Umsiedlungserfolg von Larven des Hirschkäfers
Im Rahmen des Baus einer Flugzeug-Werfthalle mussten am Flughafen Frankfurt am Main Waldbereiche mit starken Vorkommen des Hirschkäfers (Lucanus cervus L.) gerodet werden. Vor der Rodung wurden potenziell mit Hirschkäfer-Larven besetzte Baumwurzeln mittels eines Großbaumverpflanzungsgerätes in benachbarte Waldbereiche umgesetzt. Ein Teil dieser Wurzeln wurde zwecks Erfolgskontrolle gesondert eingezäunt, während der Schlüpfzeit der Käfer abgenetzt und täglich kontrolliert. In den fünf Jahren nach der Versetzung konnte das Schlüpfen von insgesamt 84 Käfern aus den Kontrollbereichen nachgewiesen werden. Eine Regelmäßigkeit innerhalb der verschiedenen Jahre und Baumwurzeln ist nicht erkennbar.
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Ergebnisse einer fünfjährigen Schlüpf-Kontrolle
Von Jürgen Ebert
1 Anlass, Material und Methoden
Die vorliegende Darstellung ergänzt die Veröffentlichung der ersten Ergebnisse (Ebert & Müller-Pfannenstiel 2008). Anlass, Material und Methoden sind im Folgenden daher nur kurz dargestellt.
Am Flughafen Frankfurt am Main wurde bis Ende 2007 eine Wartungshalle für das neue Großraumflugzeug A380 errichtet. Dafür mussten im September 2005 rund 20ha Wald im Süden des Flughafens gerodet werden. Dieser Wald beherbergt ein besonders individuenreiches Vorkommen des Hirschkäfers (Lucanus cervus L. 1758) innerhalb der naturräumlichen Haupteinheit D53 (Schafffrath 2003). Er findet hier besonders geeignete Lebensbedingungen aufgrund des gemäßigten Klimas, des sandigen, trockenen Bodens und des hohen Eichenanteils. Vor Rodungsbeginn wurden diejenigen Baumstubben identifiziert, bei denen sich eine Besiedlung mit Hirschkäfer-Larven aufdrängte.
Zum Einsatz kam ein großformatiges Ballenstechgerät, wie es normalerweise für die Verpflanzung von Großbäumen verwendet wird. Es wurden somit rund 7m3 Erdboden mitsamt den Larven und deren Brutsubstrat umgesetzt. Der Erdballen wurde maximal 1km vom Baubereich entfernt wieder in die Erde gesetzt, in ein zuvor mit der gleichen Maschine ausgestochenes Loch.
Es wurden insgesamt 49 Eichenstubben und Totbäume im Spätsommer 2005 umgesetzt. Zehn davon wurden wildschweinsicher eingezäunt und während der Schlüpfzeit jährlich vom 01. Mai bis 15. Juni mit Netzen abgespannt. In den ersten zwei Jahren wurden handelsübliche Ameisenschutzhauben aus Drahtgeflecht aufgesetzt. Zusätzlich wurde jeweils darüber ein 5x 4m großes Vogelschutznetz der Marke Unimet aus Polypropylen mit einer Maschenweite von 6 x 6mm gelegt. In den Jahren 2008 bis 2010 wurden ausschließlich Nylonnet-ze mit einer Garnstärke von 210/9, einer Maschenweite von 6mm (knotenlos) und einer Größe von 4 x 4m verwendet. Die Abspannung erfolgte unter Zuhilfenahme von jeweils vier Holzpfosten pro Wurzel, die etwa 50cm aus dem Boden ragten. Die Netze wurden am Boden nach außen umgeschlagen und mit Hölzern beschwert.
Es erfolgte eine tägliche Kontrolle auf ausgeschlüpfte Hirschkäfer, außer bei ausgesprochenem Regenwetter. Diese Kontrollen erfolgten zwischen dem 01. Mai und 15. Juni der ersten fünf Jahre nach der Versetzung.
2 Ergebnisse und Diskussion
In den Jahren 2006 bis 2010 konnte das Schlüpfen von insgesamt 84 adulten Käfern aus den abgenetzten Wurzeln nachgewiesen werden. Darunter befanden sich 45 Männchen und 39 Weibchen (vgl. Abb. 1). Die Verteilung über die Jahre und die verschiedenen Stubben ist unregelmäßig (vgl. Abb. 2). Ausschließlich aus einem der zehn Stubben konnte kein Schlupf verzeichnet werden. Es ist davon auszugehen, dass dies die Mindestzahlen der geschlüpften Tiere darstellen, denn es ist verschiedentlich belegt, dass auch nach dem 15. Juni noch Tiere schlüpfen. Zudem ist nicht auszuschließen, dass einige Tiere aus den Netzen entkommen sind oder sich gar so eng an den verbliebenen Stubben aufhielten, dass sie nicht bemerkt wurden. Abb. 2 zeigt, dass keine Regelmäßigkeit im Schlüpfverhalten erkennbar ist. Es gab Jahre, bei denen aus mehreren Stubben viele Käfer schlüpften; mal aus einem sehr viele Käfer.
Daten zu den Wetterbedingungen während der Schlüpftage wurden nicht aufgenommen, so dass hierzu keine Korrelationen möglich sind. Bemerkenswert ist aber z.B., dass auch bei der landesweiten Erfassung der Hirschkäfer in 2009 eine im Vergleich zu den Vorjahren recht geringe Zahl an Käfern beobachtet wurde (Hessen-Forst 2010). Diese geringe Zahl zeigt sich auch bei den nur sechs geschlüpften Käfern in 2009 in der vorliegenden Untersuchung.
Das Schlüpfen der Käfer über fünf Folgejahre belegt, dass die Maßnahme grundsätzlich Erfolg hatte. Keines der Larvenstadien kann irreparablen Schaden erlitten haben, sonst hätte es in einem der Jahre einen Totalausfall geben müssen. Aus der Tatsache, dass aus 90% der versetzten und kontrollierten Wurzelstubben Käfer schlüpften, zeigt sich, dass die Auswahlkriterien für zu versetzende Stubben erfolgversprechend gewählt worden sind.
Literatur
Ebert, J., Müller-Pfannenstiel, K. (2008): Umsetzung von mit Hirschkäfer-Larven besetzten Baumwurzeln – eine Maßnahme zur Schadensbegrenzung für eine FFH-Art. Naturschutz und Landschaftsplanung 40 (4), 106-112.
Hessen-Forst FENA (2010): Hessisches Hirschkäferbeobachtungsnetz – Rundbrief zur Flugsaison 2010, unveröff., 3S.
Schaffrath, U. (2003): Erfassung der gesamthessischen Situation des Hirschkäfers (Lucanus cervus) sowie die Bewertung der rezenten Vorkommen. Gutachten, durchgeführt im Auftrag des Landes Hessen, HDLGN, unveröff., 190S.
Anschrift des Verfassers: Dipl.-Biol. Jürgen Ebert, Jaminstraße 2d, D-61476 Kronberg im Taunus, E-Mail j.ebert@ebertonline.com .
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