Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.

OVG Münster ordnet vorläufigen Rodungsstopp für den Hambacher Forst an OVG Münster, Beschluss vom 5.10.2018 – 11 B 1129/18

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Artikel teilen:

Das OVG Münster hat in einem Eilverfahren entschieden, dass die RWE Power AG den Hambacher Forst nicht roden darf. Dies gilt jedenfalls so lange, bis über das Hauptsacheverfahren gegen den Hauptbetriebsplan 2018 bis 2020 für den Braunkohletagebau Hambach entschieden ist. Von dem Verbot nicht umfasst ist der Braunkohleabbau außerhalb der bewaldeten Flächen des Hambacher Forsts.

Der Streitpunkt im vorliegenden Verfahren richtet sich – im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes – gegen den Bescheid der Bergbehörde vom 29. März 2018 über die Zulassung des Hauptbetriebsplans für den Tagebau Hambach für den Zeitraum vom 1. April 2018 bis zum 31. Dezember 2020 und den hier – auf Antrag der RWE Power AG – angeordneten Sofortvollzug, der unter anderem die Rodung des Hambacher Forsts erlaubt.

Beim Hambacher Forst handelt es sich um ein Gebiet mit Vorkommen der Fledermausarten Bechsteinfledermaus und Großes Mausohr (diese sind in Anhang II und IV der FFH-Richtlinie aufgeführt). Außerdem sind Nachweise der in Anhang IV gelisteten Arten Breitflügelfledermaus, Große Bartfledermaus, Kleine Bartfledermaus, Fransenfledermaus, Wasserfledermaus, Kleiner Abendsegler, Großer Abendsegler, Rauhautfledermaus, Zwergfledermaus, Braunes Langohr, Haselmaus, Kreuzkröte, Wechselkröte, Springfrosch und Kleiner Wasserfrosch bekannt (LT-Drs. 16/2677 S. 2).

Streitpunkt war unter anderem die Frage, ob der Hambacher Forst die Voraussetzungen eines FFH-Gebiets aufweist und als solches der EU-Kommission hätte gemeldet werden müssen, es sich also um ein sogenanntes potenzielles FFH-Gebiet handelt. Dies hatte das VG Köln in seinem Beschluss vom 31. Juli 2018 noch verneint und ausgeführt, dass die Meldephase „Natura 2000“ abgeschlossen und das Schutzgebietsnetz vollständig errichtet sei, sodass es auch keinen Nachmeldebedarf gebe. Die Europäische Kommission hat jedoch zuletzt in ihrer zehnten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeografischen Region (EU 2016/2335) betont, dass sich die Listen dynamisch anpassen müssen. Ein Nachmeldebedarf kann sich daher etwa aufgrund neuer Erkenntnisse bezüglich des Vorkommens geschützter Arten oder Lebensraumtypen, einer falschen Gebietsabgrenzung, aufgrund der Anpassung an den Klimawandel usw. ergeben.

Das OVG Münster betonte in seinem Beschluss, dass die sich in diesem Zusammenhang stellenden überdurchschnittlich komplexen Tatsachen- und Rechtsfragen nicht im gerichtlichen Eilverfahren beantworten ließen. Mit der sofortigen Ausführung des Hauptbetriebsplans unter Inanspruchnahme der bewaldeten Flächen des Hambacher Forsts würden vollendete Tatsachen geschaffen, die sich nicht mehr rückgängig machen ließen. Die Folge davon wäre, dass der BUND NRW als Antragsteller von seinem Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren abgeschnitten wäre. Auch hätten weder die zuständige Bergbehörde noch die RWE Power AG substanziiert dargelegt und auch nicht durch entsprechende Unterlagen belegt, dass die sofortige Rodung zur Abwehr einer schwerwiegenden konkreten Gefahr oder als unaufschiebbare Maßnahme im Interesse des Gemeinwohls notwendig sei, weil anderenfalls die Energieversorgung bundes- oder landesweit nicht mehr gewährleistet wäre.

Das OVG Münster hat daher zu Recht den Beschluss gefasst, dass es nicht gerechtfertigt sei, durch die Rodung des Hambacher Forsts vollendete Tatsachen zu schaffen, die zudem die unionsrechtlich geschützten Gemeinwohlbelange des Gebiets- und Artenschutzes irreversibel beeinträchtigen könnten. Im Hauptsacheverfahren müsse geklärt werden, ob der Hambacher Forst, obwohl er der EU-Kommission bisher nicht nach der Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Richtlinie als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung gemeldet worden sei, wegen der Vorkommen der Bechsteinfledermaus oder des großen Mausohrs oder des Lebensraumtyps des dortigen Waldes dem Schutzregime für „potenzielle FFH-Gebiete“ unterfalle.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren