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Noch wird gearbeitet

EU-Institutionen vor der Europawahl

Mit dem Nahen der Europawahl klingt das Arbeitsprogramm bei Kommission und Parlament zwar ab, aber einige auch für die Umwelt wichtige Entscheidungen stehen noch aus.

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Es geht auch anders: Extensive Bewirtschaftung fördert Arten und schützt die Umwelt.
Es geht auch anders: Extensive Bewirtschaftung fördert Arten und schützt die Umwelt.Wendebourg
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Nach Staffel- beziehungsweise Stiftübergabe startet diese Kolumne mit Neujahrsgrüßen und einem kurzen Rundumschlag aus Brüssel. Zwar ist in der Hauptstadt der EU – nicht nur wegen der Debatten über die Spitzenkandidaten der politischen Gruppierungen – schon seit ein paar Monaten das Nahen der Europawahl im Mai 2019 spürbar. Naturgemäß reduziert die EU-Kommission damit ihre gesetzgeberischen Initiativen und versucht, noch laufende Arbeiten abzuschließen. Gleichwohl stehen noch einige Entscheidungen aus, die auch für den Umwelt- und Naturschutz Bedeutung haben.

Es geht ums Geld: die Debatte über den EU-Haushalt

Um mit einem wichtigen Querschnittsthema zu beginnen: Die Debatte über den EU-Haushalt (Mehrjähriger Finanzrahmen, MFR) kommt langsamer voran als von einigen erhofft. Zwar tagen die verschiedenen Ratsformationen fleißig und der primär für das Abgrenzen der sogenannten Verhandlungsbox zuständige Rat für Allgemeine Angelegenheiten berät das Thema auf fast jeder Sitzung, aber an mathematischen Grundsätzen kommen eben auch die Außenminister nicht vorbei. Schließlich können bei den durch den Brexit drohenden Einschnitten nicht gleichzeitig neue Politikwünsche etwa im Bereich Militär finanziert werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Mitgliedstaaten an traditionellen Politiken wie der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) festhalten, die immer noch einen Großteil des künftigen MFR ausmachen soll und weiterhin auf die von verschiedener Seite auch ökonomisch als ineffizient bewerteten Direktzahlungen setzt. Am 13. und 14. Dezember tagte der Europäische Rat, um über den MFR zu beraten (WebcodeNuL4061 ). Offenbar haben die Staats- und Regierungschefs sich beim Zeitplan aber bereits von der Idee verabschiedet, noch vor der Europawahl eine MFR-Einigung zu erzielen. Stattdessen peilen sie nun Herbst 2019 an. Umweltverbände wie der NABU kritisieren, dass vor allem die inhaltliche Debatte viel zu kurz kommt. Obwohl uns immer neue Analysen aufzeigen, dass dringendes Handeln gegen die Biodiversitätskrise und den Klimawandel nötig ist, und obwohl vor Kurzem die globalen Konferenzen hierzu in Scharm El-Scheich und Katowice stattfanden, steuern die Mitgliedstaaten beim MFR bisher noch nicht nach (etwa indem sie Mittel für die Naturschutzfinanzierung zweckbinden). Damit vergeben sie die Chance, auf EU-Ebene für knapp das nächste Jahrzehnt Finanzmittel aus Politiken abzuziehen, die die Umwelt und Natur schädigen, und in Nachhaltigkeit zu investieren!

