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Bauliche Nutzung im Verfahren des § 13b BauGBMischgebiete nicht im beschleunigten Verfahren ausweisenOVG Koblenz, Urteil v. 7. 6. 2018 – 1 C 11757/17

§ 13b BauGB wurde im Mai 2017 in das Baugesetzbuch (BauGB) aufgenommen mit dem Ziel, den Wohnungsbau zu erleichtern. Die Regelung war von Beginn an umstritten. Der Bundesrat hat im Gesetzgebungsverfahren kritisiert, dass durch die Vorschrift in besonders sensiblen Außenbereichsgebieten ohne Rücksicht auf die Belange des Natur- und Bodenschutzes neue Baugebiete ausgewiesen werden könnten. Ein weiterer Flächenverbrauch sei ohne Umweltprüfung und ohne Ausgleichsmaßnahmen nicht zu akzeptieren.

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Die Bebauung im Zuge von § 13b BauGB muss direkt an den vorhandenen Siedlungsbereich anschließen und diesen abrunden.
Die Bebauung im Zuge von § 13b BauGB muss direkt an den vorhandenen Siedlungsbereich anschließen und diesen abrunden.Tjards Wendebourg
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Mit § 13b BauGB wird der Anwendungsbereich des § 13a BauGB ausgeweitet. § 13a gilt für die Aufstellung von Bebauungsplänen der Innenentwicklung. Damit sind Bebauungspläne für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung gemeint. § 13b BauGB regelt ein beschleunigtes Bebauungsplanverfahren für Bebauungspläne, deren Geltungsbereiche sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Die Reichweite von § 13b BauGB ist auf Bebauungspläne begrenzt, die eine Grundfläche i. S. d. § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10 000 m² haben und durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen begründet wird.

Der Begriff der Wohnnutzung wird in § 13b BauGB nicht bestimmt, auch enthält die Gesetzesbegründung keine Hinweise des Gesetzgebers. Die Rechtsprechung verfolgt bislang auch keine klare Linie. § 13b BauGB bezieht Außenbereichsflächen ausdrücklich in den Anwendungsbereich des beschleunigten Verfahrens mit ein. Voraussetzung für diese Einbeziehung ist aber, dass die Außenbereichsfläche an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil anschließt. Nach der Rechtsprechung bedeutet „anschließen“ i. S. d. § 13b Satz 1 BauGB mehr als das bloße Bestehen einer irgendwie gearteten gemeinsamen Grenze. Eine schlichte Berührung eines untergeordneten Teils des Plangebiets mit einem bestehenden, im Zusammenhang bebauten Ortsteil genügt für den Anschluss an einen solchen Ortsteil nicht. Auch die von diesem Ortsteil am weitesten entfernte Bauparzelle im Geltungsbereich des Bebauungsplans muss noch in einem städtebaulich räumlichen Zusammenhang mit dem bisherigen Siedlungsbereich stehen, an den anzuschließen ist. Der vorhandene Siedlungsbereich darf lediglich abrundend in den Außenbereich hinein erweitert werden.

Die unter § 13b BauGB fallende Bebauungspläne können im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Für die Gemeinde bedeutet dies, dass sie für Bebauungspläne die unter diese Regelung fallen, keinen Umweltprüfung durchführen muss. Auch ist die Gemeinde nicht verpflichtet, für die Folge des Plans zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft i. S. von § 14 BNatSchG Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen festzulegen. Daher kann es hier auch zu einem Umweltschaden kommen, für den die Gemeinde unter Umständen auch in der Haftung liegt.

Unabhängig davon ist die Gemeinde aber verpflichtet, die ihre Planung berührenden Umweltbelange nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 und Abs. 7 BauGB in der Abwägung zu berücksichtigen. Auch hat die Gemeinde im Rahmen ihrer Abwägung die allgemeinen Vorgaben an die Bauleitplanung zu berücksichtigen, vgl. § 1a Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB. Vor einer Inanspruchnahme des Außenbereichs muss die Gemeinde die in § 1a Abs. 2 Satz 1 genannten Maßnahmen der Innenentwicklung nutzen. Eine fehlende Auseinandersetzung mit dieser Vorschrift kann zu einem Abwägungsfehler führen.

§ 13b BauGB darf nicht angewandt werden, wenn es sich um ein UVP-pflichtiges Vorhaben handelt oder wenn sich in der Nähe ein Natura-2000-Gebiet befindet, das durch den Bebauungsplan erheblich beeinträchtigt werden könnte.

Gesetzesänderungen

Informationen zur Änderung der aktuellen Gesetzgebung finden sie unter WebcodeNuL4122 .

Das OVG Koblenz hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob § 13b BauGB anwendbar ist, wenn der Bebauungsplan nicht auf eine reine Wohnnutzung beschränkt ist, sondern ein Mischgebiet einschließt.

