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Schmitz’ Sternstunden

Der letzte Vorhang

Beim Neubau einer Kindertagesstätte erhalte ich den Auftrag, den dort bestehenden Baumbestand zu betreuen. Im Randbereich stehen sieben mächtige Bäume: Platane, Eiche, Ahorn. Sie sollen einen Wurzelvorhang sowie einen Schutzzaun erhalten, um bei den Arbeiten der Garten- und Landschaftsbaufirma keinen Schaden zu nehmen. Denn der Garten der Kindertagesstätte wird später auch den Bereich unter den Bäumen einschließen.

von Franziska Schmitz erschienen am 24.02.2025
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Der Wurzelvorhang soll in diesem Frühling vor Baubeginn von einem Baumpfleger erstellt werden. Die Arbeiten an den Außenanlagen sind daher erst für den Herbst eingeplant. Das ist mit der Bauleitung der ausführenden Firma so abgesprochen. Meine Aufgabe ist es, die Arbeiten zu begleiten und zu betreuen.

Als ich an meinem ersten Tag auf die Baustelle komme, um mich mit dem Baumpfleger abzusprechen, platze ich in einen lautstarken Wortwechsel. Zwei Männer stehen sich gegenüber und schreien sich an. Wie ich erfahre, sind es der Vorarbeiter der Landschaftsgärtnerfirma und der Baumpfleger. Herr Pfeifer, der Baumpfleger, ergreift das Wort: „Die Firma hat letzte Woche ohne Absprache einfach mit den Arbeiten begonnen, fährt ständig über die Wurzelbereiche, es steht noch kein Schutzzaun für die Bäume und – natürlich – habe ich noch keinen Wurzelvorhang herstellen können!“ Herr Mauser, der Vorarbeiter der Garten- und Landschaftsbaufirma, hält dagegen: „Wie soll ich hier denn arbeiten? Außerdem wusste ich gar nicht, dass hier noch irgendein komischer Vorhang erstellt werden soll. Wofür soll das denn gut sein? Ich komm eh kaum mit den Maschinen an den Bäumen vorbei.“

„Warum sind Sie überhaupt schon hier?“, frage ich den bulligen Mann. „Die Absprache mit Ihrem Chef lautete doch, dass Sie nicht vor Ende September beginnen?“ „Da müssen Sie schon meinen Chef fragen, der hat uns letzte Woche hierhergeschickt.“ Ein Anruf im Büro der Firma ergibt, dass sich offensichtlich ein anderer Auftrag verzögerte, worauf der Trupp zum Kindergarten geschickt worden ist, um mit den Arbeiten zu starten. Die Information, dass aus Gründen des Schutzes für die Bäume nicht vor September begonnen werden kann, ging wohl zwischen Bauleitung und Chef verloren. Ich versuche die Wogen zu glätten. Die Arbeiten werden sofort eingestellt, ich telefoniere mit der zuständigen Behörde, ein Vor-Ort-Termin wird angesetzt.

Ergebnis: Die Arbeiten der Landschaftsbaufirma werden wie vorgesehen bis September eingestellt. Der Baumpfleger stellt unverzüglich den Wurzelvorhang her und stellt einen Vegetationsschutzzaun auf. Auf Kosten der Landschaftsbaufirma wird eine Bodenbelüftung in den verdichteten Bereichen durchgeführt. Bleibt zu hoffen, dass die bereits stattgefundene Bodenverdichtung den Bäumen nicht geschadet hat und für sie der letzte Vorhang nicht zu früh fällt …

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