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Rezension

Draußen erleben - Fachbuch zum Abenteuertourismus

Neu im UVK Verlag erhältlich ist das Buch „Draußen erleben! Abenteuer – Outdoor – Tourismus“. Mit dieser Veröffentlichung ist erstmals ein Fachbuch zum Thema Abenteuertourismus erschienen. Die Autoren Sven Groß und Manuel Sand möchten mit diesem Buch neben Definitionen und Abgrenzungen vor allem den deutschen Markt detailliert beschreiben. Dem entsprechend gliedert sich das Buch in zwei Teile, wobei Teil 1 mehr der Theorie vorbehalten ist und Teil 2 die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung zu diesem Thema vorstellt. 

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Anstelle von Bildmaterial wird das Buch durch graphische Abbildungen, Abschnitte mit Interviews, Tabelle und farbig unterlegte Textblöcken strukturiert. Die hervorgehobene Gestaltung von Fallstudien oder Praxisbeispielen lockert den Text auf.

Der einführende Teil 1 des Buchs enthält neben der Definition des Begriffs „Abenteuertourismus“ auch weitere Definitionen und Eingrenzungen des Themas. Hierzu gehört eine ökonomisch abgeleitete Beschreibung des touristischen Marktes. Die Definition und Abgrenzung des Themas Microadventures hätte man eher im abgrenzenden Kapitel 1 erwartet und nicht erst am Ende von Teil 1. Im Rahmen der Definitionen zu Freizeit und Tourismus hätte man sich eine spezifischere Fokussierung auf das Thema Abenteuer insbesondere in der Abgrenzung zu anderen Begriffen im Bereich Freizeit, Erholung und Outdoorsport bzw. Outdoor-Aktivitäten gewünscht. Ähnliches gilt für das Thema Risiko, das in Verbindung mit Sport angesprochen wird, aber nicht im Hinblick auf Risiko im Tourismus (wobei nicht Risikotourismus gemeint ist vgl. Opaschovski 2000).

Der erste Teil gibt neben den Definitionen einen differenzierten Überblick zur Nachfrageseite, den Motiven und der Angebotsseite. Die Art der Produkte, die Produktentwicklung und die Ausrichtung auf eine Zielgruppe wird durch die Interviews mit Anbietern besonders anschaulich. Allerdings wäre eine zusammenfassende Wertung bzw. Einbindung der Interviews in das Fachbuch notwendig gewesen, denn so bleiben z.B. die Angaben zur Nachhaltigkeit im jeweiligen Unternehmen unkommentiert. Der Leser ohne fachliche Vorbildung könnte das, was dort genannt wird, als gute fachliche Praxis ansehen.

Weitere Teile widmen sich charakteristischen Aktivitäten im Abenteuertourismus, Nachhaltigkeit und Trends. Die Autoren stellen sich in diesem ersten Teil bewusst auch der kontroversen Diskussion zu sogenanntem „harten“ und „weichen“ Abenteuertourismus. An dieser Stelle hätte man sich die Tabelle im Anhang 1 gewünscht, die zeigt welche Urlaubsaktivitäten typischer Weise dem harten bzw. weichen Abenteuertourismus zugeordnet werden. Das Kapitel nachhaltiger Abenteuertourismus, der auf auf etwas mehr als zwei Seiten abgehandelt wird, kann nicht überzeugen, auch wenn versucht wird durch Literaturhinweise zumindest bei den Aktivitäten Nachschlagemöglichkeiten zu bieten. Insbesondere der Rückschluss, dass durch die Teilnahme am Abenteuertourismus die Bindung zur Natur zunähme und dadurch es „automatisch“ auch zu natur- und umweltverträglicherem Verhalte komme, muss im Blick auf die Fachliteratur leider widersprochen werden (vgl. Veröffentlichungen zur Sportökologie oder die breite internationale Forschung zur recreation ecology). Für Wildtiere, die der Tourist nicht einmal sieht, kann selbst das Soft-Adventure harte Auswirkungen haben (siehe Literaturhinweise). Auch hätte man sich in diesem Kapitel eine Abhandlung aller Nachhaltigkeitsaspekte gewünscht (z.B. unter welchen Voraussetzungen trägt der Abenteuertourismus zur Regionalökonomie und zur regionalen betrieblichen Diversifizierung bei, oder in wieweit wird die sozio-kulturelle Nachhaltigkeit der Destination beeinflusst usw.). Sehr interessant sind die dargestellten Forschungsergebnisse auf Frauen im Kapitel Trends, die man vielleicht auch der sozialen Nachhaltigkeit hätte zuordnen können.

