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Kurz berichtet

Schweden eröffnet die Jagd auf Wölfe

Während in Deutschland die Diskussion über eine Bejagung der Wölfe Fahrt aufnimmt, hat Schweden Tatsachen geschaffen. Zu Beginn des Jahres wurden 28 Wölfe geschossen. Da umfasste die schwedisch-norwegische Population etwa 270 Tiere. Die naturschutzfach­liche Basis für die Abschuss­aktion ist dürftig. Der schwedische Reichstag ist der Meinung, dass die Akzeptanz der ländlichen Bevölkerung nur durch eine Begrenzung der Wolfspopulation erhalten werden kann.

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Abb. 1: Auf der Strecke – einer von 28 erschossenen Wölfen. 	Foto: Sven-Erich Qvick
Abb. 1: Auf der Strecke – einer von 28 erschossenen Wölfen. Foto: Sven-Erich Qvick
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Im Oktober vorigen Jahres hat der Schwedische Reichstag beschlossen, die Wolfspopulation im Lande auf 210 Tiere zu begrenzen. Dabei sollen jedoch mindestens 20 reproduzierende Familien (Rudel) erhalten bleiben. Eine Etablierung von Wölfen im Rentiergebiet, d.h. in der nördlichen Hälfte des Landes, wird nicht zugelassen. Außerdem hat er angekündigt, in den nächsten fünf Jahren bis zu 20 Wölfe östlicher Herkunft freizulassen, um die eingeschränkte genetische Basis der schwedischen Wolfspopulation zu verbessern. Die Reichsnaturschutzbehörde (Naturvårdsverket) beauftragte daraufhin die Forschergruppe SCANDULV, der die wissenschaftliche Kontrolle der skandinavischen Wolfspopulation anvertraut ist, eine Empfehlung auszuarbeiten, auf welchen Wegen das Ziel – nicht mehr als 210 Wölfe, nicht weniger als 20 Rudel – erreicht werden sollte.

In ihrer Expertise hat SCANDULV ausführlich mehrere Varianten diskutiert, da­runter den Abschuss kompletter Rudel, den selektiven Abschuss bestimmter Individuen oder den schwerpunktmäßigen Abschuss in besonders schadensträchtigen Gebieten. Die Forscher gingen auch auf die Folgen ein, die durch den Abschuss von Elterntieren für die Welpen oder durch eine Bejagung kurz vor der Paarungszeit eintreten könnten. Nach gründlicher Abwägung empfahl SCANDULV schließlich den Abschuss von 27 Wölfen ohne individuelle Auswahl in der Zeitspanne 01.01. – 15.02. in Form einer Quotenjagd.

Die Naturschutzbehörde holte Stellungnahmen von den einzelnen Provinzen ein (und hatte das Glück, dass diese die Empfehlungen von SCANDULV weitestgehend übernahmen). Die Quote von 27 Wölfen wurde auf die Provinzen Dalarna und Värmland (je neun) sowie Gävleborg, Öre­bro und Västra Götaland (je drei) aufgeteilt, zusammen also 27. Ein Rudelterritorium in Gävleborg wurde ausgenommen, weil sich dort erst vor kurzem ein aus Finnland zugewanderter, genetisch also „neuer“ Wolf eingefunden und fortgepflanzt hatte.

Die Jagd war in Mannschaften mit einem Jagdleiter zu organisieren, der jedes relevante Ereignis (Abschuss oder Beschuss eines Wolfes) innerhalb Stundenfrist über den Äther zu melden hatte. Dadurch sollte eine Überschreitung der Abschussquote vermieden werden. 12000 Jäger ließen sich für diesen Sondereinsatz registrieren. Für jeden erlegten Wolf war ein Protokoll anzufertigen, mit dem das Tier nach vorgegebenem Schema zu beschreiben war. Balg und Schädel sollten dem Er­leger verbleiben, der Kadaver war der nationalen Veteri­närbehörde zur Verfügung zu stellen.

Am ersten Jagdtag (02. Januar, ein Samstag) lag reichlich Schnee bei Temperaturen um minus 20 Grad Celsius. Etwa 4500 Jäger rückten zur Jagd aus. Manche Gruppen hatten sich vor Ort schon Tage vorher anhand der Fährten eine konkrete Vorstellung davon gebildet, wo sich Wölfe befanden. So ist es zu erklären, dass bereits am ersten Tag 21 Wölfe auf der Strecke lagen. Am vierten Tag konnte die Jagd in allen Provinzen außer Örebro abgeblasen werden, weil das Soll erfüllt war. In Örebro wurde der letzte Wolf, der noch auf der Liste übrig war, erst am 28. Januar erlegt. Dann war die Jagd definitiv vorbei.

