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Schmitz’ Sternstunden

Teurer Abfalleimer

Ein Baudenkmal aus den 1960er-Jahren ist mein neues Ziel: Ursprünglich wurde für die Bauarbeiten keine Umweltbaubegleitung vorgesehen. Jedoch zieht sich die Bauzeit über Jahre hin. Schuld sind Corona und wechselnde Handwerkerbetriebe – zum Teil, weil sie Auflagen nicht erfüllen, Verträge gekündigt werden oder sie inzwischen pleite gegangen sind. Das neue „Bürgerzentrum“, welches hier entsteht, soll in einem halben Jahr offiziell eröffnet werden, was sämtliche Beteiligte unter Druck setzt. Auf der Baustelle herrscht ein heilloses Durcheinander.

von Franziska Schmitz erschienen am 03.11.2025
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Der Auftraggeber von der Abteilung Stadtgrün ist verzweifelt: Gemeinsam mit dem beauftragten Landschaftsgärtner versucht er, die Außenanlagen fristgerecht und ordentlich fertig zu bekommen. Wenn aber an einer Stelle des großen Areals die Arbeiten abgeschlossen sind, werden diese von den Handwerkern, die für den Innenbereich zuständig sind, „unwissentlich“ beschädigt. Ich werde unterstützend mit ins Boot geholt und nehme beratend an den Jour-Fixe-Terminen teil.

Am heutigen Tag geht es um die Baumgruben, die hergestellt worden sind. Die Allee einer der Hauptstraßen der Stadt soll später durch das Areal des „Bürgerzentrums“ verbindend führen. Das Baum-Substrat wurde eingebaut, die Baumscheiben sollten auch für den Laien ersichtlich sein. Die angrenzenden Flächen sind geschottert, da mit den Pflasterarbeiten noch nicht begonnen wurde. Eine Fläche von etwa 2,5 × 2,5 m Boden ist sichtbar, Einzeiler aus Granit grenzen diese Fläche ab.

An dem Termin nehmen der Chef der Landschaftsgärtner-Firma, Herr Grün, der Auftraggeber der Stadt, Herr Meyer, der oberste Bauleiter der Baustelle, Herr Winzig, und ich teil. Herr Meyer erläutert mir das Problem. Er hatte mir bereits telefonisch berichtet, dass bauliche Teile des Gewerks Landschaftsbau – für die ich natürlich nicht zuständig bin – ständig beschädigt werden, der Landschaftsgärtner dies immer wieder ausbessert, was die Stadt wiederum zahlt. Nun sind Bereiche bereits bepflanzt beziehungsweise die Baumgruben hergestellt worden. Herr Meyer sind Stadtbäume sehr wichtig, wie ich begeistert bemerke.

„Frau Schmitz, Herr Grün hat hier in dem Bereich eine 60 m lange, unter dem Pflaster liegende Baumgrube mit speziellem Substrat erstellt, 2,5 m breit und 1,5 m tief. So sollen für unsere neuen Stadtbäume gute Voraussetzungen geschaffen werden, damit diese ein langes, gesundes Leben haben. Sauteuer ist das! Von Anfang an wurde kommuniziert, dass diese Flächen tabu sind, und schauen Sie, aktuell sind die vorderen Flächen mit Zigaretten, Essensresten und Müll verdreckt, und hier in diese beiden hat der Fliesenleger den Rest seines Fliesenklebers reingekippt.“ Er wendet sich an Herrn Winzig. „Auch an Sie wurde das kommuniziert, um die Info an die Firmen weiterzugeben!“

Herr Winzig versucht sich zu verteidigen: „Was soll ich machen? Bei der Mehrzahl der Handwerker steht die sprachliche Barriere im Weg, und wenn ich den Chefs der Firmen mit Abzug der Rechnung drohe, dann riskiere ich, dass wir am Ende ganz ohne Handwerker dastehen. Die wissen doch, dass sie am längeren Hebel sitzen, weil wir den Eröffnungstermin einhalten müssen!“

Ich sehe das Problem: Ein Bauleiter, der nicht den Mut hat, rigoros gegen Verstöße auf der Baustelle vorzugehen, und ein Auftraggeber, der nicht mehr akzeptieren will, dass er auf den Kosten sitzen bleibt. Daneben mehrere Firmen, die einfach ihren Kram machen und sich nicht für andere Gewerke interessieren.

Wir brüten den Vormittag noch lange über der Lösung für das Problem. Am Ende einigen wir uns darauf, dass ich einen offiziellen Bericht verfasse, was die Folgen für die Bäume sind, wenn diese in verdreckte Baumgruben gesetzt werden. Dieser Bericht wird an die Chefs der schlampigen Firmen weitergegeben und hoffentlich gelesen.

Herr Grün tauscht das Substrat aus, säubert so gut es geht die Baumgruben und deckt sie anschließend mit Überfahrplatten ab, bis die Bäume gesetzt werden und die Baustelle abgeschlossen ist. Die Kosten hierfür stellt er der Stadt in Rechnung. An oberer Stelle wird geklärt werden müssen, wie diese Kosten verteilt werden. Tatsächlich sehe ich es genauso wie Herr Winzig: Interessieren wird sich keiner der betroffenen Firmen für meinen Bericht, und in Zeiten von Handwerkermangel kombiniert mit Zeitdruck sitzt er als verantwortlicher Bauleiter tatsächlich am kürzeren Hebel.

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