„Better Regulation“ oder Gute Rechtsetzung

An einem weiteren Querschnittsthema, den Rechtsetzungsmodalitäten des sogenannten „Better Regulation“-Ansatzes, wird innerhalb der EU-Kommission zumindest noch leicht gefeilt, auch wenn diesbezüglich keine politischen Entscheidungen mehr zu erwarten sind. Im Oktober 2018 führte die EU-Kommission eine öffentliche Konsultation durch, um Interessengruppen nach ihren Erfahrungen unter anderem zu den im entsprechenden Leitfaden niedergelegten Vorgaben für „Fitness Checks“ oder „Impact Assessments“ zu fragen (WebcodeNuL4061 ). Mit seinem Dachverband BirdLife Europe hat der NABU kritisiert, dass die „Better Regulation Guidelines“ den Fokus immer noch zu stark auf den bürokratischen Aufwand von Gesetzen legen und damit insgeheim Deregulierung betreiben. Gute Rechtsetzung sollte stattdessen das öffentliche Interesse in den Mittelpunkt stellen. Vom Prozess her sollte die EU-Kommission weniger Zeit damit verbringen, bestehende Gesetze – meist sind es Umweltrechtsakte – zeitaufwendig zu überprüfen. Erforderlich wäre vielmehr eine Um- und Durchsetzungsinitiative für bestehende Gesetze, um den oft mühsam ausgehandelten Richtlinien und Verordnungen wie etwa der Wasserrahmenrichtlinie überhaupt die Chance zu geben, sich zu bewähren. Daneben könnten Prinzipien der Guten Rechtsetzung stärker zur Politik-Kohärenz beitragen, wenn in ihnen verbindlich ein „Leitprinzip Nachhaltigkeit“ verankert würde. Aus Effektivitätsgründen sollte die EU-Kommission sich dort, wo sie neue Herausforderungen angeht, wieder stärker auf echte Gesetzgebungsakte konzentrieren, anstatt in mühsamen Prozessen lange unverbindliche Leitfäden zu entwerfen. Welche Änderungen der neuen EU-Kommission konkret vorgeschlagen werden, bleibt abzuwarten. Ergebnisse der Überprüfung werden bis Mitte 2019 erwartet. Eine ausführliche Übersicht von Dr. Raphael Weyland zu diesem Thema finden Sie unter WebcodeNuL4061 .

LIFE-Programm und Umweltrat

Wenden wir uns einigen unmittelbareren Umwelt- und Naturschutzthemen zu: Kurz nach Veröffentlichung des MFR-Vorschlags hat die EU-Kommission auch die Entwürfe für die einzelnen Fonds und Programme veröffentlicht. Und anders als bei der GAP, bei der die Landwirtschaftsminister wichtige Entscheidungen direkt im MFR getroffen sehen möchten und über weitere Details noch nicht abschließend beraten, solange sie die Höhe der ihnen zugeteilten Mittel nicht kennen, wird beim LIFE-Programm zumindest im EU-Parlament Tempo gemacht. Nachdem der dort federführende Umweltausschuss am 20. November über den Bericht des Europaabgeordneten Gerben-Jan Gerbrandy abstimmte, erfolgte die finale Positionierung des Plenums am 11. Dezember (WebcodeNuL4061 ). Vonseiten der Umweltverbände gab es keine größeren Kritikpunkte am Verordnungsvorschlag. LIFE ist ein extrem wichtiges und hocheffizientes Programm, um Pilotvorhaben im Natur- und Umweltschutz zu finanzieren. Klar ist aber auch: Zwar soll das LIFE-Programm je nach Berechnungsmethode um 72 % im Vergleich zur jetzt laufenden Periode anwachsen. Da gleichzeitig aber der neue Förderschwerpunkt „Energieeffizienz“ hinzukommt, ergibt sich jedoch für den dem Naturschutz gewidmeten Bereich insgesamt nur ein minimaler Zuwachs. Mit jährlich (nur) etwa 203 Millionen Euro für Naturschutz- und Biodiversitäts-Projekte kann LIFE daher derzeit nur einen Bruchteil der EU-weit auf 15 Milliarden Euro geschätzten Kosten von Natura 2000 decken.

Wie schon in den Vorjahren kamen die Umweltminister kurz vor Weihnachten noch mal zu einem Umweltrat zusammen. In ihrem Treffen am 20. Dezember hatten sie unter anderem erste Grundsatzfragen zur Positionierung der Mitgliedstaaten zur LIFE-Verordnung auf der Agenda, neben der Debatte über den Verordnungsvorschlag zu CO2-Grenzwerten von Lkws und dem Austausch zur EU-Langzeitstrategie zur Treibhausgasreduktion (WebcodeNuL4061 ). Ob darüber hinaus auch Umweltaspekte der GAP als sonstiger Tagesordnungspunkt diskutiert wurde, war beim Verfassen dieses Beitrags noch offen. Wichtig und richtig wäre es, wenn die GAP zunehmend auch von anderen Akteuren als den Landwirtschaftsministern diskutiert wird, denn schließlich hat sie enorme Auswirkungen auf die Umwelt.

Autor

Raphael Weyland ist Rechtsanwalt und Umweltexperte. Er arbeitet seit 2015 für den NABU in Brüssel, unter anderem zum Thema Naturschutz und zu Querschnittsthemen wie MFR, SDGs oder „Better Regulation“.

Dr. Raphael Weyland, NABU, Büroleiter Brüssel

Raphael.Weyland@NABU.de

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