Insgesamt sind 28 Wölfe erlegt worden, einer mehr als vereinbart. Außerdem sind sieben oder acht Wölfe angeschossen worden, aber trotz Nachsuchen nicht zur Strecke gekommen. Eine größere Anzahl Schüsse verfehlte ihr Ziel.

Schmale genetische Basis

Die schwedische Wolfspopulation geht auf lediglich drei Elterntiere zurück. 1965 war der letzte Wolf geschossen worden, danach konnten sich die wenigen Einzeltiere, die von Finnland her einwanderten, trotz Totalschutz (seit 1966) nicht halten und auch keine Familie gründen. Erst anfangs der 1980er Jahre fand sich in Mittelschweden (Värmland) wieder ein Paar zusammen, und 1983 gab es erstmals Jungwölfe. Allerdings dauerte es mehr als zehn weitere Jahre, bis sich ein zweites Rudel bildete. Dies fiel mit der Zuwanderung eines Wolfes aus Finnland zusammen. Anscheinend hatten arteigene Mechanismen bis dahin eine Verpaarung von nahen Verwandten weitgehend verhindert. Erst im Jahr 2008 ist ein weiterer Wolf aus Finnland zugewandert. Die genetische Basis der Population ist also extrem eng, Inzuchtsymptome sind bereits aufgetreten.

Die skandinavische Wolfs­population umfasste bei Jahresende 2009 etwa 240 Tiere in Schweden und etwa 30 in Norwegen. Für das vergangene Jahrfünft ermittelte SCANDULV einen Populationszuwachs von etwa 19 % pro Jahr. Aus dem intensiven Monitoring der Population ist zu schließen, dass in Schweden jährlich 20 – 30 Wölfe illegal abgeschossen werden. Außerdem wurden in den letzten Jahren jeweils etwa acht Wölfe im Wege einer „Schutzjagd“ (skyddsjakt) erlegt. Das sind Tiere, die sich im Rentiergebiet eingefunden haben, wiederholt in Siedlungen auftauchen und sich nicht vergrämen lassen oder die besonders hohe Schäden an Haustieren (Schafen) anrichten.

Bei der vorgeschlagenen Quote von 27 Wölfen hat SCANDULV diese Verluste berücksichtigt. Olof Liberg von SCANDULV hat inzwischen erklärt, dass in den kommenden Jahren eine deutlich höhere Zahl von Wölfen (etwa 50) erlegt werden muss, wenn der schwedische Teil der Population nicht über 210 anwachsen soll.

Wölfe leben derzeit wieder (oder „nur“) auf etwa einem Viertel des Landes. Die Rentiergebiete (ungefähr die nördliche Hälfte Schwedens) sind für Wölfe tabu, und im Süden des Landes sind ausgedehnte wolfstaugliche Gebiete noch wolfsfrei. Schweden hat immer noch keinen Managementplan für den Wolf, obwohl seit 25 Jahren darüber diskutiert wird. Es gibt daher auch keine verbindlichen Zielvorstellungen über die künftige Größe und Verbreitung der Population. Mit dem Beitritt zur EU hat sich das Land verpflichtet, einen „günstigen Erhaltungszustand“ aller Arten anzustreben, die der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie unterliegen und als „prioritäre Arten von gemeinschaftlichem Interesse“ deklariert sind. Dazu zählen alle Großraubtiere. Eingriffe unterliegen strengen Restriktionen und sind nur ausnahmsweise möglich, so lange der „günstige Erhaltungszustand“ noch nicht erreicht ist. Für einen solchen sehen die EU-Richtlinien eine Populationsgröße von 1000 erwachsenen Tieren vor. Dieser Wert ist allerdings nicht bindend.

Der schwedische Einsatz gegen die Wölfe wird sowohl im Lande als auch international heftig kritisiert. Vier schwedische Schutzverbände – der WWF, der Naturschutzverband, der Verein Unsere Raubtiere und der Tierschutzverband – haben in Brüssel Klage eingereicht. Die Kritik lässt sich zwei Bereichen zuordnen: der generellen Wolfspolitik Schwedens und der Wolfsjagd selbst.

