Vom Flächenfraß zum „bösen Wolf“
Demographischer Wandel in aller Munde – zunehmend entvölkerte Dorfkerne auf der einen Seite, doch neu gebaut wird auf der anderen Seite dennoch in großem Umfang. Wie passt das zusammen? Kommunen ziehen sich bei der Neuausweisung von Baugebieten gern darauf zurück, dass sie die Nachfrage bedienen müssen. Doch das ist bestenfalls die halbe Wahrheit: Der Flächenverbrauch ist nur zum Teil ein nachfrageinduzierter Prozess. Vielmehr fördert die Angebotsplanung der Kommunen den Flächenverbrauch. Hinzu kommen verbesserte Erreichbarkeiten und die Zuwanderung von Personen im „eigenheimrelevanten Alter“.
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Das sind Ergebnisse eines Forschungsprojekts am Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität Stuttgart in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig, auf die der Naturschutzbund NABU hingewiesen hat. Es ist paradox: Der Flächenverbrauch ist umso höher, je geringer die Bevölkerungsdichte und Beschäftigtenentwicklung und je schlechter die Erreichbarkeit ist. Gemeinden in peripheren suburbanen und ländlichen Räumen haben überproportional am Flächenverbrauch Deutschlands teil.
Dabei lässt die bundesweite Statistik immerhin eine Trendumkehr erkennen: Nahm von 1993 bis 1996 die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland täglich noch um 120 ha und 1997 bis 2000 um 129 ha zu, reduzierte sich die Zahl von 2001 bis 2004 auf 115ha und 2005 bis 2008 auf 104ha. Die reine Gebäude- und Freifläche nahm noch kräftiger ab – für die vier genannten Zeitschnitte von 82 über 78 und 59 auf 33 ha.
Was folgt aus der differenzierten Analyse? Die vorhandenen Planungsinstrumentarien sind mit ihrer Steuerungswirkung gefragt, aber ebenso die staatlichen Politikfelder Raumordnung, Infrastruktur und Wohnungsbau. Auf Nachfrageseite müssen stärker noch flächensparende Siedlungs- und Bauformen sowie interkommunale Zusammenarbeit bei der Baulandbereitstellung entwickelt und im Sinne einer Negativplanung ökologisch sensible Flächen geschützt werden – etwa um der Entwicklung von Baugebieten in den Streuobstgürteln und Auen einen Riegel vorzuschieben. Angebotsseitig ist die kommunale Neuausweisung von Bauflächen durch landes- und raumplanerische Restriktionen zu beschränken. Staatliche Subventionssysteme sind zugunsten bestandsorientierter Entwicklung umzuschichten.
Es bleibt also noch viel zu tun, um das 30-ha-Ziel der Bundesregierung für die tägliche Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungen und Verkehr zu erreichen! Dazu bedarf es vor allem auch einer verstärkten Kommunikation – wie so häufig in der Praxis von Landschaftsplanung und Naturschutz.
Auf den folgenden Seiten bietet die vorliegende Ausgabe wieder einigen Stoff zur Diskussion. Ganz besonders gilt das für die Kurzbeiträge: etwa den Blick nach Schweden, wo die Jagd auf Wölfe eröffnet wurde – bei einem landesweiten Bestand von gerade 500 Tieren. Oder hinsichtlich der kargen Honorarsätze, für die Biotopkartierer in amtlichem Auftrag in den Bundesländern unterwegs sind. Wir wünschen eine anregende Lektüre!
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