Kommissionsvorschlag zur GAP enttäuscht – Rechnungshof kritisiert Greening
Am 29. November hat EU-Agrarkommissar Philip (Phil) Hogan seine Vorschläge für die künftige Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) vorgestellt („The Future of Food and Farming“, COM (2017) 713 final). Der Vorschlag bleibt leider weit hinter den Erwartungen zurück, nicht nur hinsichtlich der in der Online-Konsultation vom Frühjahr betonten Beiträge der GAP zu den Klima- und Nachhaltigkeitszielen der EU.
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„Im Wesentlichen nichts ändern“
Nach Auffassung des Agrarkommissars soll der Fokus der GAP in erster Linie auf Handel, Digitalisierung, Intensivierung und Innovationen liegen, ungeachtet der fatalen Bilanz für Umwelt, biologische Vielfalt, Verbraucher und EU-Haushalt. Im Sinne der angestrebten „Entbürokratisierung“ und „Vereinfachung“ verspricht Hogan den bisherigen Profiteuren der Subventionen, dass sich im Wesentlichen nichts ändern wird. Er unterstreicht zwar auch ambitionierte Umweltziele, setzt aber bei der Umsetzung auf mehr Flexibilität bei den Mitgliedstaaten.
Offen bleibt, wie die Kommission die zielorientiertere und effizientere Verwendung der Subventionen besser kontrollieren will, obwohl das EU-Parlament und der Europäische Rechnungshof (EuRH) bereits mehrfach auf dieses Defizit hingewiesen haben. Die dringend notwendige grundlegende Transformation des Agrar- und Ernährungssektors, gerade auch im Interesse der großen Mehrheit der Landwirte, wird dagegen nicht diskutiert. So drohen auch weiterhin massive Fehlsteuerungen, von denen überwiegend nur große Betriebe profitieren.
Das erst Mitte November von EU-Umweltkommissar Karmenu Vella im EU-Parlament abgegebene Versprechen, dass künftig jeder Euro in der GAP „nachhaltig“ ausgegeben werde, lässt sich mit Hogans Vorschlag ebenso wenig erfüllen wie die Erwartungen des Parlaments an die GAP-Reform ( Naturschutz und Landschaftsplanung 49 (12): 370). Dabei hatte der Umweltausschuss des EP erst einen Tag zuvor, am 28. November, in seinem Entwurf zur Halbzeitbewertung der Umsetzung des 7. Umweltaktionsprogramms der EU (UAP) festgestellt, dass insbesondere die GAP bislang eine Erreichung der für 2020 beschlossenen Ziele erschwere, wenn nicht sogar unmöglich mache.
Ablehnende Reaktionen
Die Reaktionen auf Hogans Entwurf waren dementsprechend mehrheitlich skeptisch bis ablehnend. Selbst der europäische Bauernverband Copa-Cogeca übte Kritik, insbesondere am Vorschlag zur Re-Nationalisierung der Verteilung der Subventionen; ebenso der Rat der EU-Agrarminister auf seiner Tagung am 12. Dezember. Nicht nur Naturschutzverbände, sondern auch der Dachverband der europäischen Jagdvereine FACE kritisierte zudem die fehlende Effektivität des bestehenden Systems bei der Bekämpfung des Artenschwundes in der Agrarlandschaft, insbesondere im Rahmen des Greenings. Zudem betonte auch FACE, dessen deutsches Mitglied der Deutsche Jagdverband (DJV) ist, die unzureichenden Maßnahmen innerhalb der zweiten Säule und kritisierte das Fehlen von Vorschlägen für eine bessere Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen: „What is more worrying is that there is no mention of a new instrument to fund nature conservation, which hinders the opportunity for the next CAP to ensure much needed policy coherence.“
EuRH zum Greening
Am Tag des Agrarministerrates, 12. Dezember, veröffentlichte der Europäische Rechnungshof (EuRH) erneut einen Sonderbericht, diesmal zur ökologischen Wirksamkeit des bei der letzten GAP-Reform im Jahr 2013 eingeführten Greenings (vgl. zum Sonderbericht zur Naturschutzfinanzierung: Naturschutz und Landschaftsplanung 49 (4): 114). Die Zahlungen im Rahmen des Greenings machen nach Angaben des Hofes aktuell 30 % aller Direktzahlungen und damit fast 8 % des gesamten EU-Haushalts aus, etwa 12 Mrd. € jährlich. Die Prüfung der Umsetzung des Greenings konzentrierte sich auf fünf Mitgliedstaaten, Frankreich, Spanien, Griechenland, Polen und die Niederlande. Der Hof kommt zu dem vernichtenden Ergebnis, dass die bisherigen Greening-Maßnahmen die Umwelt- und Klimaleistung der GAP kaum verbessern würden. Der Rechnungshof stellte fest, dass die Maßnahmen nur auf 5 % der landwirtschaftlichen Flächen zu einer positiven Veränderung geführt haben, da die Mehrheit der geprüften Landwirte (65 %) ihre landwirtschaftlichen Praktiken nicht ändern musste, um in den Genuss der Greening-Zahlungen zu kommen.
