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Polens Waldbewirtschaftungsmaßnahmen in Białowieska sind unionsrechtswidrig

Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wird das Natura-2000-Gebiet Puszcza Białowieska in Polen durch die seit 2016 intensivierten Waldbewirtschaftungsmaßnahmen teilweise zerstört. Polen hätte gegen seine Verpflichtungen aus der Habitat- und Vogelschutzrichtlinie verstoßen. Mit dem Erlass des EuGH vom 17. April wurde das Land daher zur Unterlassung aufgefordert. Andernfalls drohen hohe Geldstrafen.

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Białowieska Forest/by Hubert H. Ignatowicz/Wikimedia Commons/CC BY-SA 3.0 PL
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In dem Gebiet an der Grenze Polens und Weißrusslands kommen viele Lebensräume, Tier- und Pflanzenarten vor, deren Schutz prioritär ist. Daher ist der mindestens 8.000 Jahre alte Wald nicht nur als Natura-2000-Gebiet, sondern auch als Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Nach Auffassung der Kommission handelt es sich um einen der am besten erhaltenen Naturwälder Europas. Charakteristisch sind eine Vielzahl alter Bäume, die zum Teil über hundert Jahre alt sind, und große Mengen an Totholz.
Aufgrund der beständigen Ausbreitung des Buchdruckers genehmigte der polnische Umweltminister 2016 im Zeitraum von 2012 bis 2021, den Holzeinschlag in dem Gebiet zu verdreifachen. Außerdem wurden Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung wie Sanitärhiebe, Aufforstungen und Verjüngungsschnitte in Bereichen erlaubt, die bis dahin von jeglichen Eingriffen ausgenommen waren. 2017 erließ der Generaldirektor der Staatsforste für die drei Forstbezirke Białowieża, Browsk und Hajnówka dann die Entscheidung Nr. 51 „über den Einschlag vom Buchdrucker befallener Bäume und das Einholen von Bäumen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder ein Brandrisiko darstellen, in allen Altersklassen der Waldbestände der Forstbezirke …“. Daraufhin wurden auf einer Fläche von etwa 34.000 ha des sich über 63.147 ha erstreckenden Natura-2000-Gebiets Puszcza Białowieska trockene und vom Buchdrucker befallene Bäume beseitigt.
Die Kommission hat dann am 20. Juli 2017 beim Europäischen Gerichtshof Klage erhoben, da sich die polnischen Behörden nicht vergewissert hätten, ob die genehmigten Waldbewirtschaftungsmaßnahmen das Natura-2000-Gebiet Puszcza Białowieska beeinträchtigten. Damit hätte Polen gegen seine Verpflichtungen aus der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie verstoßen. Mit dem Gerichtsbeschluss vom 20. November 2017 gab der EuGH der Klage statt und Polen wurde bis zum Erlass des Urteils zur Hauptsache verpflichtet, den intensivierten Holzeinschlag und die geplanten Waldbewirtschaftungsmaßnahmen zu unterlassen. Bei Missachtung drohte zudem eine hohe Geldstrafe.
Der Gerichtshof stellt fest, dass die polnischen Behörden im vorliegenden Fall nicht über alle relevanten Daten verfügten, um einschätzen zu können, wie sich die geplanten Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung auf das Natura-2000-Gebiet auswirken würden. Im Vorfeld der Genehmigungen wurde aus Sicht des EuGH zwar eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt, diese sei aber nicht angemessen gewesen, um die Auswirkungen der Entscheidung von 2016 beurteilen zu können.
Die Prüfung des EuGH ergab, dass die beanstandeten Entscheidungen das Alter der Bäume, der Bestände oder der Lebensräume, auf die sich die Maßnahmen beziehen, nicht beeinträchtigen. Außerdem ist der Einschlag von Bäumen aus Gründen der „öffentlichen Sicherheit“ durchaus zulässig. Allerdings konnte Polen nicht überzeugend rechtfertigen, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung des Buchdruckers erforderlich sind. Die Entfernung von ihm befallener hundertjähriger Fichten und Kiefern wurde im Bewirtschaftungsplan von 2015 als größere Gefahr eingestuft als der Befall selbst. Zudem wurde durch die aktive Waldbewirtschaftung ein Teil des Natura-2000-Gebiets Puszcza Białowieska zerstört. Anders als die Republik Polen geltend macht, könnten die Maßnahmen deshalb keine Maßnahmen zur Erhaltung dieses Gebiets sein.
Laut dem EuGH tragen Polens Entscheidungen dazu bei, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten einiger streng geschützter xylobionter Käfer zu beschädigen und zu vernichten. Auch die Vogelschutzrichtlinie sei missachtet worden, da mit dem Fällen der Bäume Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Tiere zerstört oder zumindest beschädigt wurden. Konkrete Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Eingriffen in den Lebensbereich der Vögel hätten in der Entscheidung gefehlt.
Folglich hat der Gerichtshof der Klage der Kommission in vollem Umfang stattgegeben, die weitere Abholzung ist demnach rechtswidrig. Polen muss nun dem Urteil unverzüglich nachkommen, sonst drohen finanzielle Sanktionen.

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