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Eingriffsregelung und Bauleitplanung

Tücken der Bekanntmachung bei geteilten Geltungsbereichen und Umgang mit Vermeidungsmaßnahmen

Die Rubrik „Naturschutz- und Planungsrecht“ behandelt praxisrelevante Rechtsgrundlagen und berichtet über Entwicklungen aus Rechtsprechung und Gesetzgebung.
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 Vorgezogene Ausgleichsmaßnahme für Reptilien im Kreis Höxter
Vorgezogene Ausgleichsmaßnahme für Reptilien im Kreis Höxter Julia Schenkenberger
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Gegenstand der bauleitplanerischen Abwägung ist nach § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB unter anderem die Eingriffsregelung gemäß der §§ 13 ff. BNatSchG. In dieser Abwägung wird für die gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB zu berücksichtigenden Naturschutzbelange, soweit eine Vermeidung nicht möglich ist, eine Kompensation (§ 200a Satz 1 BauGB) getroffen. Hierfür enthält das Gesetz in § 1a Abs. 3 Satz 2 bis 4 BauGB besondere konkretisierende Regelungen. Flächen und Maßnahmen zum Ausgleich können im selben, auch geteilten, Bebauungsplan festgesetzt werden oder planextern in einem weiteren sogenannten „Ausgleichsbebauungsplan“. Alternativ können auch städtebauliche Verträge über die Durchführung des Ausgleichs abgeschlossen werden oder sonstige geeignete Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden. Mit diesen Regelungen sind den Gemeinden flexible Handlungsmöglichkeiten eröffnet, um einem festgestellten Ausgleichsbedarf zu entsprechen.

Macht die Gemeinde von der Möglichkeit Gebrauch, die Ausgleichsflächen an anderer Stelle als dem Ort des Eingriffs förmlich festzusetzen und entstehen hierdurch mehrere Geltungsbereiche, so muss dies nicht nur aus der Planzeichnung hinreichend deutlich hervorgehen. Auch die öffentliche Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 BauGB muss die Lage der Ausgleichsflächen erkennen lassen, damit ihr die erforderliche Anstoßwirkung zukommt. Gleiches gilt für die Schlussbekanntmachung des Bebauungsplans nach § 10 Abs. 3 BauGB. Ein diesbezüglicher Verkündungsmangel ist als sog. Ewigkeitsmangel beachtlich und führt zur Unwirksamkeit des Plans insgesamt (OVG NRW, Urteil vom 11.10.2017 – 7 D 51/15.NE, Rn. 31). Es empfiehlt sich daher, die Geltungsbereiche sowohl im Text der öffentlichen Bekanntmachungen zu beschreiben als auch – insbesondere, wenn Flurstücke nicht vollständig in Anspruch genommen werden – durch Karten darzustellen. Dies ist ein recht häufiger und gleichzeitig vermeidbarer Fehler in öffentlichen Bekanntmachungen.

In diesem Zusammenhang gilt es auf eine aktuelle Entscheidung des BVerwG hinzuweisen, wonach eine räumliche Entkoppelung vom Eingriffsort für Vermeidungsmaßnahmen – anders als die vorgenannten Ausgleichsmaßnahmen – nicht in Betracht kommt. Erweist sich eine Vermeidungsmaßnahme als Ergebnis der planerischen Abwägung als geboten, muss dies – so das BVerwG – soweit möglich im Bebauungsplan seinen Niederschlag finden. Denn der Bebauungsplan setzt die städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde um (§ 8 Abs. 1 BauGB) und bringt dabei das Ergebnis der planerischen Abwägung zum Ausdruck. Eine dabei angestrebte Minimierung der Eingriffsfolgen ist folglich grundsätzlich durch entsprechende Festsetzungen nach Maßgabe des abschließenden Katalogs des § 9 BauGB zu regeln (BVerwG, Beschluss vom 26.11.2020 – 4 BN 31.20). Es ist daher entscheidend, sich die Unterschiede zwischen Vermeidungsmaßnahmen, die zur Vermeidung oder Verringerung der unmittelbar verursachten Auswirkungen dienen, und Ausgleichsmaßnahmen, die auf eine positive Gesamtbilanz bei bereits verursachter Beeinträchtigung abzielen, bewusst zu machen, da hiermit unterschiedliche Handlungsoptionen einhergehen.

