Grünland schwindet, Mais gewinnt
Die Zahlen alarmieren: Landnutzungsänderungen in der deutschen, ja europäischen Agrarlandschaft gewinnen enorm an Fahrt. Es sind die Gesetze des Marktes die Ursache, nicht eine bewusste politische Steuerung. Zwei Statistiken belegen das:
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Der Grünlandanteil in Deutschland sank in den letzten sieben Jahren (2003 bis 2010) um durchschnittlich 3,8 %, die Absolutfläche um 4,8 % (siehe Grafiken). Diese Zahlen stammen aus einer Antwort des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) auf eine Frage von MdB Cornelia Behm (Bündnis 90/Die Grünen). Noch gravierender: Dieser Verlust bedeutet einen Schwund von rund 240000 ha Dauergrünland in nur sieben Jahren.
Zugleich schnellte in nur fünf Jahren die Energiemais-Anbaufläche in Deutschland von 70000 auf 600000 ha Fläche – diese Zahl nannte der WWF und diagnostizierte: „Deutschland wird immer mehr zur Mais-Wüste.“ In derselben Zeit habe sich die Zahl der Biogas-Anlagen von 2 000 auf heute 6000 verdreifacht. Maisanbau insgesamt nahm nach Zahlen des Statistischen Bundesamts 2010 mehr als 1,3 Mio. ha ein – knapp 11 % der Ackerfläche.
Für Biodiversität und Ökosystemleistungen haben diese Entwicklungen gravierende Folgen. Was folgt aus diesem Befund?
Erstens: Die Bundesländer sind gut beraten, durch Erlass einer Grünlandverordnung dem weiteren Umbruch einen Riegel vorzuschieben. Dazu verpflichtet sie die EU sogar, wenn die 5-%-Schwelle gegenüber dem Basisjahr 2003 überschritten wird. Das genügt aber nicht, um den Trend umzukehren – daher bedarf es finanzieller Anreize für eine naturschutzgerechte Grünlandnutzung.
Zweitens: Durch Akkumulation von Gülle- und NaWaRo-Bonus ist der Umbruch besonders in den Regionen zugunsten von Energiepflanzen lohnend, wo bereits intensivste Tierhaltung besteht, kritisierte die Politikerin Behm. Und noch ein Beispiel dafür, dass die Biogas-Förderung korrigiert werden muss: Maisanbau für Bioethanol muss Nachhaltigkeits-Kriterien genügen, für Biogas aber nicht. Wer kann das erklären?
Drittens: Nach WWF-Erhebungen haben sich die Pachtpreise in Ostdeutschland binnen drei Jahren fast verdreifacht. Das trifft nicht allein den Vertragsnaturschutz, der nicht mehr konkurrieren kann, sondern auch die Landwirte selbst. Denn auf den Markt drängen zunehmend landwirtschaftsfremde Investoren.
EU, Bund und Länder sind gleichermaßen gefordert, hier Rahmen zu setzen und aktiv zu steuern. Sonst müssen alle Zielsetzungen für Nachhaltigkeit, Biodiversität und nicht zuletzt auch den Klimaschutz wirkungslos verpuffen. Denn Biogas zu nutzen, ist nicht per se Klimaschutz. Ökosystemare Prozesse sind komplizierter!
Über die schleichenden qualitativen Verluste – wie den Artenschwund aufgrund von Nutzungsintensivierung – ist damit noch gar nichts gesagt, etwa den Schwund der Ackerbegleitflora. Für deren Förderung beschreibt der zweite Hauptbeitrag in diesem Heft Finanzierungsoptionen.
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