Von der Rückkehr zur Verwaltung der Großraubtiere

Die Kritik an der Wolfsjagd im Januar hat manchen den Blick dafür verstellt, wie positiv sich die Großraubtiere in Schweden innerhalb von 50 Jahren aus einem kritischen Tief entwickelt haben. Die Population der Bären ist von rund 600 auf über 3000 angewachsen, die der Luchse von 200 oder 300 auf 1200 bis 1500, und die der Vielfraße von noch weniger auf fast 1000. Die Provinz Jämtland, genau in der Mitte des Landes gelegen, gilt heute als die raubtierreichste Region von ganz Europa. Die Wölfe sind hier noch gar nicht angekommen. Sie leben in den weiter südlich gelegenen Provinzen.

Die Erholung der Großraubtierbestände Schwedens ist also schlicht sensationell. Nun aber steht das Land vor einer neuen Aufgabe – die ihrer sinnvollen Verwaltung. Sie wird um nichts leichter. Das internationale Wolfssympo­sium in Vålådalen (Jämtland) vom 12. bis 14. April des Jahres – das siebzehnte in ununterbrochener jährlicher Folge! – bot eine passende Gelegenheit, Näheres über die künftige Großräuberpolitik zu erfahren. Und natürlich stand der jagdliche Einsatz gegen die Wölfe im Focus.

Zunächst stellte Ruona Burman vom Umweltminis­terium die Grundzüge einer neuen Raubtierkonzeption vor. Sie bekräftigte die vom Reichstag beschlossenen Nahziele bei den Wölfen bis zum Jahr 2014 (maximal 210 Tiere, mindestens 20 Rudel, Freisetzung von bis zu 20 Wölfen östlicher Herkunft) und bestätigte, dass bis zu diesem Zeitpunkt an der jährlichen Quotenjagd festgehalten werde. Dabei werden die Provinzen künftig größere Entscheidungsbefugnisse erhalten. Diese Verlagerung nach unten, näher zur betroffenen Bevölkerung, entspreche auch den Vorstellungen der EU. Die Schutzverbände sehen diese Änderung mit Unbehagen; denn „vor Ort“ fallen Entscheidungen eher zum Nachteil von Großraubtieren aus.

Für die einzelnen Arten liegt das vorläufige Ziel für das gesamte Land bis zum Jahr 2012 bei 300 Reproduktionen beim Luchs, 90 beim Vielfraß, 100 beim Bären und 600 beim Steinadler (ja wirklich: Sogar der Steinadler ist ins Visier des kontrollierenden Managements geraten!). Wenn nicht alles täuscht, so muss dies als Auftakt einer deutlichen Reduktion der Großraubtiere verstanden werden, und das hängt mit der Rentierwirtschaft zusammen. Für den Wolf soll bis 2012 eine langfristige Zielsetzung erarbeitet werden, wobei insbesondere der „günstige Erhaltungszustand“ und die genetische Verfassung der Population im Vordergrund stehen.

Susanne Löfgren von der Naturschutzabteilung ging auf die abgelaufene Wolfsjagd ein. Bei der Vorbereitung hätten jagdtechnische und adminis­trative Fragen im Vordergrund gestanden. Die Jägerschaft und die Provinzverwaltungen hätten Gehör gefunden, die Schutzverbände jedoch weniger oder kaum. Sie verwies auf den enormen Zeitdruck – der Beschluss zur Jagd erfolgte ganze 14 Tage vor deren Beginn, nämlich am 17. Dezember. Auf grundsätzliche Fragen – z.B. ob bereits ein „günstiger Erhaltungszustand“ der Wolfs­population erreicht sei, und ob die Begründung für eine Wolfsbejagung ausreichten – ging Löfgren nicht ein. Über die Jagdaktion an sich kam sie zu einem positiven Gesamturteil: Der Eingriff sei gut über das gesamte Wolfsgebiet verteilt gewesen; keine neuerdings eingewanderten Wölfe, auch keine von deren Nachkommen in erster Generation seien erlegt worden (was ein Rückschlag für die genetische Aufbesserung gewesen wäre); die Aktion sei gut organisiert, die Regeln sowohl strikt als auch einfach umsetzbar gewesen; mit 28 statt 27 Wölfen sei nur ein einziger Wolf zuviel erlegt worden. Negativ sei zu bewerten, dass in einem Wolfsrevier beide Elterntiere erlegt worden seien (mit fragwürdigem Schicksal der Jungtiere); dass die Protokollführung in einigen Fällen mangelhaft war; und dass viele Wölfe angeschossen und erst später erlegt bzw. dass viele Fehlschüsse abgegeben worden seien.

