Patient Erde unter Bluthochdruck: Sechs der neun planetaren Grenzen sind überschritten
Die Hiobsbotschaften reißen nicht ab: verheerende Überschwemmungen, Tornados, Waldbrände, immer neue Hitzerekorde und Flüchtlingsdramen. All das kommt nicht ohne Vorwarnung. Doch die Mahnungen haben eine kurze Halbwertszeit und lösen ebenso wie die immer neuen Katastrophen viel zu wenig Handlung aus. Ein Schicksal, das auch das zweite Update der globalen Studie zu den planetaren Grenzen ereilen wird, das gerade in der FachzeitschriftScience Advances veröffentlicht wurde.
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Planetare Grenzen überschritten
Sechs von neun der planetaren Grenzen sind heute überschritten: globale Erwärmung, Biosphäre, Entwaldung, neuartige anthropogene Einträge wie Schadstoffe und Plastik, Stickstoffkreisläufe und Süßwasser. Lediglich drei Grenzen sind (noch) nicht gerissen – Ozonabbau in der Stratosphäre, Aerosolfracht der Atmosphäre und Versauerung der Ozeane.
Zum ersten Mal hat ein internationales Forschungsteam alle neun planetaren Belastungsgrenzen, welche zusammen einen sicheren Handlungsraum für die Menschheit definieren, quantifiziert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben einen detaillierten Überblick über die schwindende Widerstandsfähigkeit unseres Planeten. Gleichzeitig wächst der Druck globaler Prozesse auf diese Grenzen weiter. Hauptautorin Katherine Richardson von der Universität Kopenhagen vergleicht die Erde mit einem menschlichen Körper und sieht die planetaren Grenzen als eine Form des Blutdrucks: „Ein Blutdruck von über 120/80 bedeutet zwar nicht, dass ein sofortiger Herzinfarkt droht, aber er erhöht das Risiko.“ Mitautor Wolfgang Lucht, Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, betont die Funktionsfähigkeit der Biosphäre als zweite Säule der Stabilität unseres Planeten neben dem Klimawandel. Künftig müsse beides Hand in Hand gehen, um die globale Erwärmung zu begrenzen und eine funktionsfähige Biosphäre zu erhalten.
Halbzeit der Agenda 2030
Zugleich hat UN-Generalsekretär Guterres kurz vor Halbzeit der Agenda 2030 einen neuen Policy Brief „UN 2.0“ veröffentlicht. Bisher seien die Mitgliedstaaten gerade für 15 % der Entwicklungsziele auf dem richtigen Weg. Eine „Aufholjagd“ wünscht sich daher Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Selbst Optimisten verlässt aber langsam der Mut: Was muss noch an Katastrophen und Warnungen geschehen, bis eine grundlegende Transformation auf den Weg gebracht wird – hin zur Erfüllung der 17 SDGs?
Torfmoos, Frühjahrsmahd, Industrienatur
An Wissen mangelt es nicht. Kleine Bausteine zum Handeln bieten wir auch in dieser Ausgabe wieder. Zur in großem Stile notwendigen Renaturierung von Mooren braucht es die Wiederansiedlung von Torfmoosen als Torfbildner. Wie das kombiniertin situ undex situ gelingt, zeigt ein Erfahrungsbericht. In Streuwiesen kann eine zusätzliche Frühmahd helfen, dem allgegenwärtigen Stickstoff-Überschuss zu begegnen und Flächen auszuhagern. Das rechnet sich aber für die Betriebe nicht, denn der Ertrag steigt so nicht. Ein Beispiel mehr für die notwendige Neuausrichtung der Agrarförderung: Für Landnutzungen, welche einen Mehrwert für die Gesellschaft schaffen, bedarf es deutlicher Anreize. Dafür liegen genügend umsetzbare Konzepte auf dem Tisch. Und auch bei Flächen der Industrienatur handelt es sich um Elemente einer vom Menschen geprägten Kulturlandschaft: Zu ihrer Erfassung und Bewertung liefern wir am Beispiel des Ruhrgebiets methodische Hilfen und Ergebnisse.
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