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Schmitz’ Sternstunden

Aufgeflogen!

Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen sollen die Eingriffe in die Natur bei baulichen Projekten ausgleichen oder wenigstens abmildern. Gelegentlich werde ich beauftragt, auch im Nachgang meiner Projekte diese Maßnahmen zu kontrollieren. Denn nicht selten kommt es vor, dass Bauherren oder Projektleiter die geforderten Auflagen nicht ernst nehmen: Papier ist geduldig. Erst mal machen wir nichts, und dann sehen wir weiter.

von Franziska Schmitz erschienen am 06.10.2025
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Marko ist Inhaber einer Landschaftsbaufirma, die genau solche Ausgleichsmaßnahmen immer wieder umsetzt. Am liebsten sind ihm Ausgleichspflanzungen mit Hochstämmen.

Ich mag Marko sehr gerne, denn wir sind alte Freunde und kennen uns schon ewig. Aber ich bin froh, dass ich noch nie eine seiner Ausgleichspflanzungen überwachen musste. Denn an die Pflanzungen schließen normalerweise Fertigstellungs- und Entwicklungspflege an. Und da meint Marko ein Schlupfloch gefunden zu haben, welches er immer wieder ausnutzt. Fällt ein Baum aus, sollte dieser im gleichen Jahr ersetzt werden. So erhält der Baum eine Chance, von der noch andauernden Pflege zu profitieren und gut anzuwurzeln. Marko hält das mit den absterbenden Bäumen aber so: Fällt bei ihm ein Baum im ersten oder zweiten Jahr aus, lässt er es darauf ankommen und tauscht den Baum erst kurz vor Ende der Pflege aus.

Sein Vorteil: Bemerkt der Auftraggeber nicht, dass ein Baum „frischer“ aussieht als die anderen, wird die Pflanzung abgenommen und das Projekt ist für Marko abgeschlossen. Marko ist da sehr findig: Er nimmt die alten Dreiböcke, da diese schon einigermaßen verwittert sind, und streicht die neuen Bäume nur dezent mit der Stammschutzfarbe, damit sie unter den anderen Bäumen nicht auffallen und herausstechen.

Wenn die Pflanzung abgenommen ist, der ausgetauschte Baum im nächsten Jahr dann „abschmiert“, weil ihm wichtiges Wasser und Pflege des ersten Standjahres fehlen, ist Marko fein raus: Die Pflanzung wurde ja abgenommen. Meist passiert das auch, weil der Baum einfach zu schnell „seinem Schicksal überlassen“ wurde.

Einmal im Jahr treffen Marko und ich uns im Spätsommer im Biergarten und tauschen uns aus. Dieser feste Termin hat bei uns Tradition. Bis jetzt ist er mit seiner Gaunerei immer durchgekommen, und jedes Mal, wenn das Thema zwischen uns zur Sprache kommt, weise ich ihn darauf hin, dass das nicht in Ordnung ist.

Dieses Mal aber begrüßt er mich zerknirscht: „Du hast recht gehabt. Mein guter Plan ist aufgeflogen. Beim letzten Projekt, bei dem im Sommer die Pflege ausgelaufen ist, hat der Umweltbaubegleiter, so ein junger Kerl, regelmäßig Fotos gemacht und sie mir bei der Abnahme unter die Nase gehalten. Jetzt hänge ich noch mal fünf Jahre wegen zwei Bäumen drin, so ein Mist. Ganz frech hat er mich angeschaut vorm Auftraggeber bei der Abnahme: Na, die zwei Bäume sind wohl letzte Woche von den Toten auferstanden?“

Ich kann nicht sagen, dass er mir leidtut, auch wenn ich ihn wirklich sehr mag, aber verdient ist verdient. Ich gebe die erste Runde aus und stoße mit ihm an: „Mach dir nichts draus, du bist viele Jahre durchgekommen und ganz ehrlich, korrekt war das nicht!“

Wir stoßen an, und an seinem Blick sehe ich, dass er schon wieder die nächste „Gaunerei“ im Auge hat … Ich bin gespannt, ob ich es am Abend noch erfahre.

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