Lappland – No go für Wölfe

Die gegenwärtigen Auswirkungen der Raubtiere auf die traditionelle Lebensweise der Samen erläuterte Mirja Lindberget. Etwa 40 % Schwedens sind „Rentierland“ – das heißt: Die Samen haben auf dieser Fläche weitgehende Rechte. Das Schicksal der Großraubtiere ist eng damit verbunden. Wenn überhaupt, so lassen sich Rentiere – anders als Schafe – nur schwer gegen Großraubtiere schützen. Von den rund 260000 schwedischen Rentieren gehen derzeit rund 22 % an die Raubtiere verloren: 29300 an 885 Luchse, 3300 an 1100 Bären, 10100 an 711 Vielfraße, 1500 an 1200 Steinadler. Zwar werden die Verluste vom Staat bezahlt – „aber wir wollen nicht am Tropf der Gesellschaft hängen, sondern Rentierwirtschaft betreiben!“ stellte die junge Samin mit Nachdruck fest. Mit Verlusten von etwa 5 %, so hat es das Sametinget (der Reichstag der samischen Bevölkerung) beschlossen, könne man leben. Keiner wolle die Raubtiere ausrotten. Aber Verluste in der gegenwärtigen Größenordnung führten unweigerlich zum Kollaps der herkömmlichen Rentierhaltung. Da hilft auch der Schadensersatz nichts – denn nach einer Rentiergeneration, die dauert zehn bis zwölf Jahre, gibt es einfach keine Rentiere mehr, die gerissen bzw. ersetzt werden können.

Die Samen fordern deshalb eine drastische Reduktion der gegenwärtigen Raubtierdichte und keinerlei Duldung von Wölfen, auch nicht von Einzelexemplaren. Dies war schon immer so – und deshalb sind nicht nur etwa 40 % des Landes für Wölfe tabu, sondern auch der Korridor für alle von Finnland einwandernden Wölfe – und das heißt: Die schwedische Wolfspopulation ist und bleibt isoliert und es ist fraglich, ob die wenigen Tiere, die es von Finnland bis Mittelschweden schaffen, genug sind, um die Isolation aufzuheben.

In Norwegen, wo etwa zwei Millionen Schafe ohne jegliche Behirtung frei weiden, ist eine Duldung von Wölfen ebenso wenig vorstellbar wie in den Rentiergebieten Schwedens. Deshalb werden dort nur drei Rudel zugelassen. Zudem ist Norwegen, da nicht EU-Mitglied, nicht an das EU-Recht gebunden.

Wer Wölfe haben will, muss Wölfe schießen

Am dritten Tag rückte der Abschuss der 28 Wölfe ins Visier des Symposiums. Zunächst muss daran erinnert werden, dass die regierenden Parteien (Zentrumspartei und Gemäßigte) vor der letzten Wahl versprochen hatten, eine Jagd auf Wölfe einzuführen. Nun hatte also der Reichstag die Eröffnung der Jagd mit der fehlenden Akzeptanz der Landbevölkerung begründet. Die Umfrageergebnisse, die Göran Ericsson von der Land­wirtschaftsuniversität Umeå vorstellte, zeigen allerdings ein anderes Bild. Danach überwiegt in allen Landesteilen Schwedens die Zustimmung zu Großraubtieren. Selbst in der nördlichen Hälfte, in der nur etwa 9 % (!) der schwedischen Bevölkerung leben und die besonders stark vom Interesse an einer intakten Natur und deren Nutzung geprägt ist (einschließlich Jagd), wo deshalb auch eine Ablehnung von Großraubtieren eher zu erwarten ist als im städtisch geprägten Süden, sind mehr Leute für als gegen Raubtiere.

Eine ganz andere Sicht­weise vermittelte dagegen Mike Jimenez vom U.S. Fish and Wildlife Service, der in Wyoming, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Yellow­stone Nationalpark, für das Management der Wölfe zuständig ist. Mehrere hundert Wölfe sind außerhalb des Parks bereits geschossen worden. Mit seinem Statement „If you want to have wolves, you have to shoot them!” brachte er das Dilemma des Wolfsschutzes auf den Punkt. Wölfe müssen kontrolliert werden, wenn man die Konflikte zwischen Menschen und Wölfen im Griff behalten will.