Das Greening, so das Ergebnis des Hofes, bleibe bislang im Wesentlichen nur ein weiteres Instrument zur Unterstützung der Einkommen der Landwirte, ohne die gesamtgesellschaftlichen Ziele zu erreichen. Das Konzept füge der GAP lediglich eine weitere Ebene der Komplexität hinzu, die durch die Ergebnisse nicht zu rechtfertigen sei. Dazu trage auch bei, dass die EU-Kommission es versäumt habe, spezifische Ziele für die Bewertung der Durchführung von Ökologisierungsmaßnahmen festzulegen. Das führe bei den Mitgliedstaaten dazu, dass „die Belastung für sie selbst und ihre Bauern minimiert wird“, so Samo Jereb, für die Prüfung zuständiges Mitglied des Europäischen Rechnungshofs.
Omnibus-Verordnung
Trotz des kritischen Berichts des Rechnungshofes hat das EP am gleichen Tag dem mit EU-Kommission und Ministerrat vor einigen Wochen erzielten Kompromiss zur sogenannten „Omnibus“-Verordnung zugestimmt. Mit der Verordnung werden mehrere Gesetzgebungsakte zur Umsetzung des derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) bis 2020 geändert. Ziel der Änderungen im landwirtschaftlichen Bereich sind Vereinfachungen für Landwirte und nationale Verwaltungen. Sie werden, wie das Pestizidverbot auf Greening-Flächen, am 01. Januar 2018 in Kraft treten. Naturschutzverbände sehen vor allem die Flexibilisierung des Grünlandbegriffs und die Öffnung der Greening-Flächen für den Anbau von Energiepflanzen (Silphium, Miscanthus) kritisch.
Etliche Änderungen in der Omnibus-Verordnung wurden nicht auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft, so dass ihre Auswirkungen auf Natur und Umwelt nicht prognostizierbar sind. Die Lockerung des Grünlandschutzes beinhaltet zudem das Risiko, dass wieder mehr Grünland umgepflügt wird. Außerdem bleibt die Ausgestaltung dieser Regelung, ebenso wie der Nutzpflanzenanbau auf Greening-Flächen und die Option, mehr Gelder von der 1. in die 2. Säule umzuschichten, den nationalen Verwaltungen der Mitgliedstaaten überlassen – mit den vom Rechnungshof aufgezeigten Problemen.
Website der EU-Kommission zur GAP-Reform mit Link zur Mitteilung vom 29. November:
https://ec.europa.eu/agriculture/future-cap_en
Link zur deutschen Fassung („Ernährung und Landwirtschaft der Zukunft“):
Reaktion des Europäischen Jagdverbandes (FACE):
EuRH-Website mit Link zum Sonderbericht Nr. 21/2017 in allen EU-Amtssprachen:
Kontakt
Claus Mayr arbeitet als Direktor für Europapolitik des NABU in Brüssel. Er berichtet in dieser Kolumne regelmäßig über wichtige europäische Entwicklungen.
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