Teil 2 des Fachbuches enthält vor dem Hintergrund der Definitionen, Fallstudien und Anbieter eine ausführlich dargestellte empirische Untersuchung zum Outdoorsport und Abenteuertourismus, die auf 54 Seiten in Text, Tabellen und Graphiken dargestellt werden. Im Mittelpunkt stehen das Interesse an Abenteuerreisen und Erfahrungen mit Abenteueraktivitäten auf Reisen. Darüber hinaus werden Fragen zur Reisevorbereitung, zu Reisemotiven aber auch zum persönlichen Nutzen einer solchen Reise und den Bemühungen um das Thema Nachhaltigkeit behandelt. Dabei sind auch vertiefte Analysen, wie etwa vom Alter oder Bildungsgrad, enthalten. Teil 2 schließt mit einer vergleichenden Diskussion der Ergebnisse mit anderen Studien.

Die im Buch gewählte Definition für Abenteuertourismus sieht als essentiellen Bestandteil von Abenteuertourismus neben Natur und Aktivität auch „Kultur“ vor. Dieser Aspekt spielt im Buch insgesamt jedoch kaum eine Rolle, taucht auch im Register nicht auf und kommt auch in der Befragung (fremde Kulturen kennenlernen) nur untergeordnet vor. Während der Naturbezug und die Aktivitäten ausführlich erläutert werden, wären hier Ergänzungen wünschenswert. 

Aus formaler Sich bleibt anzumerken, dass Zitate englischsprachiger Autoren in Teil 1 nicht immer ins Deutsche übertragen wurden (z.B. im Original zuzüglich Übersetzung durch den Verfasser). Dies wirkt sich nicht nur ungünstig auf die Lesbarkeit aus, sondern reduziert auch die Eignung für Studierende. Dies gilt vor allem deshalb, weil es sich meist um (wichtige) Zusammenfassungen oder Definitionen (z.B. S. 37 oder S. 59) handelt, die man genau verstehen sollte.

Insgesamt widmet sich das Buch einem wichtigen Trend im Bereich von Erholung und Tourismus. Es fasst die Entwicklungen für den deutschsprachigen Raum übersichtlich zusammen und ermöglicht dadurch erst eine vertiefte fachliche Diskussion. Das Fachbuch kann im Bereich der touristischen Ausbildung ebenso empfohlen  werden, wie im Bereich der naturschutzbezogenen Erholungsplanung, denn die vorliegende Veröffentlichung zeigt sehr anschaulich das „Mind-set“, das heißt die Einstellungen und Erwartungen mit denen Abenteuertouristen und Anbieter solcher Reisen an Natur und Landschaft herangehen, bzw. wie die natürlichen Ressourcen für die touristische Produktentwicklung genutzt werden.

HIER gelangen Sie zum Buch.

 

Literaturhinweise

HÜPPOP, O. (1995): Störungsbewertung anhand physiologischer Parameter. Ornithologischer Beobachter Nr. 92, S. 257- 268.

INGOLD, P. (1993): Tourismus und Freizeitsport im Alpenraum - ein gravierendes Problem? Revue Suisse de Zoologie 100. S. 529-545.

lNGOLD, P., SCHNIDRIG-PETRIG, R., MARBACHER, H., PFISTER, U. (1993): Flugobjekte, insbesondere Gleitschirme, und Wildtiere. In: lNGOLD, P., et al.: Tourismus und Wild -Ein öko-ethologisches Projekt im schweizerischen Alpenraum. Universität Bern, Ethologische Station Hasli.

INGOLD, P., HUBER, B., MAININI, H., MARBACHER, H., NEUHAUS, P., RAWLER, A., ROTH,M., SCHNIDRIG, R., ZELLER, R. (1992): Freizeitaktivitäten - ein gravierendes Problem für Tiere? Ornithologischer Beobachter, Heft 89, S. 205-216. 

OPASCHOVSKI, H. 2000, Einführung in die Freizeitwissenschaft, Verlag Leske und Budrich, Opladen

SEEWALD, F., KRONBICHLER, E., GRÖßING, S., (1998) Sportökologie, UTB, Wiesbaden