Damit war der Disput zwischen den beiden Lagern im Lande eröffnet. Die Gruppe der Wolfsschützer hatte dafür Tom Arnbom aufgeboten, für die Jägerschaft stand Gunnar Glöersen im Ring. Es wurde ein Schlagabtausch, aber unter Beachtung aller sportlichen Regeln, ein Disput im besten Sinne, mit einem Punktsieg für die Jägerschaft – weil nur die Aktion selbst, nicht aber grundsätzliche Einwände besprochen wurden, die jedoch nicht die Jägerschaft, sondern die Regierung zu verteidigen gehabt hätte.

Arnbom fasste die wesentlichen Punkte der nationalen und internationalen Kritik zusammen: Die Jagd sei unkontrolliert, hektisch und unselektiv abgelaufen, viele Wölfe seien angeschossen worden, viele Schüsse hätten ihr Ziel verfehlt. Für das Massenaufgebot von 12000 registrierten Jägern hätte er kein Verständnis, auch nicht für die Eile. „Wir wurden überfahren!” beklagte er sich.

Glöersen erwiderte, man hätte es den Jägern verübelt, dass die Wölfe keinerlei Chance gehabt hätten – „hatten sie auch nicht, eben weil die Jagd kontrolliert und gut organisiert war!“, schließlich sei es ja nicht um ein sportliches Ereignis gegangen. Und Massenaufgebot – es sei gerade mal ein Jäger auf 15 km2 (1500 ha) gekommen. Das sei nur ein Bruchteil dessen, was sich alljährlich in der ersten Elchjagdwoche im Wald einfinde. Anschaulich legte er die Anforderungen des jagdlichen Einsatzes an die Teilnehmer dar: beträchtliche Schneemengen, riesige Areale, Temperaturen von minus 20 Grad, nur wenige Stunden Tageslicht. Ein selektiver Abschuss sei nicht Bedingung und wäre auch wirklichkeitsfremd gewesen. Die zahlreichen schlechten Schüsse räumte Glöersen ein, verwies aber ebenso wie Arnbom und Löfgren auf die knappe Zeitspanne, in der eine detaillierte Einweisung der Jäger nicht mehr möglich gewesen sei. Viele Jäger hätten Mord- und Gewaltdrohungen bekommen. Andererseits hätten auch Leute, die im Gelände mit dem Monitoring der verbliebenen Wölfe beauftragt waren, mancherorts ihrem Auftrag wegen massiver Drohungen nicht nachkommen können.

Hat die Abschussaktion nun die Akzeptanz für Wölfe auf dem Land gefördert? Das ist nach wie vor eine offene Frage. Möglicherweise hat sich die Polarisierung der verschiedenen Lager noch verfestigt. Es gab und gibt kaum ausgewogene Meinungsäußerungen zu dieser Jagd, sondern fast nur extreme Positionen. Immerhin dürfte die schweigende Duldung illegaler Abschüsse abgenommen haben. Unmittelbar nach der Jagdaktion wurde ein illegaler Wolfsabschuss bekannt – „das ist das Letzte, was wir brauchen können, das schadet der Sache und uns Jägern am allermeisten!“, so Glöersen.

Resümee

Es bleibt zu konstatieren, dass die Entscheidung des Reichstags, die Wolfspopulation auf 210 Tiere zu begrenzen, mit „fehlender Akzeptanz der Land­bevölkerung“ nur schwach begründet ist und dass das Populationsziel 210 Tiere bzw. 20 Rudel vor der EU kaum erfolgreich zu verteidigen sein wird. Es ist anzuerkennen, dass die Aktion insgesamt trotz Zeitnot und widriger Bedingungen von der Jägerschaft gut organisiert und umgesetzt wurde. Die Jägerschaft selbst hat eingesehen, dass sie sich mit der großen Anzahl schlechter Schüsse bzw. Fehlschüsse kein gutes Zeugnis ausgestellt hat.

Schweden hat in den vergangenen 50 Jahren einen stau­nenswerten Wiederaufschwung seiner großen Raubtiere erlebt. Die künftige Verwaltung dieser Tiere ist ein womöglich noch schwierigeres Unternehmen, besonders im nördlichen Teil des Landes, wo die Rentierwirtschaft der Samen auf der Kippe steht. Dass sich das Land dennoch um den Fortbestand seiner erst wenige Jahre alten Wolfspopulation bemüht, ist durch die Anstrengungen bewiesen, in Kürze 20 fremde Wölfe einzuführen.

Anschrift des Verfassers: Ulrich Wotschikowsky, VAUNA – Verein für Arten-, Umwelt- und Naturschutz e.V., Rüdererweg 21, D-82487 Oberammergau, E-Mail wotschikowsky@t-online.de.

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