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Urteil zum Wisent-AuswilderungsprojektVG Arnsberg, Urt. v. 11.2.2019 – 8 K 3532/17

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Wisente besiedelten einst die Wälder Europas. Heute sind sie fast nur noch in zoologischen Gärten anzutreffen.
Wisente besiedelten einst die Wälder Europas. Heute sind sie fast nur noch in zoologischen Gärten anzutreffen.Schenkenberger
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Das VG Arnsberg hat die Klagen von vier Waldbesitzern im Kreis Olpe gegen das Ausbringungsprojekt für Wisente im Rothaargebirge abgewiesen.

Im Rahmen eines Auswilderungsprojekts wurden im Jahr 2010 Wisente aus verschiedenen Gehegen, Zoos und Tierparks in Deutschland und Belgien in einem 88 ha großen abgesperrten Eingewöhnungsgehege im Kreis Siegen-Wittgenstein angesiedelt. Im April 2013 wurde eine Gruppe von acht Wisenten aus dem umzäunten Bereich freigelassen, um diese im 4.300 ha großen Projektgebiet auszuwildern. Mittlerweile ist die Herde nach Angaben des Trägervereins Wisent-Welt auf 20 Tiere angewachsen.

Die freigelassenen Tiere, die bei ihren Wanderungen durch das Rothaargebirge das Projektgebiet verlassen haben, hielten sich in der Vergangenheit wiederholt auf den Grundstücken der klagenden Waldbesitzer auf. Die Tiere verursachten vor allem durch das Abfressen der Rinde von Buchen und Fichten sogenannte Schälschäden an den Bäumen. Die entstandenen Schäden wurden aus einem Fonds beglichen.

Am 8. April 2013 hatten das Land Nordrhein-Westfalen und der Kreis Siegen-Wittgenstein mit dem Trägerverein Wisent-Welt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen, in dem die Einzelheiten der Ausbringung der Wisente geregelt wurden. Dieser Vertrag ersetzt eine verwaltungsrechtliche Ausbringungsgenehmigung. Die Waldbesitzer klagten gegen diesen Vertrag: Er sei unwirksam, weil nicht die Vertragsbeteiligten, sondern das Bundesamt für Naturschutz (BfN) für die Erteilung der darin geregelten Ausbringungsgenehmigung sachlich zuständig gewesen sei. Die Kläger sind der Auffassung, dass sie nicht zur Duldung der entstandenen Schäden verpflichtet seien. Außerdem fordern sie, dass alle ausgebrachten Wisente eingefangen beziehungsweise Maßnahmen ergriffen werden, die verhindern, dass die Tiere die Wälder der Kläger betreten.

Das Gericht ist der Argumentation der Kläger nicht gefolgt. Durch den öffentlichen Vertrag sei eine verwaltungsrechtliche Genehmigung der Ausbringung ersetzt worden. Da den Waldbesitzern ein Anfechtungsrecht gegen eine solche Ausbringungsgenehmigung für Wisente nicht zugestanden hätte, könnten sie sich auch nicht mit Erfolg gegen den diese Genehmigung ersetzenden Vertrag wenden.

Nach § 40 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG a. F. (alte Fassung) bedarf das Ausbringen von Tieren in der freien Natur der Genehmigung der zuständigen Behörde. Diese Voraussetzungen liegen für das Ausbringen der Wisente vor. Gemäß § 40 Abs. 5 BNatSchG a. F. werden Genehmigungen nach Absatz 4 bei im Inland noch nicht vorkommenden Arten vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) erteilt. Vorliegend war diese Zuständigkeit aber nicht begründet, weil es sich bei dem Wisent nicht um eine im Inland noch nicht vorkommende Art handelt. Vor diesem Hintergrund könnten die Kläger von den Beklagten schließlich auch weder eine Vertragskündigung beanspruchen noch dass die Wisente eingefangen würden. Da der Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht unmittelbar auf ein Betreten der Grundstücke der Kläger durch die Wisente mit den damit verbundenen Baumschäden abgezielt habe, sei der Vertragsschluss nicht die eigentliche Ursache für die beanstandeten Schäden.

Drittschutz vermittelt die Vorschrift des § 40 Abs. 4 BNatSchG a. F. dem Kläger als von der Ausbringung betroffenem Grundstückseigentümer nicht. § 40 Abs. 4 BNat SchG a. F. ist eine an die Verwaltung gerichtete reine Aufgabennorm. Die hier genannten Versagungsbelange stellen ausschließlich Gründe für das öffentliche Interesse dar und begründen keine individuelle Rechtsposition.

Wisente sind in Anhang IV der FFH-Richtlinie als prioritäre Art gelistet und nach den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) streng geschützt. Der Wisent (Bison bonasus ) ist das letzte noch in Europa vorkommende Wildrind und das größte Landsäugetier des Erdteils. Ursprünglich besiedelte die Art die Wälder fast ganz Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. In Deutschland starb die Art vor dem Jahr 1700 aus. Mitte des 19. Jahrhunderts lebte nur noch in Ostpolen im Urwald von Bialowieza eine größere Anzahl von Tieren. Mitte der 1920er-Jahre lebten nur noch 29 Bullen und 25 Kühe in Zoologischen Gärten. Auf zwölf dieser Tiere gehen alle heute lebenden Wisente zurück. Der größte freilebende Bestand der Art mit über 500 Tieren lebt heute wieder im Urwald von Bialowieza.

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