Naturschutzfachliches Monitoring – Aufgabe von Bund und Ländern
Zu dem Diskussionsbeitrag „Ist EU-Monitoring vergleichbar?“ von Barbara Froehlich-Schmitt in Naturschutz und Landschaftsplanung 42 (8), Seite 250f., erwidert Annette Doerpinghaus, Leiterin des Fachgebiets Monitoring im Bundesamt für Naturschutz.
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Eine Antwort von Annette Doerpinghaus
In der o.g. Ausgabe von Naturschutz und Landschaftsplanung kritisiert Froehlich-Schmitt in scharfer Form die methodische „Kleinstaaterei“ in Sachen Monitoring nach verschiedenen EU-Richtlinien bzw. Verordnungen in Deutschland. Durch die föderale Struktur und die Länderkompetenzen im Naturschutz besteht in der Tat ein erhöhter Abstimmungs- und Harmonisierungsbedarf zwischen Bund und Ländern. Es ist daher sicher richtig, hier Einheitlichkeit zu fordern und auf Defizite in der Vergleichbarkeit hinzuweisen. Sachlich enthält die Darstellung aber Fehler und Ungenauigkeiten, die so nicht stehen bleiben können und einer Richtig- bzw. Klarstellung bedürfen:
Froehlich-Schmitt fordert vom Bund, dafür Sorge zu tragen, dass das Monitoring in Deutschland vereinheitlicht wird. Für die Umsetzung des FFH-Monitorings ist aber nicht allein der Bund zuständig, sondern Länder und Bund sind dieses gemeinsam. Der Bund hat die Koordinierung der Umsetzung übernommen, um eine Abstimmung der Methoden und der Vorgehensweise zu erreichen. Dafür sind von den Ländern und dem Bund enorme Anstrengungen unternommen worden.
Das bundesweite FFH-Monitoring dient der Bewertung des Erhaltungszustandes auf der Ebene der in Deutschland vorhandenen Biogeographischen Regionen für den nationalen Bericht an die EU-Kommission. Es ist nur eine Komponente unter mehreren Erhebungen, die zur Umsetzung der FFH-Richtlinie in Deutschland erfolgen. Das bundesweite FFH-Monitoring geschieht bei häufigen Schutzgütern in Stichproben, bei seltenen über Vollerhebungen. Diese Erfassungen und Bewertungen erfolgen nach bundesweit abgestimmten Verfahren. Für lokale oder regionale Fragestellungen und Anwendungen mit FFH-Bezug in den Ländern werden regional angepasste Methoden und Kriterien angewandt. Das ist ein Grund dafür, warum Erhebungsmethoden in den Bundesländern differieren.
Froehlich-Schmitt hat folgende Punkte unsachlich und nicht korrekt dargestellt:
Die FFH-Erfassungen würden hauptsächlich über die Biotopkartierungen der Länder abgedeckt. Das ist schlichtweg falsch. Für die Erfassung und Bewertung der LRT und Anhangsarten werden in den Ländern eigens Erfassungen beauftragt. Wenn die Biotopkartierung gleichzeitig ansteht, können hier natürlich Synergien genutzt werden.
Es wird behauptet, dass keine Erhebungen außerhalb von FFH-Gebieten erfolgen. Dies ist so nicht richtig: Im Rahmen der bundesweiten Abstimmung wurde vereinbart, dass grundsätzlich Vorkommen innerhalb und außerhalb der Kulisse zu erfassen sind. Nur wenn nachweislich über 80 % der Bestände innerhalb der Kulisse liegen, kann das Monitoring auf die Gebiete beschränkt werden, weil die Vorkommen hier als ausschlaggebend für den Erhaltungszustand in der Biogeographischen Region gelten können.
Sie kritisiert zudem, es gäbe keine einheitlichen Erfassungsmethoden. Das ist nicht richtig; bei der Abstimmung zum bundesweiten Vorgehen wurden bis 2009 für die meisten Schutzgüter einheitliche Methoden- und Bewertungsverfahren vereinbart (Konzept und Bewertungsschemata für LRT und Arten können beim BfN bezogen werden). Für wenige weitere Arten und LRT befinden sich die Methoden noch in der Entwicklung.