Artenschutz als Tabuzone

OVG Rheinland-Pfalz zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung

Trotz mittlerweile umfangreicher Rechtsprechung ist die Ausweisung von Konzentrationszonen i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für die Windenergienutzung in Flächennutzungs- und Regionalplänen weiterhin mit erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten verbunden. Durch Konzentrationszonen kann der Planungsträger Windenergieanlagen (WEA) auf bestimmte Standorte konzentrieren und gleichzeitig für das übrige Plangebiet ausschließen. Diesbezüglich ist im Grundsatz zwischenzeitlich geklärt, dass der Konzentrationszonenplanung ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen muss: Der Planungsträger muss sich Gedanken machen, in welchen Gebieten die Windenergienutzung rechtlich und tatsächlich unmöglich ist (harte Tabuzonen) und in welchen lediglich nach den raumordnerischen und städtebaulichen Vorstellungen, die der Planungsträger anhand eigener Kriterien entwickeln darf, keine WEA aufgezeigt werden sollen (weiche Tabuzonen). Die verbleibenden sogenannten Potenzialflächen sind zu den konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, das heißt die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums sprechen, mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergie an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung gerecht wird. Wird der Windenergie im Ergebnis nicht in substanzieller Weise Raum verschafft, muss der Planungsträger sein Auswahlkonzept nochmals überprüfen und gegebenenfalls ändern.

So einfach klingt der Grundsatz. Wo aber im Einzelfall die Grenze insbesondere zwischen hartem und weichem Tabukriterium verläuft, ist für bestimmte Regelungsbereiche immer noch schwierig zu bestimmen. Dies gilt unter anderem für die umstrittene Einordnung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen i.S.v. § 44 Abs. 1 BNatSchG. Insoweit hat das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 26.05.2021 – 8 C 11151/20, Rn. 134 ff.) jüngst entschieden, dass selbst der grundsätzliche Schutzradius von 1.500 bzw. 1.000 m um den Horst eines Rotmilans als der wohl am stärksten windkraftgefährdeten Vogelart keine harte Tabuzone darstelle. Dies begründet es nachvollziehbar damit, dass wegen der Dynamik der Natur ein Revier, das aktuell von Rotmilanen besetzt sei, im nachfolgenden Jahr ungenutzt bleiben könne. Die Prognose, dass die Planung auf unabsehbare Zeit an einem artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand scheitern müsse, sei daher nicht möglich. Im Gegensatz zu den als harten Tabuzonen gebilligten Ausweisungen von Naturschutzgebieten, deren Verbotsregime wegen der flächenmäßigen Abgrenzung und dem darauf bezogenen Schutzgegenstand, Schutzzweck und räumlichen Geltungsbereich während der Dauer der Geltung keinen Veränderungen unterliege, sei der Artenschutz individuenbezogen. Die Einschlägigkeit von Verbotstatbeständen könne daher nicht gleichermaßen für die Geltungsdauer der Planung vorhergesehen werden. Die Ansicht überzeugt auch vor dem Hintergrund, dass sich artenschutzrechtliche Verbotstatbestände häufig durch Vermeidungsmaßnahmen ausschließen lassen, deren Wirksamkeit sich jedoch nur anhand des konkreten Vorhabens beurteilen lässt.

Zeitgeschehen

Das Recht ist nicht statisch. Auch die den Naturschutz betreffenden Verordnungen und Gesetze werden bei Bedarf angepasst. Hier informieren wir Sie über die wichtigsten Entwicklungen. Alle Änderungen können Sie über nul-online.de, Webcode NuL5715, direkt ansteuern.

Das Insektenschutzgesetz mit den nunmehr bundesweit gesetzlich geschützten Biotopen Mähwiesen nach Anhang I der FFH-RL und Streuobstwiesen (NuL 8/21) ist am 30.08.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl. Teil I Nr. 59).

Die Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH über die mögliche SUP-Pflicht bei der Änderung von Schutzgebietsverordnungen (NuL 9/21) wurden am 16. September veröffentlicht und können auf www.curia.eu (Rechtssache C-300/20) abgerufen werden.

Autoren

Rechtsanwälte Andreas Lukas und Dr. Jessica Schröter von der auf öffentliches Bau- und Umweltrecht spezialisierten Kanzlei Jeromin I Kerkmann mit Sitz in Andernach. Anregungen senden Sie gerne an Rechtsfachwirtin Laura Klaes ( klaes@jeromin-kerkmann.de).
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