Im vorliegenden Fall umfasst der Bebauungsplan einen Geltungsbereich von 1,06 ha, wobei für eine Fläche von insgesamt ca. 0,7 ha ein beschränktes Mischgebiet festgesetzt wurde. Das Plangebiet grenzt im Norden, im Westen und im Osten an Wohnbebauung. Südlich grenzt das Plangebiet an unbeplante Grünflächen. Das Bebauungsplanverfahren sollte im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB als „Bebauungsplan der Innenentwicklung“ durchgeführt werden. Ein Hinweis gemäß § 13a Abs. 3 BauGB auf die Aufstellung des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren erging nicht. Der Bebauungsplan wurde als Satzung beschlossen.

Dagegen stellte die Eigentümerin eines unbebauten Grundstücks einen Normenkontrollantrag. Zur Begründung trug die Antragstellerin vor, der Bebauungsplan sei sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtsfehlerhaft und deshalb unwirksam. Ein durchgreifender Verfahrensfehler beruhe darauf, dass die Antragsgegnerin das Bebauungsplanverfahren als beschleunigtes Verfahren durchgeführt habe, weil weder die Voraussetzungen des § 13a BauGB noch die des § 13b BauGB gegeben seien. § 13a BauGB scheide als Rechtsgrundlage der Planung aus, weil die überplante Fläche im Außenbereich liege. Der Zulässigkeit des beschleunigten Verfahrens nach § 13b BauGB stehe der Umstand entgegen, dass der Bebauungsplan ein Mischgebiet festsetze.

Das OVG Koblenz hat den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Der Bebauungsplan leide an einem gemäß § 214 BauGB beachtlichen Fehler. Die Voraussetzungen für die Aufstellung des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren seien weder nach § 13a BauGB noch nach § 13b BauGB gegeben.

Der Bebauungsplan verschiebe die äußeren Grenzen des Siedlungsbereichs der Antragsgegnerin in den Außenbereich. Eine Anwendung des § 13a BauGB scheide aus, weil das Plangebiet nicht ringsum von Bebauung umgeben sei, vielmehr in südlicher Richtung unbebaute Außenbereichsflächen an das Plangebiet angrenzten. Der Einwand der Antragsgegnerin, das Aufstellungsverfahren erfülle jedenfalls die Voraussetzungen des § 13b BauGB, gehe fehl.

Denn die Voraussetzungen des § 13b BauGB seien bereits deshalb nicht gegeben, weil die Rechtsgrundlage dafür zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch nicht vorgelegen habe. Auch seien die materiellen Voraussetzungen des § 13b BauGB nicht gegeben. Nach dieser Bestimmung gilt § 13a BauGB bis zum 31. Dezember 2019 entsprechend für Bebauungspläne mit einer Grundfläche im Sinn des §13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10 000 m², durch die die Zulässigkeit von Wohnbebauung auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen.

Diesen inhaltlichen Anforderungen entspricht der streitige Bebauungsplan deshalb nicht, weil er eine bauliche Nutzung als (beschränktes) Mischgebiet festsetzt und damit neben der Zulässigkeit von Wohnbebauung gleichgewichtig die Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, zum Ziel hat. Hierfür bietet § 13b BauGB indessen keine Ermächtigungsgrundlage, weil diese Bestimmung nur für Bebauungspläne in Betracht kommt, durch die ausschließlich eine Wohnnutzung (reines oder allgemeines Wohngebiet gegebenenfalls auch mit weiteren Einschränkungen) begründet wird.

Die fehlerhafte Wahl des beschleunigten Verfahrens statt des gebotenen Regelverfahrens habe dazu geführt, dass die Antragsgegnerin rechtswidrig unterlassen habe, eine Umweltprüfung i. S. d. § 2 Abs. 4 BauGB durchzuführen und nach § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB einen Umweltbericht zu erstellen, der als Teil der Begründung (§ 2a Satz 3 BauGB; § 9 Abs. 8 BauGB) nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit dem Entwurf des Bebauungsplans öffentlich auszulegen gewesen sei.

Dieser Fehler sei – anders als die fehlerhafte Wahl des beschleunigten Verfahrens als solche – beachtlich, weil insoweit ein in § 214 BauGB geregelter Fall der Unbeachtlichkeit nicht vorliege. Zwar sei es für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich, wenn – wie vorliegend – die nach § 13a Abs. 3 BauGB erforderlichen Hinweise auf die Durchführung des beschleunigten Verfahrens ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB unterblieben seien. Das Fehlen eines Umweltberichts als Folge der fehlerhaften Durchführung des beschleunigten Verfahrens sei jedoch ein gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB beachtlicher Fehler.

Autoren

Ass. jur.Jochen Schumacher und Dipl.-Biol.Anke Schumacher arbeiten am Institut für Naturschutz und Naturschutzrecht Tübingen. Das Institut ist interdisziplinär orientiert und befasst sich insbesondere mit Fragestellungen, die sowohl naturschutzfachlich-ökologische Aspekte als auch (umwelt- und naturschutz-)rechtliche Problemstellungen aufweisen.

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