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Schmitz' Sternstunden

Kleines Wunder, große Wirkung

Baustellenpersonal wird nachgesagt, dass es eher roh und ruppig sei und wenig empathisch für Tier und Pflanze. Ich habe selbst lange die Schaufel geschwungen, und deshalb weiß ich: Oft kommt das Klischee nicht von ungefähr. Als Umweltbauüberwacherin muss ich heute den Spagat schaffen, den „Baustellenjungs“ das Verständnis für den oft komplexen Umwelt- und Naturschutz auf einfache und verständliche Art näher zu bringen. Verloren hat die Umweltbaubegleitung, wenn sie einen „pädagogisch wertvollen“ Ton anschlägt und versucht, ihre Botschaften mit erhobenem Zeigefinger näherzubringen.
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Nicht immer ist es einfach, diesen Spagat zu bewältigen. Aber manchmal hilft die Natur ein bisschen mit: Auf dieser Baustelle kommt mir ein sogenannter „Froschregen“ entgegen.

Ziel hier: Im Vorlauf zum (vergleichsweise) kleinen Eingriff – der Erneuerung eines kleinen Beton-Durchlasses – die Flächen zauneidechsen- und amphibienfrei bekommen. Das andere Büro, welches die Vorplanung hierzu gemacht hatte, hatte zwar einige Exemplare der Zauneidechse prognostiziert, die Erdkröte allerdings nur vermutet.

Entsprechende Zäune werden rechtzeitig und ordentlich gestellt (vorbildlich!) und die Vegetation der Baueinrichtungsfläche als Vergrämungsmaßnahme kurzgehalten. Auch das Absammeln der Reptilien stellt kein Problem dar. Alles im grünen Bereich. Scheinbar.

Doch es kommt anders: An einem Tag im Juli, wenige Wochen vor Baubeginn, komme ich auf die Baustelle. Ich sehe den Projektleiter auf der Baueinrichtungsfläche stehen. Er sieht mich unglücklich an. Grund für seine Verzweiflung: Überall um ihn herum wuselt es von kleinen dunklen Baby-Erdkröten, die sich auf den Weg Richtung Wald gemacht haben, um erwachsen zu werden. Offensichtlich haben die Tiere den alten Betondurchlass nun doch als Übergang ansprechend genug gefunden.

Ich greife meinen Eimer und fange an, die Babys vorsichtig abzusammeln und außerhalb des Zaunes freizulassen. Der Projektleiter zögert nicht, lässt sich auf die Knie sinken (trotz „feiner“ Klamotten) und sammelt mit. Seine Sympathiepunkte bei mir steigen damit schlagartig.

Da kommt ein Auto angefahren, es ist der Bauleiter der ausführenden Firma. Er lacht über das Bild der zwei im Dreck kriechenden Menschen und reißt Witze. Der Projektleiter sieht auf. „Klappe halten, herkommen, runter, mitsammeln!“ Der neu Hinzugekommene verstummt, zurechtgestutzt, kommt dann der Aufforderung nach. Ich nehme einen kleinen Hüpferling vorsichtig in die Hand und zeige ihn dem Bauleiter. Da wird der plötzlich ganz weich: „Oh niedlich, die haben ja richtig kleine Gesichtchen!“

Am Abend, auch nach Rücksprache über das weitere Vorgehen mit den entsprechenden Stellen, fahre ich müde und zufrieden nach Hause. Mit dem Wissen im Herzen, dass ich zwei gestandenen Baustellenmännern das Herz für die kleinen, wichtigen Dinge geöffnet habe.

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