EU-Umweltparlamentarier fordern naturverträglichere Agrarpolitik
Inwieweit sie damit durchdringen, ist zwar noch offen. Einen Zwischenerfolg konnten die Europaabgeordneten des Umweltausschusses aber bereits erzielen, nachdem sie ihr Mitbestimmungsrecht zuvor erkämpfen mussten. Am 14. Februar stimmten sie nämlich über einen der beiden Hauptakte zur zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) ab. Dabei sprachen sie sich, auch mit Unterstützung aus dem konservativen Lager, für eine umwelt- und naturverträglichere GAP aus.
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Zur Abstimmung stand der vom Berichterstatter Giovanni La Via verfasste Text über die GAP-Strategiepläne-Verordnung nebst der eingegangenen 1 796 Änderungsanträge. Diese Verordnung stellt das Kernregelwerk der künftigen GAP dar, denn in ihr wird die Architektur der Agrarpolitik konkretisiert. Sie bestimmt damit zwar nicht über die Mittelzuweisung aus dem Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR) und auch nicht über die tradierte Zweisäulenstruktur der GAP. Geregelt werden aber für den Umwelt- und Naturschutz relevante Fragen wie Konditionalitäten oder Zweckbindung der Mittel. Worauf haben sich die Umweltparlamentarier geeinigt (Volltext siehe WebcodeNuL4061 )?
Zum einen fordern sie, ab dem Jahr 2021 deutlich stärker in den Schutz von Arten und Lebensräumen zu investieren. Sie empfehlen in der Präambel, künftig 15 Milliarden Euro des EU-Agrarbudgets jährlich in den Schutz der Biodiversität fließen zu lassen; dies entspricht im Übrigen der Summe, die für einen Naturschutzfonds auf EU-Ebene genannt wurde (für den sich die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag eigentlich starkmachen wollte). Um auf diese Summe zu kommen, müssen die prioritären Aktionsrahmen (PAFs), die die nationalen Naturschutzbehörden für die finanzielle Bedarfsanalyse zur Umsetzung von Natura 2000 erstellen, rechtsverbindlich als Basis für die GAP-Strategiepläne verankert werden. Umwelt- und Landwirtschaftsbehörden wären also gezwungen, bei der Agrarpolitik stärker zusammenzuarbeiten. Das dürfte neben dem finanziellen Aspekt auch die Qualität der Maßnahmen verbessern.
Zum Zweiten fordern die Ausschussmitglieder, den Umweltschutz gegenüber dem Kommissionsvorschlag generell zu stärken: Mindestens 30 Prozent der Ersten Säule sollen demnach für die sogenannten Eco-Schemes reserviert werden. Zudem sollen mindestens 40 Prozent der Zweiten Säule für Umweltleistungen verwendet werden. Für beide Säulen ergibt sich eine signifikante Steigerung gegenüber dem Kommissionsvorschlag. Dieser hatte für die Eco-Schemes noch gar kein festes Budget vorgesehen und für die Zweite Säule nur 30 Prozent.
Auch innerhalb der Konditionalität – also der Standards, die eingehalten werden müssen, um generell Leistungen aus der GAP zu beziehen – werden entscheidende Verbesserungen gefordert. Die ökologischen Vorrangflächen sollen nun einen Anteil von 7 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ausmachen, wobei auf diesen Flächen keine Produktion stattfinden darf. Die Kommission hatte in ihrem Vorschlag noch keinen verbindlichen Flächenanteil genannt.
Weitere Punkte wie die Vorgabe zur Fruchtfolge wurden gestrafft; diese muss sich nun über mindestens vier Jahre erstrecken. Neu ist die nun beschlossene Koppelung der Tierhaltung an die verfügbare Fläche eines Betriebs. Nach den Vorstellungen der Umweltparlamentarier sollen zukünftig durchschnittlich nur noch 0,7 Großvieheinheiten pro Hektar gehalten werden. Der Tierbestand und damit auch der Ressourcenverbrauch der Landwirtschaft dürften hierdurch insgesamt sinken.
Welche Folgen hat diese Abstimmung und wie geht es weiter? Die Änderungsvorschläge des Umweltausschusses sind inzwischen an die Kollegen des Agrarausschusses geschickt worden. Diese dürften am 2. April über ihren Bericht abstimmen (Stand Redaktionsschluss). Dabei können sie Vorschläge übernehmen oder eigene Anträge zum Kommissionsvorschlag formulieren; die bisherige Debatte im Agrarausschuss deutet leider auf wenig ambitionierte Vorschläge hin. Beide Texte würden dann dem Plenum des Europaparlaments vorgelegt, welches das finale Wort hat. Da entsprechende Vorlaufzeiten vor der Europawahl nicht mehr eingehalten werden können, wird sich wohl erst das Plenum des neuen Europaparlaments mit der Sache befassen. Es bleibt also spannend, wie es mit dieser haushalts- und umweltrelevanten EU-Politik weitergeht.
Autor
Raphael Weyland ist Rechtsanwalt und Umweltexperte. Er arbeitet seit 2015 für den NABU in Brüssel, unter anderem zum Thema Naturschutz und zu Querschnittsthemen wie MFR, SDGs oder „Better Regulation“.
Dr. Raphael Weyland, NABU, Büroleiter Brüssel
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