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Naturschutz im Wahlkampf der Parteien

Wie Neurechte den Zugang zur gesellschaftlichen Mitte suchen

Die Herausforderungen für das (Über-) Leben der Menschheit sind so groß und evident – und die Rolle, die Schutz und nachhaltige Entwicklung der natürlichen Ressourcen im aktuellen Bundestagswahlkampf spielen, gefühlt so gering wie schon seit Jahren nicht mehr. Und wenn, dann als Negativbild: Die einen wollen das Umweltbundesamt als „staatlich finanzierte Aktivisteneinrichtung“ abschaffen – eine Behörde, die durch den Wissenschaftsrat höchst neutral evaluiert wird, zuletzt im Juli 2024: „Über alle Themenfelder hinweg gelingt es dem UBA erfolgreich, sehr gute Forschungsleistungen mit effektiver Politikberatung und Kompetenzen in der Regulierung zu verknüpfen“, resümierte das Gremium und bescheinigt „eine außerordentlich positive Entwicklung“. Die anderen erklären, alle Windkraftanlagen abreißen zu wollen („Nieder mit diesen Windmühlen der Schande!“).

von Eckhard Jedicke erschienen am 16.01.2025
© privat
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Schauen wir aber einmal auf Versuche, Naturschutzargumente für Parteien am rechten Rand zu nutzen – das weckt Erinnerungen an das NS-Regime. Alte Rechte knüpften offen an völkische Vorstellungen zur Kulturlandschaft an: Idealisierung des Bauerntums, Rassismus, Geodeterminismus, Exklusion und Homogenität. Neue Rechte argumentieren subtiler und betonen den Schutz von „Vielfalt, Eigenart und Schönheit“ der Landschaft, beschreibt der NABU in einer aktuellen Studie. Dass „die heimathassenden Grünen das Thema Naturschutz gekapert haben […], ist eine der Tragödien der deutschen Nachkriegsgeschichte. Wir müssen es ihnen entwenden“, erklärte Björn Höcke schon 2020. Die Motivation dahinter: Der Schutz der Natur ist gesellschaftlich akzeptiert und öffnet den Neurechten den Zugang zur Mitte.

Der Hass auf Windkraft

Versuche, den Konflikt zwischen Artenschutz und Ausbau erneuerbarer Energien zu forcieren, bedienen sich wissenschaftlicher Argumente und stilisieren eine Dramatik, die so nicht zu belegen ist. Der Begriff „Heimat“ wird genutzt, um ein statisches und ausgrenzendes Verständnis von Zugehörigkeit zu propagieren. Der Mythos des deutschen Waldes adressiert eine romantisch verklärte Vorstellung vom Wald als Ausdruck deutscher Identität. Überbevölkerung in Entwicklungsländern sei die Ursache für Migration, die Grenzen seien zu schließen, um die „ökologische Tragfähigkeit“ Deutschlands zu schützen. Die Problematik invasiver Arten wird auf die menschliche Gesellschaft übertragen und dient dem Narrativ rassistischer Ausgrenzung. Kritik an Folgen der Globalisierung wird mit Unterstützung für regionale Wirtschaftskreisläufe sowie Ökolandbau verknüpft. „Wir wollen eine intakte und vielfältige Natur erhalten“, erklärt die AfD in ihrem Wahlprogramm, wendet sich zugleich aber gegen nicht-landwirtschaftliche Nutzung von Agrarflächen und propagiert, dass bäuerliche Betriebe am besten umweltgerecht wirtschaften können. Sie plädiert „für eine naturgemäße Waldwirtschaft […], die eine ganzheitliche Betrachtung des Waldes in seiner ökonomischen, ökologischen und sozialen Funktion zum Ziel hat“. Dumm nur, dass dieser Wald gerade durch die geleugnete menschgemachte Klimakrise existenzielle Probleme hat.

Sensibel und wachsam sein

Klimakrise und Biodiversität (Frauenschuh), invasive Arten (Asiatische Hornisse) und Artenschutz (Echte Lungenflechte) sind die konkreten Themen der Hauptbeiträge in diesem Heft. Man kann sich mit diesen Themen unter rein fachlichem Blick befassen. Aber: Naturschutz ist und muss immer auch politisch sein, fachpolitisch. Seien wir alle wachsam, uns und unsere Disziplin nicht von rechten Ideologien untergraben zu lassen!

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