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Schmitz’ Sternstunden

Hausbesetzer

Für eine weitere Brückensanierung wird ein Feld in unmittelbarer Nachbarschaft der Baustelle als Baueinrichtungsfläche benötigt. Dieses Feld ist allerdings das Zuhause von Feldlerchen. Daher werden vor Baustart Vergrämungsmaßnahmen vorgenommen, um die Bodenbrüter während der Bauzeit vom Nisten abzuhalten.

von fs erschienen am 21.05.2024
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Aus diesem Grund werden 2 m hohe Holzpfosten im Abstand von etwa 25 m voneinander aufgestellt. An diesen Pfosten werden lange, rotweiße Flatterbänder befestigt, die im Wind wehen und so verhindern, dass sich die Feldlerchen einen Platz zum Brüten suchen.

Die Maßnahmen werden rechtzeitig durchgeführt. Einige Kontrollbegehungen sollen sicherstellen, dass sich trotz allem keine Vögel ansiedeln. Bei meinen Begehungen merke ich zwar, dass in der Umgebung Feldlerchen zu hören sind, aber es sind keine Nester zu sehen. Daher gehe ich davon aus, dass unsere Maßnahmen erfolgreich waren.

Der erste Vor-Ort-Termin der Baustelle findet im großen Rahmen statt: Projektleiter, Vorarbeiter der ausführenden Baufirma, Naturschutzbehörde und ich treffen uns an einem sonnigen Vormittag zum Kennenlernen, Einweisen und Besprechen. Wir stimmen ab, wie der angrenzende Vegetationsschutzzaun für ein nahes Gehölzbiotop gestellt werden soll. Aus diesem Grund gehen wir gemeinsam über die Fläche, auf denen die Stangen mit den Bändern im Wind flattern. Auf einmal stößt Frau Vogl, die Dame der Naturschutzbehörde, einen Schrei aus: „Vorsicht! Hinter Ihnen!“

Wir alle bleiben stocksteif stehen und sehen uns um. Der Projektleiter steht keine 10 cm von einem Gelege entfernt. Offensichtlich haben an dieser Stelle unsere Vergrämungsmaßnahmen keine Wirkung gezeigt. Nun sind wir sensibilisiert und gehen, den Blick auf den Boden geheftet, noch ein weiteres Mal über die Fläche. Doch auch nach intensiver Suche ist kein weiteres Nest zu finden.

Dem Projekteiter ist verständlicherweise daran gelegen, bald mit dem Bau zu beginnen. „Wir scheinen es hier mit einem renitenten Hausbesetzerbrutpäarchen zu tun zu haben“, äußert Frau Vogl, die erstaunlicherweise ebenso bemüht ist, dem Projekt keine Steine in den Weg zu legen.

„Da davon auszugehen ist, dass diese Tiere so desensibilisiert sind, dass sie sich nicht mal von den Flatterbändern abhalten lassen, hier zu brüten, schlage ich vor, den Vegetationszaun in diesem Bereich auszuweiten und die Baueinrichtungsfläche entsprechend kleiner zu machen.“ Zusätzlich schlägt der Projektleiter vor, die Baucontainer als Schutz zwischen Kinderstube und Baueinrichtungsfläche zu stellen. Bei meiner nächsten Begehung freue ich mich, denn der Vorarbeiter hat Wort gehalten und hält tatsächlich einen großen Abstand zum Nest. Als ich näher an den Vegetationsschutzzaun komme, sehe ich Zettel am Holz hängen. „Vorsicht – nicht stören – Vogelbabys!!!“ steht da mit kindlicher Schrift zu lesen, dazu kleine Bildchen, die Vögel darstellen sollen.

Plötzlich steht der Vorarbeiter hinter mir: „Ich habe meiner Enkelin von den Vögeln erzählt. Sie war ganz traurig und hat gesagt: ‘Opa, da darf fei keiner von deinen Arbeitern drauftreten, ich mal besser ein paar Verbotsschilder!’“ Bei so viel Aufmerksamkeit kann es ja nur gut werden und freuen uns gemeinsam über den flatternden Nachwuchs.

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