Der Stichprobenumfang für das FFH-Monitoring sei zu gering. Hierbei werden zwei Aspekte ausgeblendet: Zum einen werden für zahlreiche seltene Schutzgüter alle Vorkommen in die Erfassung einbezogen („Totalzensus“) – ein „Statistikproblem“ gibt es hier nicht. Zum anderen kann der – nach EU-Kriterien – notwendige Stichprobenumfang für die häufigen Schutzgüter mit den bundesweit verfügbaren Daten nur sehr grob abgeschätzt werden, weil
a) die EU-Vorgaben zur erforderlichen Genauigkeit einen weiten Interpretationsspielraum lassen und
b) die Berechnungen (Poweranalyse) – bei denen in der Tat ein Fehler im Rahmen eines begleitenden Vorhabens am BfN passiert ist – auf vereinfachten Grundannahmen basierten, weil für genauere Analysen Erfahrungswerte zur Varianz der Erhebungs- und Bewertungsmethoden nicht zur Verfügung standen. Wir gehen davon aus, dass das derzeit LANA-abgestimmte Vorgehen durch das verbundene Design – fixe Untersuchungsflächen an räumlich relativ groß abgegrenzten Vorkommen – genauer ist, als es die vereinfachte Poweranalyse erwarten lässt.
Ein höherer Stichprobenumfang ist aus wissenschaftlicher Sicht sicherlich immer wünschenswert. Letztendlich bleibt aber der Aufwand für das Monitoring abzuwägen, da die aufzuwendenden Mittel auf Kosten anderer naturschutzfachlicher Maßnahmen erbracht werden müssten.
Das bundesweite Brutvogelmonitoring des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten ist ein sehr gutes Beispiel für ein abgestimmtes, bundesweit harmonisiertes Programm, an dem Bund, Länder und Ehrenamtliche beteiligt sind. Bund und Länder finanzieren die Methodenentwicklung, die Koordination, die Datenaufbereitung und die Auswertung der Daten. Die Erfassung erfolgt durch ehrenamtlich tätige Ornithologen. So werden wissenschaftlich hochwertige Daten generiert und Bund und Ländern zur Verfügung gestellt und das Ehrenamt unterstützt. Dies pauschal abzuqualifizieren, wird der Realität in keiner Weise gerecht.
Das Monitoring zur Berechnung des Indikators „High-Nature-Value-Farmland“ – ein nach ELER-Verordnung an die EU zu berichtender Basisindikator – wird seit 2009 einheitlich und nach einer mit allen Bundesländern abgestimmten Vorgehensweise durchgeführt. Hierfür schließen die Bundesländer – auch Schleswig-Holstein – regulär Verträge mit erfahrenen Kartierer(inne)n ab. Froehlich-Schmitt unterstellt: „Das BfN gibt eine Empfehlung für HNV-Kartierungen von 45 € pro Stunde“. Das Bundesamt für Naturschutz gibt grundsätzlich keine Empfehlungen für Honorierungen ab und hat das auch in diesem Fall nicht getan. Der Wert 45 € diente in einem Methoden-Papier nur als grobe Kalkulationsgrundlage für die Gesamt-Kosten des Programms und ist keine Empfehlung für Honorierungen von Leistungen. Dieses ist ausschließlich Angelegenheit der Bundesländer, was auch aus der von Froehlich-Schmitt zitierten Literatur ersichtlich wird (Gottfriedsen 2009). Das Papier mit dieser Berechnungsgrundlage wurde inzwischen auf Grund des Missverständnisses zurückgezogen.
Aus unserer Sicht wird das nachvollziehbare Anliegen von Froehlich-Schmitt – ein bundesweit abgestimmtes und finanziell gut ausgestattetes Naturschutzmonitoring in Deutschland zu fordern –, durch die unsachliche und die sehr fehlerhafte Darstellung des Sachverhaltes konterkariert. Auch eine – sicherlich notwendige – sachliche Diskussion über die Zusammenarbeit von Behörden, freiberuflich tätigen Ökologen und Ehrenamtlichen wird aus unserer Sicht hierdurch nicht vorangebracht.
Anschrift der Verfasserin: Dr. Annette Doerpinghaus, Bundesamt für Naturschutz, Leiterin Fachgebiet Monitoring, Konstantinstraße 110, D-53179 Bonn, E-Mail DoerpinghausA@bfn.de .
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