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Editorial | Eckhard Jedicke

Insektenschutz mit Wirkung: Auslöser für eine Wende in der Landschaftsnutzung?

Das Sterben der Insekten hat die Biodiversitätskrise zu einem politisch und gesellschaftlich diskutierten Thema gemacht. Professionelle bürgerwissenschaftliche Arbeit lieferte den Anstoß, zahlreiche wissenschaftliche Studien haben nachgelegt. Das macht bei allen Katastrophenmeldungen Mut: Es kann doch gelingen, Herausforderungen des Naturschutzes in die Medien zu bringen und politisches Handeln zur Lösung in Gang zu setzen. Anlass für uns, die Juli-Ausgabe einer solchen Lösungssuche für den Insektenschutz zu widmen.
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Prof. Dr. Eckhard Jedicke
Prof. Dr. Eckhard JedickeDr. Moustafa Selim
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Vier Schlüsselfaktoren für Diversität

Das Vorkommen von Insekten hängt in hohem Maße von der Existenz spezifischer Strukturen und Qualitätsmerkmalen in der Landschaft ab. Thomas Fartmann und sein Team beschreiben dazu vier Schlüsselfaktoren: warmes Mikroklima, eine große Phytodiversität, hohe Habitatheterogenität und Reichtum an Totholz. Aus der Kenntnis dieser Zusammenhänge lassen sich wirksame Maßnahmen ableiten. In der Diskussion noch kaum beachtet wird die hohe Bedeutung extensiver Viehweiden für den Insektenschutz: Eine Arbeitsgruppe um Jörn Buse wies auf Rinderweiden im Nordschwarzwald allein 70 % der in Baden-Württemberg vorkommenden Dungkäferarten nach. Sie zeigen, dass eine langjährige Weidekontinuität, eine möglichst lange Weideperiode im Jahr und die Beschränkung der Anwendung von Antiparasitika auf die Zeit der winterlichen Aufstallung zentral für den Insektenschutz sind.

Fahrplan zum Insektenschutz

Um aber das Ruder im Insektenschutz tatsächlich herumzuwerfen, bedarf es tiefgehender Maßnahmen in allen Landschaftstypen. Die Landwirtschaft ist zwar ein wichtiger Akteur, aber bei Weitem nicht der einzige. Als komprimiertesPolicy Paper fasse ich im dritten Hauptbeitrag die wesentlichen Ergebnisse unseres soeben in derPraxisbibliothek Naturschutz und Landschaftsplanung erschienenen Fachbuchs zum Insektensterben zusammen: Aus den Hauptursachen lassen sich 33 Maßnahmenbereiche als Fahrplan für einen wirksamen Insektenschutz ableiten. Sie erzeugen einen Mehrfachnutzen, indem sie eine breite Multifunktionalität von Landschaften und vielschichtige Ökosystemleistungen fördern. Damit dienen die Insekten als Indikatoren und Stellvertreter für einen grundlegenden Wandel in der Landnutzung und im Umgang mit natürlichen Ressourcen. Klar ist: Es besteht kein Wissensdefizit, auch wenn Forschung notwendig bleibt, sondern ein Umsetzungsdefizit.

Und die Politik? Sie zaudert ...

In diesen Tagen stellt die Politik entscheidende Weichen. Nach langem Ringen haben sich Agrar- und Umweltausschuss des Bundestags auf das Insektenschutzgesetz geeinigt, das nach Redaktionsschluss quasi in letzter Minute der Legislaturperiode noch Bundestag und -rat passieren soll. 65 Mio. € wird der Bund bereitstellen, um der Landwirtschaft Ausgleich für Verbote bestimmter Pestizide in Schutzgebieten zu zahlen. Das Bundesnaturschutzgesetz soll ergänzt werden. Die Einigung im Trilog zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU stand jedoch noch aus – der für den Insektenschutz notwendige grundlegende Wandel lässt aber so oder so auf sich warten. Ungeachtet der Details hat der Bundestag die Umsetzung der GAP in Deutschland beschlossen. Damit steht fest: Wirksamer Insektenschutz mit der Landwirtschaft braucht einen nochmaligen Neustart. Hoffnung knüpft sich an die Anfang Juni gestartete UN-Dekade zur Renaturierung: Die Wiederherstellung von Ökosystemen ist auch ein Schlüssel für den Insektenschutz. Es bleibt riesig viel zu tun!

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