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Editorial | Eckhard Jedicke

Pestizide in Schutzgebieten: Der Normalfall muss zur Ausnahme werden

Schutzgebiete dienen dem Schutz und der Entwicklung der Natur. So definiert es etwas differenzierter das Naturschutzgesetz. Eigentlich logisch, dass anthropogene Nutzungsinteressen in diesen Vorrangräumen des Naturschutzes hintanstehen. Doch weit gefehlt. Spätestens die Krefelder Studie, welche vor dreieinhalb Jahren die große Debatte um das Insektensterben auslöste, stellte klar: Selbst in den Kernräumen des Naturschutzes ist die Welt alles andere als in Ordnung und ist der Rückgang der Biodiversität nicht gestoppt; im besten Fall ist sie verlangsamt. Doch woran liegt das?
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Prof. Dr. Eckhard Jedicke
Prof. Dr. Eckhard JedickeDr. Moustafa Selim
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Pestizide nur selten untersagt

Relevant wirkt der Pestizideinsatz: Eine Studie für das Umweltbundesamt, welche wir in diesem Heft vorstellen, analysierte 1.756 Schutzgebiete in Niedersachsen – mit erschreckenden Ergebnissen: Wirklich verboten (zum Teil mit Ausnahmemöglichkeit) sind Pestizide nur auf 25 % der Fläche niedersächsischer Naturschutzgebiete, 26 % der FFH- und < 1 % der Vogelschutzgebiete. In Sachsen betrifft das gar nur 4 % der Naturschutz- und nahe 0 % der anderen Schutzgebiete. Der ungehinderte oder lediglich anzeigepflichtige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist der Normalfall in deutschen und vor allem europäischen Schutzgebieten. Und das, obwohl viele Managementpläne genau diesen Faktor als eine Gefährdungsursache benennen. Wundert es da noch, dass der rechtlich bindend zu erreichende gute Erhaltungszustand im Gros der Natura-2000-Gebiete weder für Lebensraumtypen noch für zu schützende Arten besteht? Und dabei geht es um weit mehr als nur die Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien, es geht um die gesamte Biodiversität, gesunde Böden und Gewässer, nicht zuletzt auch die menschliche Gesundheit. Gerade erst wies eine Metastudie mit fast 400 ausgewerteten Publikationen weltweit nach, wie stark die Bodenbiodiversität durch Pestizide beeinträchtigt wird: Gut 70 % der untersuchten Parameter zeigten eine Beeinträchtigung der Wirbellosen im Boden, obwohl sie ja den Pestiziden in der Regel nicht direkt ausgesetzt sind.

Rechtliche Grundlagen verbessern

Die klare Botschaft: Eine schärfere Regelung für den Pestizideinsatz in Schutzgebieten wirkt essenziell, um die Schutzziele erreichen zu können. Mindestens notwendig ist die Pflicht, dass der Pestizideinsatz in und in der Nähe von Natura-2000-Gebieten den Naturschutzbehörden vorher anzuzeigen und von diesen auf Verträglichkeit zu prüfen ist. Wenn erhebliche Schäden für geschützte Biotope, Lebensraumtypen und Arten nicht auszuschließen sind, muss der Einsatz rechtssicher untersagt werden können. Es bleibt spannend, ob beziehungsweise wie diese Notwendigkeit im Insektenschutzgesetz des Bundes geregelt wird, das in diesen Tagen Bundestag und Bundesrat passieren soll.

Wildbienen und Artenschutzprüfung

Davon würden besonders auch Wildbienen profitieren, für die wir in dieser Ausgabe eine bundesweite Modellierung der Habitateignung vorstellen. Als Indikatoren für die Bestäubung eignen sie sich als wichtige Ökosystemleistung. Der dritte Hauptbeitrag beinhaltet eine Replik auf die kritische Analyse der Arbeitshilfe des Bundesamtes für Naturschutz zur arten- und gebietsschutzrechtlichen Prüfung bei Freileitungsvorhaben, die wir im Märzheft unter dem TitelArtenschutz mit dem Rechenschieber? veröffentlichten. Der fachliche Diskurs ist uns wichtig, daher stehen wir als Fachmedium für kritische Debatten stets gern zur Verfügung.

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