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Zehn neue Buchen-Nationalparks

Die Umweltorganisation Greenpeace hat in einem Gutachten dargelegt, wie Rotbuchenwälder in Deutschland im Verbund geschützt werden können. Die Umweltschützer fordern bis 2020 zehn neue Nationalparks und den sofortigen Schutz der alten Buchenbestände.

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Greenpeace-Studie benennt konkrete Gebiete zum Schutz der Buchenwälder

Die Nationalparks sollten nach der von Norbert Panek, Korbach, erarbeiteten Studie in folgenden Waldgebieten eingerichtet werden: Nordschwarzwald, Pfälzer Wald, Spessart, Steigerwald, Ammergebirge, Stechlinsee, Taunus, Solling, Teutoburger Wald und Thüringer Wald. In Deutschland sind bislang weniger als 1 % der Wälder geschützt.

Bis heute bestehe kein Gesamtkonzept für den Buchenwaldschutz, so Greenpeace. Stattdessen würden diese Wälder immer intensiver genutzt, auch für die Gewinnung von Holz als Brennstoff. Deutschland habe 2007 im Rahmen der nationalen Biodiversitätsstrategie beschlossen, 5 % der deutschen Waldfläche dauerhaft aus der forstlichen Nutzung zu nehmen und dabei dem Buchenwaldschutz Vorrang zu geben. Die Bundesregierung und die Bundesländer hätten aber bisher keinen Plan vorgelegt, wie die waldrelevanten Ziele der Biodiversitätsstrategie erreicht werden sollen.

Von Natur aus liegt Deutschland mitten im Verbreitungsgebiet der Rotbuche (Fagus sylvatica). Buchen- und Buchenmischwälder bilden in Deutschland die typischen Laubwald-Ökosysteme. Tatsächlich umfasst jedoch der heutige deutsche Buchenwaldbestand, so Greenpeace, nur noch etwa 7 % des ursprüng­lichen Areals. Lediglich 6 % der Buchenwaldbestände in Deutschland seien älter als 160 Jahre.

Deutschland trägt als eines der buchenwaldreichsten Länder Europas eine besondere, internationale Verantwortung für den Schutz dieser einzigartigen Wälder. Das Gutachten benennt 75 Gebiete in verschiedenen Bundesländern. Den Kern des Buchenwald-Verbundes bilden nutzungsfreie Großgebiete, die durch Korridore und Trittsteine miteinander verbunden werden sollen.

Das Konzept beschreibt vier zentrale Funktionen von Handlungsräumen für ein Buchenwald-Verbundsystem (die Summe ergibt aufgrund der Tatsache, dass Handlungsräume mehrere der Funktionen haben können, mehr als 75 Gebiete):

große und kleinere nutzungsfreie Schlüsselgebiete (34 Handlungsräume): Vorrang für die natürliche Entwicklung mit großen nutzungsfreien Kernflächen, Sicherung als Nationalparke mit nutzungsfreien Waldflächen > 5000ha, Naturschutzgebiete 1000 bis 5000 ha;

Korridore (35 Handlungsräume): Vorrang für natürliche Waldentwicklung und ökologische Waldbewirtschaftung mit Vernetzungsfunktion, Mindestgröße für nutzungsfreie Waldflächen 50 bis 200 ha, für größere Komplexe 200 bis 1000 ha, Sicherung als Naturschutzgebiete oder Naturwaldreservate;

Trittsteine (26 Handlungsräume): Vorrang für ökologische Waldbewirtschaftung, die Ausbreitung natürlicherweise vorkommender Arten wird gefördert, Mindestgröße für nutzungsfreie Waldflächen 5ha als Altholzinsel und 10ha als Prozessschutz-Element (Alt- und Totholz) je 100 ha Wirtschaftswald, Schutz als Wildnisfläche oder Altholzinsel;

Waldumbau (21 Handlungsräume): Vorrang für ökologische Waldbewirtschaftung, Schwerpunkt in der Umwandlung nicht standortheimischer Nadelwälder in naturnahe, buchenwalddominierte Laubwälder, Erhöhung des Buchenanteils auf mindestens 50 %, keine Mindestgröße, ohne Schutzstatus.

In der Summe schlägt die Studie nutzungsfreie Schutzgebiete vor, die zusammen mit den bereits ausgewiesenen Schutzgebieten in Buchenwäldern eine Gesamtfläche nutzungsfreier Buchenwälder von 310000 ha ergeben – rund 3 % der Waldfläche Deutschlands. Somit liefert die Umsetzung einen entscheidenden Baustein zur Erreichung des 5- %-Ziels der nationalen Biodiversitäts-Strategie.

