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Nitratbelastung im Grundwasser

Umwelthilfe klagt gegen die Bundesrepublik

Nach dem erfolgreichen Klageweg für „saubere Luft“ geht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) jetzt auch in Sachen Nitratbelastung gerichtlich gegen die Bundesregierung vor. Bereits am 31. Mai 2018 hat die DUH eine Grundsatzklage gegen die Bundesrepublik, vertreten durch das Bundeslandwirtschaftsministerium, beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht (Aktenzeichen OVG 11 A 1. 18). Der Verband will die Regierung dazu zwingen, die zu hohe Nitratbelastung des Grund- und Oberflächenwassers ausreichend zu reduzieren.

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Sticksoff aus Düngemitteln und Gülle führt zu erhöhter Nitratbelastung der Oberflächengewässer; ganz besonders, wenn Randstreifen - wie in diesem Fall - ungenügend breit stehengelassen werden.
Sticksoff aus Düngemitteln und Gülle führt zu erhöhter Nitratbelastung der Oberflächengewässer; ganz besonders, wenn Randstreifen - wie in diesem Fall - ungenügend breit stehengelassen werden.Tjards Wendebourg, Redaktion NuL
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Dabei sei die im letzten Jahr erfolgte Novellierung der Düngeverordnung, nicht ausreichend. Die DUH schlägt damit in dieselbe Kerbe, wie der EU-Gerichtshof, der Deutschland bereits wegen unzureichender Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie verurteilt hatte. Nach wie vor weist Deutschland unter allen 28 EU-Staaten die zweithöchste Belastung des Grundwassers mit Nitrat auf.

Mit Schriftsatz vom 16. Juli 2018 wurde die Klage nun ausführlich begründet. Die Klage richtet sich gegen das 2017 novellierte, aktuell geltende „Nationale Aktionsprogramm zum Schutz von Gewässern vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen“. Deutschland ist verpflichtet, ein solches Aktionsprogramm aufzustellen und hat dies auf der Basis von Paragraph 3a des Düngesetzes (DüngeG) durch verschiedene gesetzliche Regelungen im Düngerecht getan. Nach Ansicht der DUH ist das geltende Düngerecht aber auch nach der Novelle ungeeignet, die zu hohe Nitratbelastung des Grundwassers und der Gewässer so weit zu reduzieren, dass die Ziele der Nitrat-Richtlinie 91/676/EWG eingehalten werden.So wird der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter auch nach dem letzten Nitratbericht der Bundesregierung von 2016 immer noch an knapp einem Drittel der Messstationen teilweise deutlich überschritten. Durch die im Jahr 2017 geänderten gesetzlichen Regelungen ist mit keiner durchgreifenden Änderung dieses Zustands zu rechnen. Ziel der Klage ist es, so schnell wie möglich einen rechtmäßigen Zustand zu schaffen. Dazu bedarf es einer Überarbeitung des nationalen Aktionsprogramms und damit des deutschen Düngerechts.„Wir haben uns entschlossen, nach der ‚Sauberen Luft‘ auch das ‚Saubere Wasser‘ auf dem Klageweg durchzusetzen. Die DUH setzt sich seit ihrer Gründung für saubere Luft und sauberes Wasser ein. Das Beispiel Luftreinhaltung und die von der DUH gewählte Klagestrategie zeigen eindrucksvoll, dass die notwendigen Schritte zur Durchsetzung der Luftqualitätsgrenzwerte nur gerichtlich erzwungen werden können. Während Deutschland vor der Kanzlerschaft von Angela Merkel ein Vorbild für andere Staaten im Umweltschutz war und regelmäßig die EU-Normen übererfüllt hat, laufen heute gegen kaum einen anderen EU-Staat so viele Vertragsverletzungsverfahren wegen des Verstoßes gegen EU-Vorschriften wie gegen Deutschland“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen Deutschland vom 21. Juni 2018 wegen unzureichender Umsetzung der Nitrat-Richtlinie dokumentiert die jahrzehntelangen Versäumnisse der deutschen Agrarpolitik. „Die deutsche Agrarpolitik hat auf Intensivierung der industriellen Tierhaltung statt auf eine flächengebundene naturnahe Landwirtschaft gesetzt. Zu den dramatischen Folgen gehören der massiv gestiegene Eintrag von Stickstoff aus Düngung, Gülle und Massentierhaltung in Grund- und Oberflächengewässer. Die Konsequenzen sind die Schließung von Brunnen zur Trinkwassergewinnung, ein ständig steigender technischer und finanzieller Aufwand zur Trinkwasseraufbereitung und die Überdüngung sensibler Ökosysteme wie Seen, Flüsse und Küstengewässer“, so Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH.Bei einer zu hohen Aufnahme von Nitrat über das Trinkwasser kann sich im Körper gesundheitsgefährdendes Nitrit bilden. Bei Kleinkindern und Säuglingen kann dies zu einer Verminderung der Sauerstofftransportkapazität und damit zur lebensgefährdenden sogenannten Blausucht führen.Das Urteil des EuGH bestätigt, dass Deutschland seinen Verpflichtungen zur Nitratminderung nicht gerecht wird. Aus prozessrechtlichen Gründen konnte der Gerichtshof aber nur die bis zum Jahr 2014 geltende Rechtslage berücksichtigen. Mit der Änderung des Düngerechts im Jahr 2017 versichert das Bundeslandwirtschaftsministerium gegenüber der EU, alle Maßnahmen ergriffen zu haben, welche nunmehr zu einem rechtskonformen Zustand führen. Die DUH kritisiert jedoch, dass die geänderte Gesetzgebung zahlreiche Ausnahmen enthält, so dass die europarechtlichen Vorgaben der Nitrat-Richtlinie 91/676/EWG zum Trink- und Grundwasserschutz auch weiterhin nicht eingehalten werden.„Auch das novellierte Recht bringt keinen rechtskonformen Zustand. So wird der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter über unabsehbare Zeit nicht an allen deutschen Messstationen eingehalten. Ebenso wird die erhebliche Eutrophierung unserer Gewässer nicht beseitigt. Das neue Düngerecht wird keine Verbesserungen bringen. Selbst viele durch das EU-Recht vorgesehenen Mindestanforderungen sind im novellierten Düngerecht immer noch nicht umgesetzt“, sagt Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in der Klage vertritt. „Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des EuGH zum europäischen Luftqualitäts- und Gewässerschutzrecht haben die Ziele der Nitratrichtlinie nicht bloß programmatischen Charakter, sondern stellen strikte Ergebnisverpflichtungen dar, die den Mitgliedsstaaten keinerlei Umsetzungsermessen verleihen. Diese Ziele werden in Deutschland auch mehr als 25 Jahre nach Inkrafttreten der Nitratrichtlinie verfehlt“, so Klinger weiter. An 27,7 Prozent der Messstellen an landwirtschaftlichen Einzugsgebieten wird der Nitrat-Grenzwert auch nach dem letzten Nitratbericht der Bundesregierung von 2016 überschritten. Die Bevölkerung muss erneut Mehrkosten tragen: für Subventionen in eine industrielle Landwirtschaft, steigende Wasserkosten für die Trinkwasseraufbereitung sowie gegebenenfalls sogar noch Strafzahlungen an die EU.

> Klagebegründung der DUH

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