Serientäter
Herr Meyer ist Leiter vom Grünamt einer größeren, nahgelegenen Stadt. Stadtbäume sind ihm besonders wichtig. So sorgt er dafür, dass regelmäßig neue Bäume gepflanzt werden und auch dafür, dass die anschließende Pflege fachgerecht und ordentlich ausgeführt wird. Ich kenne ihn von einem Fiasko mit verunreinigten Baumgruben. Heute ruft er mich ein weiteres Mal zur Hilfe.
von Franziska Schmitz erschienen am 05.11.2025Diesmal geht es um eine Verbindungsstraße zwischen zwei Ortsteilen. Hier sind 15 unterschiedliche Straßenbäume entlang der Straße und des parallel verlaufenden Geh-/Radwegs gepflanzt worden. Herr Meyer probiert gerne „Klimabäume“ aus und hat bei diesem Projekt zum ersten Mal eine niedrige Baumbindung ausgeschrieben. Dies soll laut neueren Erkenntnissen zu einer schnelleren Verankerung des Baumes durch eine stärkere Wurzelbildung führen.
Am Telefon sagt er mir nicht genau, was das Problem ist, so treffen wir uns direkt an der besagten Straße. Beim Eintreffen sehe ich sofort die Katastrophe: Drei der 15 Bäume sind auf einer Höhe von etwa 1,50 m, also deutlich über der Baumbindung, abgebrochen worden. Das ist bei dem Stammumfang von 16/18 cm mit etwas Geschick und Brutalität durchaus machbar, wenn man sich an die Spitze hängt. Zwei der restlichen Bäume haben extrem Schlagseite, sind aber noch nicht abgeknickt.
Beim Begrüßen sagt Herr Meyer: „Das passiert jetzt schon zum zweiten Mal an dieser Stelle. Allerdings hatten wir am Wochenende Kirchweih in dem einen Ortsteil. Vielleicht haben Besoffene sich einen Streich erlaubt.“ Ein Streich, der die Stadt teuer zu stehen kommt. Immerhin liegen die Anschaffungskosten für einen Baum in der Größe gerne mal bei 500 bis 1.000 €, dazu kommen Kosten für Pflanzung, „Zubehör“ wie Bewässerung, Weißanstrich (gegen Sonnenbrand) und Verankerung.
„Bei der ersten Attacke wurden die beiden Bäume da vorne abgebrochen, die haben wir bereits im Sommer ersetzt. Ehrlich gesagt, ich habe keine Lust, ständig Bäume auszutauschen. Was meinen Sie dazu?“
Erst mal bin ich echt erstaunt, was manchen Mitbürgern einfällt, wie man mit öffentlichem Eigentum umgeht. Wie kommt man auf die Idee, Bäume aus Jux und Tollerei abzuknicken?
„Wir werden wahrscheinlich keine Polizei für die Bäume Streife fahren lassen können?“, schaue ich ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Nein“, schmunzelt er. „Leider nicht, auch wenn es sinnvoll wäre.“
Obwohl ich selber die niedrige Baumbindung begrüße, rate ich Herrn Meyer, diese hier abzubauen und durch konventionelle, hohe Baumbindungen zu ersetzen. So verführt es den Täter hoffentlich nicht nochmal, die Bäume abzubrechen. Im Prinzip schadet sich der Verursacher selbst: Das Austauschen der Bäume und die neue Baumbindung zahlt die Stadt, und somit die Steuerzahler, unter denen sich ein Baummörder befindet.
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