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Editorial | Eckhard Jedicke

Das Land trocknet aus – und niemanden stört es? Unverstandene Dramatik des Klimawandels

„Der Sommer meint es gut mit uns!“ Echt jetzt? Nach wie vor haben die Journalistinnen und Journalisten selbst im öffentlich-rechtlichen Rundfunk offensichtlich nicht gecheckt, welche Dramatik die Klimakatastrophe zu entwickeln beginnt. 39,5 °C Höchsttemperatur am 19. Juli in Duisburg markieren den vorläufigen Jahresrekord in Deutschland, nahe dem Allzeitrekord von 41,2 °C am 26. Juli 2019.

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Prof. Dr. Eckhard Jedicke
Prof. Dr. Eckhard JedickeDr. Moustafa Selim
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Landwirtschaft, Wälder, Stadtbäume und Grünanlagen verdorren, Feuchtgebiete trocknen aus, Wälder und Straßenböschungen brennen. In Italien, Frankreich, Spanien und Südengland sieht es noch schlimmer aus. „Wir haben die Dramatik, was weltweit passiert, noch nicht verstanden“, urteilt die Architektin Annette Rudolph Cleff, Professorin für Stadtentwicklung an der TU Darmstadt, im Spiegel. „Braun gebrannt sehen die Deutschen ihrem Land beim Austrocknen zu“, beschreibt Spektrum das Phänomen, dass die rapide steigende Verdunstung im Gegensatz zu Niederschlag, Abfluss und Speicherung im Boden als Teil des Wasserhaushalts in der Debatte um die Folgen der Klimakatastrophe viel zu wenig beachtet wird. Ein Faktum, mit dem auch Naturschutz und Landschaftsplanung als Problemlöser gefordert sind.

2003, 2018 bis 2020 und jetzt schon wieder 2022 – die Dürresommer scheinen die neue Normalität zu werden. Und der aktuelle Sommer geht möglicherweise jetzt erst richtig los. Der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung illustriert beeindruckend die großflächig und permanent mangelnde Bodenfeuchte. Aber Bürgerinnen und Bürger der industrialisierten Welt bewässern ihre Rasenflächen, füllen ihre Pools, jetten im Urlaub um die Welt und rasen über die Autobahnen – es ist frappierend, wie gering das Problembewusstsein in der Bevölkerung wie bei vielen Schreiberlingen ist, die Politik und Gesellschaft mit einem kritischen Journalismus begleiten sollten.

Apropos Urlaub: Innerhalb des eigenen Landes zu regenerieren, gewinnt an Popularität. Nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch ein wachsendes Umweltbewusstsein ist ein Beweggrund hierfür. Das Mehr an Touristen kann aber auch Konflikte verursachen: Wie das Management von Schutzgebieten auf steigende Zahlen von Besuchenden reagieren und sowohl die biologische Vielfalt erhalten als auch eine qualitätsvolle Erholung ermöglichen kann, zeigt der erste Hauptbeitrag auf. Eine Lenkung ist machbar, zeigt sich am Beispiel der grenzüberschreitenden Nationalparks Bayerischer Wald und Sumava.

Zu extensive Landwirtschaft im Alpenraum bewirkt die Ausbreitung der Grün-Erle. Sie verdrängt artenreichere Lebensräume und reichert den Boden mit Stickstoff an, ist also doppelt problematisch. Maschinell geöffnete Lichtungen stellen eine Option dar, wie hier das Rad ein Stück weit zurückgedreht werden kann – als Erste-Hilfe-Maßnahme quasi. Und wir greifen in diesem Heft nach langem einmal wieder die Flurbereinigung auf: Können Flurbereinigungen, wie in Baden-Württemberg seit 2013 vorgeschrieben, einen ökologischen Mehrwert erzielen? Ein wenig schon, aber es mangelt vor allem an der mittel- bis längerfristigen Pflege geschaffener Ausgleichsbiotope. Neben der Verkürzung der unerträglichen Verfahrensdauer von bis über 40 Jahren in Regelverfahren bleibt also noch mehr Handlungsbedarf.

1 Kommentare
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  • User_MTgwODU1Mg 15.08.2022 12:10
    Der Auto hat recht. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Eine kleine verstörende Beobachtung am Rande, die das aber nur bestätigt: Im Rahmen eines internationalen Schüleraustauschs/Auslandsjahr sind für An- und Rückreise grundsätzlich Flüge vorgesehen - was für die Transatlantikrouten ja auch Sinn macht. Aber versuchen Sie mal bei der Strecke Berlin - Lyon davon abzuweichen - mit dem Gedanken, hierfür die Bahn zu nutzen! Sie treffen im besten Fall auf Unverständnis. Neulich fiel mir zuhause ein Buch von Hoimar v. Ditfurth in die Hände, das ich aus aktuellem Anlaß noch einmal las. Sein Titel: Innenansichten eines Artgenossen - meine Bilanz, verfasst 1989, erschienen 1990. Ich vergleiche das, was dieser hellsichtige Kopf damals über CO2-Anstieg und Erderhitzung voraussagte, mit dem was wir alle seit 2018 ff. erleben. Und ebenso seine Voraussage, dass und warum die Menschheit von den seinerzeit sperrangelweit offen stehenden Notausgängen keinen Gebrauch machen wird. Eben dies ist genauso eingetreten. Diese Erkenntnisse im Hinterkopf, sollte man sich über die braungebrannten Zeitgenossen nicht wundern, wenn sie - wie zu beobachten ist - die Flughäfen der Republik stürmen. 1,2,3 - Fly! Immerhin zahlt ein geringer Prozentsatz von Ihnen ein paar Öko-Cent zur Gewissensberuhigung. Merke: Man kann auch mit excellenten Wachstums- und Vollbeschäftigungsraten und ökologisch reinem Gewissen zur Klimahölle fahren.
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