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Plastik im Meer

Große Ansammlungen auch abseits sogenannter Müllstrudel

Gelangt Plastik ins Meer, verwittert es mit der Zeit und zerfällt in kleine Bruchstücke. Wenn Meerestiere diese Plastikpartikel aufnehmen, kann dies ihre Gesundheit massiv beeinträchtigen. Große Plastikansammlungen können daher das biologische Gleichgewicht der Meeresökosysteme stören. Doch welche Gebiete sind besonders betroffen? In einer aktuellen Studie in „Environmental Science & Technology“ hat ein Forschungsteam in einem entlegenen Meeresschutzgebiet im Pazifischen Ozean nun ebenso große Mengen Plastikmüll und Mikroplastik nachgewiesen, wie in einem der größten bekannten Müllstrudel.

von UFZ/Red erschienen am 18.04.2024
Neustonnetz, das an der Seite des deutschen Forschungsschiffs SONNE auf der Expedition über den Nordpazifik geschleppt wird, um an der Oberfläche schwimmende Plastikproben zu sammeln. © Philipp Klöckner / UFZ
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Wie genau verteilt sich Plastik im Meer? Welche Gebiete sind besonders betroffen? Gibt es noch gänzlich plastikfreie Zonen? Und welche Eigenschaften hat das Plastik, wenn es sich in Quellennähe – also dort, wo es vermehrt ins Meer gelangt – oder fernab im offenen Ozean befindet? Das sind Fragen, denen das Forschungsteam um Prof. Annika Jahnke, Koordinatorin des Projektes MICRO-FATE, in ihren Untersuchungen nachgegangen ist. Auf einer fünfwöchigen Expedition mit dem Forschungsschiff "Sonne" im Jahr 2019 haben die Forschenden im Nordpazifik zwischen Vancouver (Kanada) und Singapur Proben des Oberflächenwassers genommen.

Um die Plastikmengen im Oberflächenwasser zu bestimmen, hat das Team zwei unterschiedliche Methoden angewendet: Zum einen visuelle Beobachtungen während der Fahrt, bei denen Zweierteams an Deck des Schiffes mit dem Auge erkennbare Plastikpartikel gezählt und Form sowie Größe dokumentiert haben (Litter Survey). Zum anderen wurden an neun Stationen mithilfe von an der Oberfläche schwimmenden Netzen, sogenannten Neustonnetzen, Proben genommen. "Die Maschenweite betrug 0,3 Millimeter. So konnten wir neben größeren Teilchen auch kleine Plastikpartikel einfangen und das Mikroplastik, das einen Durchmesser von unter fünf Millimetern hat, bestimmen", erklärt UFZ-Forscher Robby Rynek, der Erstautor der Studie ist. "Die Plastikpartikel aus jeder Probe wurden dann später nach Größe sortiert und gezählt. Mithilfe einer speziellen Form der Infrarotspektroskopie haben wir die Partikel dann noch chemisch analysiert und anhand des Aussehens ihren Verwitterungszustand abgeschätzt."

Aus anderen Studien ist bereits bekannt, dass größere unzersetzte Plastikgegenstände und -partikel vor allem dort vorkommen, wo Plastik ins Meer gelangt. Je weiter die Partikel transportiert werden, desto kleiner und verwitterter sollten sie sein. "Genau das konnten wir mit unseren Untersuchungen zeigen. Und wie erwartet konnten wir in den Proben, die wir im Bereich des sogenannten Großen Pazifischen Müllstrudels genommen haben, die höchsten Plastikmengen nachweisen", sagt Rynek. „Dabei handelt es sich aber keinesfalls um einen Müllteppich mit Plastikteilen dicht an dicht. Das ist wichtig, um zu begreifen, dass Plastikbeseitigungssysteme riesige Meeresgebiete abfahren müssten, um nennenswerte Mengen von Plastik einzusammeln, auch weil die meisten Teile eher kleine Fragmente sind, die Netzen entkommen oder sich nur mit erheblichen tierischem ‘Beifang’ einsammeln ließen“, ergänzt Mitautorin Dr. Melanie Bergmann vom AWI. Die Reduzierung von Einträgen ist also unverzichtbar.

Robby Rynek führt weiter aus: „Das überraschendste und zugleich besorgniserregendste Ergebnis unserer Studie ist, dass wir in dem entlegenen Meeresschutzgebiet nordwestlich von Hawaii ebenso große Mengen an eher kleinerem Mikroplastik gefunden haben. Damit hatten wir nicht gerechnet. Denn nach den Berechnungen des Vorhersagemodells sollte hier deutlich weniger Plastik zu finden sein.“ Die Ergebnisse zeigen: Mikroplastik ist höchstwahrscheinlich viel weiter über die Ozeane verteilt als bislang angenommen. Das Team konnte an allen Probenahmestationen Plastik nachweisen. Es gab keine Probe, in der nichts gefunden wurde.

Im Rahmen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) soll in diesem Jahr ein globales Plastikabkommen verabschiedet werden, um die Verschmutzung der Meere durch Plastik zu stoppen. „Als unabhängige Wissenschaftler:innen stehen wir als Teil der Scientists Coalition for an Effective Plastics Treaty den Delegierten der UN-Mitgliedsstaaten dabei beratend zur Seite“, so Melanie Bergmann. Neben einer weitgehenden Minderung der Plastikproduktion durch eine Vermeidung verzichtbarer Plastikprodukte und den Ausbau von Mehrwegangeboten muss nach Ansicht vieler Forschender die chemische Zusammensetzung von Plastikprodukten vereinfacht und verbessert werden. Nur so sind eine gesundheitlich unbedenkliche Wiederverwendung und höhere Recyclingquoten überhaupt möglich.

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