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Schmitz' Sternstunden

Bestechungsversuch mit Schokolade

Für die Erneuerung einer Straßenbrücke ist zum Schutz von Reptilien wieder einmal meine Anwesenheit gefragt. Offiziell sind auf den Flächen keine Zauneidechsen festgestellt worden: Aufgrund von Zeitmangel kam es im Vorfeld zu keiner tiefergehenden Untersuchung. Die Beschaffenheit der Straßendämme lässt aber auf das Vorkommen von Zauneidechsen schließen.

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Die Baustelle startet mit einer Kick-Off-Veranstaltung, bei der sämtliche Projektbeteiligte anwesend sind. Mehrere Male erkläre ich die aus naturschutzfachlicher Sicht wesentliche zeitliche Vorgehensweise, um den im Brückenbereich vermuteten Zauneidechsen möglichst wenig zu schaden. Ich erkläre, dass die Straßendämme erst im letzten Moment abgeschoben werden dürfen, da im Moment – wir haben Anfang März – die Tiere noch im Boden Winterschlaf halten. Ich weise auf den benötigten Reptilienzaun hin, darauf, dass die Flächen gemäht werden müssen. Ich werde bei entsprechenden Temperaturen und Witterung die Bereiche auf Reptilien absuchen und absammeln und – wie mit der Behörde besprochen – außerhalb des Zaunes wieder freilassen. Andernfalls hätte die Behörde dem Bauvorhaben nicht so unkompliziert zugestimmt. Auch bei einem Vor-Ort-Termin bespreche ich mit dem Polier, Baggerfahrer und allen anderen Bauarbeitern, welche Bereiche nicht angetastet werden dürfen. Ich gehe allen so richtig auf die Nerven, weil ich mich mehrmals wiederhole: eine meiner Lieblingseigenschaften.

Eine Woche später erhalte ich einen aufgeregten Anruf vom Polier der Baustelle. Für einen Baggerfahrer war meine ständigen Wiederholungen offensichtlich nicht nervig genug: Er hat das wichtige Detail, dass in die Straßendämme noch nicht eingegriffen werden darf, tatsächlich vergessen. Ich werde richtig böse am Telefon und schimpfe. Da hilft nicht, dass der Polier sehr zerknirscht und geknickt ist.

Ich springe ins Auto und düse zur Baustelle. Dort sehe ich mit Erschrecken: Von allen Dammbereichen ist die obere Bodenschicht abgeschoben worden. Ich stelle mein Auto ab und gehe in den Bau-Container des Poliers. Auf der Schwelle trete ich fast auf eine 300 g Tafel Schokolade. „Ich dachte, wenn ich Ihnen Schokolade zur Beruhigung aus der Ferne hinlege, beruhigen Sie sich möglicherweise und erschlagen mich nicht gleich.“ „Sehr witzig,“ meine ich, immer noch zu Recht stinkig. „Nützt aber auch nichts, und ich könnte dies sogar als Bestechung werten!“

Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Nach langen, diplomatischen Erklärungen und der großen Bitte für Verständnis lässt diese sich auf eine Art Entschädigung ein. Als Ausgleich für den zerstörten Lebensraum ist von der Baufirma ein neues Habitat anzulegen. Dann lässt die Behörde die Sache auf sich beruhen.

Nach diesem Fiasko, in dem wir alle – dank einer sehr verständnisvollen Behörde – nochmal mit einem blauen Auge davongekommen sind, werde ich in Zukunft alle wichtigen Punkte schriftlich festhalten und mir von sämtlichen beteiligten Personen unterschreiben lassen. Merke: Nur wer schreibt, der bleibt – auch im Naturschutz.

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