Zur Begründung zur Notwendigkeit der Ausweisung großer, ungenutzter Schlüsselflächen für die Naturentwicklung führt die Studie vier Argumente an:

Flächen zum Lernen: Flächen, auf denen die Waldentwicklung unter natürlichen Bedingungen ohne menschlichen Einfluss ablaufen kann, sind wichtige Lernflächen für die Forstwirtschaft. Sie dienen als „Weiserflächen“ zum Erkennen der natürlichen Walddynamik und lassen wertvolle Rückschlüsse für eine ökologische Waldbewirtschaftung zu.

Förderung der natürlichen Anpassung an den Klimawandel: Die natürliche Dynamik von Wäldern ermöglicht eine flexible Anpassung an veränderte Umweltbedingungen wie beispielsweise an den Klimawandel. Solche natur-„gesteuerten“ Wälder haben bessere Chancen, die Baumarten zu selektieren, die unter den entsprechenden Bedingungen am besten angepasst sind. Der Erhalt der Fähigkeit zu natürlicher Selbstregula­tion von Wäldern ist demzufolge nur in großen ungenutzten Schutzgebieten umsetzbar.

Räume für Rückzug und Fortpflanzung von bedrohten Arten: Das Überleben vieler Tierarten hängt von der Ungestörtheit ihrer Lebensräume ab. Daher spielen große, nicht durch menschliche Nutzung gestörte Gebiete eine bedeutende Rolle.

Kohlenstoffspeicherung in „Urwäldern von Morgen“: Nutzungsfreie Waldflächen führen zu einer deutlichen Zunahme der Kohlenstoffvorräte im Baumbestand. Besonders alte, reife Wälder sind effektive Kohlenstoffsenken und können auch im hohen Alter noch CO2 aufnehmen – während junge, bewirtschaftete Wälder nur so lange Kohlenstoff speichern, bis die Bäume geerntet werden. Zusätzlich erhöht sich in langfristig ungenutzten Wäldern durch den Wegfall von Forstpflege- und Ernte­arbeiten die Speicherung von Kohlenstoff im Boden.

Greenpeace fordert die Bundesregierung und die Bundesländer dazu auf, in folgenden Punkten zu handeln – und beschreibt die 75 Handlungsräume in Zuständigkeit jedes einzelnen betroffenen Bundeslandes detailliert:

(1) „Urwälder von Morgen“ schaffen! Mindestens 5 % der Wälder – vorrangig Buchenwälder – sollen bis spätestens 2020 aus der forstlichen Nutzung genommen werden. Dazu werden 10 % der öffentlichen Waldflächen so bereitgestellt, dass alle Waldgesellschaften der mitteleuropäischen Laubwälder geschützt werden können.

(2) Die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz müssen prioritär Schlüsselgebiete für den Buchenwald-Verbund einrichten. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind nationale Verantwortung und Nachholbedarf am größten.

(3) Im Zuge des Buchenwald-Verbunds ist auch ein – gegebenenfalls grenzüberschreitendes – Wildnisgebiet mit einer Größe von >50000ha zu suchen.

(4) Zur Umsetzung des Buchenwald-Verbundsystems und seinen positiven Wirkungen auf Klima, Biodiversität und Regionalentwicklung sollten der Bund und die Länder bis 2020 jährlich rund 30Mio. € zur Verfügung stellen.

(5) Für alle Buchenwald-Bestände, die älter als 140 Jahre sind, sollten Bund und Länder ein sofortiges Moratorium für die Holznutzung beschließen. Es soll so lange gelten, bis es ein bundesweit abgestimmtes und umgesetztes Verbundkonzept für den Buchenwaldschutz gibt.

(6) Alle waldpolitischen Entscheidungen sind zukünftig – vor allem im öffentlichen Wald – auf der Grundlage von Ökologie und Klimaschutz im Sinne der Vorratssteigerung, also der Erhöhung des Holz- und Biomasseanteils in Wäldern, zu treffen.

(7) Ökologische Waldnutzung und Wildtiermanagement sollen verbindlich für die öffentlichen Wälder festgeschrieben und durch Dritte kontrolliert werden, etwa durch eine FSC- oder Naturland-Zertifizierung.

Das Gutachten „Deutschlands internationale Verantwortung: Rotbuchenwälder im Verbund schützen“ (72 Seiten plus Karte; Kurzfassung 14 Seiten) von Norbert Panek, herausgegeben von Greenpeace e.V., Hamburg, ist als Download erhältlich ­unter http://www.greenpeace.de/buchenwaelder .

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