großflächigen Anlagen von Energieholzplantagen und der zunehmend kritischen Öffentlichkeit gegenüber ökologisch nicht akzeptabler Biomasseproduktion sollten sie aber in Zukunft besonders berücksichtigt werden. Damit wären Kurzumtriebsplantagen als ggf. zukünftig landschaftsprägende Nutzungsform sowohl aus avifaunistischer als auch aus naturschutzfachlicher Sicht besser vertretbar.

Dank

Wir bedanken uns bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) bzw. EraNet für die finanzielle Unterstützung der Forschungskooperationen NOVALIS (Leitung: Prof. Dr. N. Lamersdorf, Universität Göttingen) und RATING SRC (Leitung: Prof. Dr. J. Dimitriou, SLU Uppsala/Schweden). Gedankt sei an dieser Stelle auch den Bewirtschaftern Michael Kloas (Cahnsdorf), der Agrargenossenschaft Goßmar/Luckau, Michael Uhlemann und Rene Heller (Thammenhain) sowie Dr. Hofmann (Georgenhof) für ihre bereitwillige Auskunft und ihr Einverständnis dazu, die Untersuchungen auf ihren Flächen durchführen zu lassen.

Literatur

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