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Kritik des VWW

Ein 'Artenfilter' gegen Artenvielfalt

Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen, um die ungebremst voranschreitenden Verluste an Lebensräumen und Arten aufzuhalten. Regionales, gebietseigenes Wildpflanzensaatgut ist neben einem kleineren Anteil Wiesendrusch das einzige leistungsfähige Instrument, um in überschaubaren Zeiträumen Biodiversität landesweit substanziell zu fördern. Allerdings schränken das BNatSchG und das Saatgutrecht seit März 2020 den Einsatz von heimischem Saatgut erheblich ein und die mühsam erzielten Entwicklungen zum Aufbau einer bundesweiten Angebotsstruktur werden infrage gestellt. Zum Erhalt seiner Handlungsfähigkeit muss der Naturschutz in manchen Fällen zwischen der genetischen Authentizität der einzusetzenden Pflanzenarten und der Förderung gefährdeter Tierarten Kompromisse finden. Dafür werden von Bund und Ländern zurzeit weitergehende Regeln erarbeitet.

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Karsten Kindermann
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Zusätzlich belastet in diesem Zusammenhang auch immer öfter ein sogenannter „Artenfilter“ regionale Projekte zur Förderung der Artenvielfalt. Dieser Artenfilter, der 2010 aus einem kurzen DBU-Forschungsprojekt entstand, sollte ursprünglich ein Hilfsmittel werden, um nach 11 Kriterien Pflanzenarten zu ermitteln, die in einem Ursprungsgebiet (Deutschland wird für Gräser und Kräuter im Regiosaatgut-Handel zurzeit in 22 Ursprungsgebiete eingeteilt) pauschal als Regiosaatgut eingesetzt werden können.  Die Kriterien werden in der Praxis aber kontrovers diskutiert. Besonders das Kriterium Häufigkeit (Eine verwendbare Art muss in mindestens 60% der Messtischblätter vorkommen) führt in vielen Regionen zum Ausschluss einst verbreiteter Arten, die durch Nutzungsintensivierung zurückgedrängt wurden und deshalb nun wegen geringer Verbreitung nicht mehr verwendet werden sollen. Verarmungsprozesse werden damit festgeschrieben!

Der zurzeit aber wohl weitreichendste Negativeffekt des Artenfilters ist die Tatsache, dass immer mehr Naturschutzverwaltungen sogar die Sammlung von Arten zur Weitervermehrung nicht mehr erlauben, wenn sie im Filter nicht positiv gelistet sind. Damit werden auch Arten für regionale Projekte aus dem Markt entfernt; große Potenziale für Biodiversität werden verschenkt, da jede fehlende Pflanzenart auch eine Vielzahl von Insekten ausfallen lässt.Entgegen vielfach festzustellender Behauptung ist der Artenfilter nicht rechtsverbindlich.

Resümee: Im Artenfilter müssen vor einer breiten Anwendung zuerst Mängel in der Datenbasis behoben und seine Auswahlkriterien grundsätzlich überprüft werden. Selbst dann wäre er nur für Mischungen mit sehr geringem naturschutzfachlichen Anspruch anzuwenden und ersetzt nicht eine regional angepasste Auswahl von Arten für Mischungen. Die Beschränkung von Sammelerlaubnissen ist nicht zielführend.Als Lösungsinstrument zum Erhalt und zur Förderung der Arten- und Habitatvielfalt bietet er unter Berücksichtigung ausschließlich botanischer Aspekte keinen integrierenden Ansatz.

Weitere Details zur Beurteilung des Artenfilters durch den Verband deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten finden Sie hier.

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