Genetische Vielfalt gerecht nutzen
Über 50 Teilnehmer des bundesweit ersten Dialogforums zur „Genetischen Vielfalt und gerechten Vorteilsausgleich aus deren Nutzen“ an der Fachhochschule Erfurt fordern, dass der Gewinn aus dem Nutzen der biologischen Vielfalt in den Regionen bleiben muss, das heißt: Produktion und Vermarktung von regionalen Naturprodukten müssen vor Ort erfolgen. Damit soll das im Oktober 2010 in Japan verabschiedete „Nagoya-Protokoll“ auch in Deutschland umgesetzt werden.
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Ausrichter des Dialogforums waren der Deutsche Verband für Landschaftspflege, die Fachhochschule Erfurt – Fachgebiet Landschaftspflege und Biotopentwicklung und die Thüringer Landesnaturschutzarbeitsgruppe „Autochthone Pflanzenverwendung“.
Jährlich werden in Deutschland 150 Millionen Sträucher und Bäume in Siedlungen und in der freien Natur ausgebracht. 80% davon stammen aus Billiglohnländern Südosteuropas. Im Bereich des Gräser- und Kräuter-Saatgutes sind es ebenfalls Tausende Tonnen jährlich, deren Herkunfts- und Produktionsgebiete in ganz anderen Klima- und Wirtschaftszonen liegen (z.B. Neuseeland und Nordamerika) als ihre Verwendung in den deutschen Landschaften. Sie werden von wenigen international arbeitenden Großkonzernen zu Niedrigstpreisen auf den deutschen Markt gebracht, so dass regionale Anbieter gebietsheimischen Saat- und Pflanzgutes im Wettbewerb oft auf der Strecke bleiben.
Bereits seit vielen Jahren prangern Wissenschaftler diese Vorgehensweise an, weil sie befürchten, dass damit eine permanente Verfälschung der regionalen Vielfalt verbunden ist und das Anpassungspotenzial der Natur (wichtig bei Klimawandel) verloren geht (beispielsweise unterscheidet sich die regionale ungarische Hundsrose in ihren genetischen Merkmalen deutlich von regionalen Hundsrosen in Brandenburg oder Bayern). Gesetzlich ist es darum bereits seit über zehn Jahren im Bundesnaturschutzgesetz geregelt, dass nur Pflanzenmaterial in der freien Landschaft ausgebracht werden darf, das aus der jeweiligen Region stammt. Die Novellierung des Gesetzes 2010 mit einer Präzisierung der ausschließlichen Verwendung von regionalem Pflanzenmaterial hatte seinerzeit heftigen Protest bei den markführenden, überregional agierenden Handels-Baumschulen hervorgerufen, so dass eine Übergangsregelung von zehn Jahren eingeräumt wurde.
Auf der anderen Seite haben sich bundesweit zahlreiche Baumschulen und Saatgutfirmen zusammengeschlossen und bringen regional produziertes, zertifiziertes Saat- und Pflanzmaterial auf den Markt und sichern gleichzeitig regionale Arbeitsplätze.
Das Land Thüringen hat dazu über eine Arbeitsgruppe des Landesnaturschutzbeirates die fachlichen Grundlagen erarbeitet und die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie die notwendige Fachinformation für die Öffentlichkeit aufbereitet ( http://www.tlug-jena.de/sfk-thueringen/9_1_karte.html ). Hierin werden die Notwendigkeit der Ausbringung von Pflanzen nur innerhalb der fünf Hauptregionen des Landes, wie z.B. Thüringer Wald und Thüringer Becken, begründet, um die regionale Vermarktung zu stärken und die Sicherung der biologischen Vielfalt zu fördern. Dieses korrespondiert mit vergleichbaren Empfehlungen in allen anderen Bundesländern (siehe http://www.regionalisierte-pflanzenproduktion.de ).
Der gerechte Vorteilsausgleich aus dem Nutzen der Biodiversität und die Förderung der regionalen Biodiversität (genetische Ressourcen) angesichts des laufenden Klimawandels sind Hauptforderungen des UN-Biodiversitätsgipfels im japanischen Nagoya im Oktober 2010, fixiert im so genannten „Nagoya-Protokoll“.
Kontakt: Prof. Dr. Norbert Müller, Fachhochschule Erfurt – Fachgebiet Landschaftspflege und Biotopentwicklung, und Thüringer Landesnaturschutzbeirat, Arbeitsgruppe Autochthone Pflanzenverwendung, Postfach 450155, D-99051 Erfurt, E-Mail n.mueller@fh-erfurt.de .
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