EU-Konsultation zur GAP mit eindeutigem Ergebnis
Die Ergebnisse der Anfang Mai abgeschlossenen EU-Konsultation über die Modernisierung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU ( Naturschutz und Landschaftsplanung 49 (6): 178) haben deutliche Wirkungen erzielt. Das zeigte eine Tagung „The CAP – Have your say“ (etwa: „Die GAP – Sie haben das Sagen“) am 07. Juli in Brüssel, zu der Agrarkommissar Phil Hogan einlud.
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Die Tagung stieß auf so großes Interesse, dass von über 1000 Anmeldungen aus organisatorischen Gründen nur 400 akzeptiert wurden; die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mussten in einem Nebensaal untergebracht werden.
Großes Bürgerinteresse
Der organisatorische Aufwand für die in 22 EU-Sprachen simultan übersetzte Konferenz war hoch, aber nach Meinung vieler Beobachter in Brüssel auch wichtig. Sie hat den zahlreich anwesenden Agrarlobbyisten und Funktionären, aber auch den Mitarbeitern der EU-Kommission deutlich gezeigt, dass die GAP sich ändern muss. Sie muss vermehrt zur Erreichung der Nachhaltigkeits-, Biodiversitäts- und Klimaziele der Union beitragen. Vereinbarungen darüber, wer künftig die Milliardensubventionen aus Brüssel bekommt, und unter welchen Kriterien diese verteilt werden, können nicht mehr nur unter Agrarverbänden, Funktionären und Agrarpolitkern in Rat und Parlament (EP) ausgemacht werden.
Dies wurde nicht allein anhand der Ergebnisse der EU-weiten Bürgerbefragung deutlich, auch Hogan hob die hohe Teilnehmerzahl als Beweis für das große Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Agrarpolitik hervor. Mit etwa 322 000 Teilnehmer(inne)n war die Befragung die zweitgrößte in der Geschichte der EU, nach der Konsultation zu den EU-Naturschutzrichtlinien mit etwa 550 000 und noch vor der Befragung zum Freihandelsabkommen TTIP mit etwa 150 000 Beiträgen ( Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (10): 302).
Allein knapp 260 000 Teilnehmer hatte die LivingLand-Kampagne der Umweltverbände mobilisiert. Agrarorganisationen wie der Deutsche Bauernverband (DBV), Bioland und Demeter in Deutschland führten dagegen offenbar nur in etwa der Hälfte der EU-Staaten eigene Kampagnen durch. Zudem gelang es mit diesen Kampagnen der Agrarverbände, hauptsächlich in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien, offenbar nicht, ihre Mitglieder zur Beteiligung zu bewegen. Unter den antwortenden Organisationen (15,8 % aller Antworten) stellten die Organisationen aus Land- und Forstwirtschaft allerdings mit 82 % die größte Gruppe dar. Aktive Landwirte waren nur mit 21 386 gleich 6,6 % beteiligt (oder gaben sich in der Befragung nicht als solche zu erkennen).
Während die Verbraucher(innen) also offenbar erkannt haben, dass es hier nicht nur um Umwelt- und Naturschutz, sondern auch um ihre Interessen, ihre Gesundheit und ihre Steuergelder geht, scheint sich die überwiegende Mehrheit der Landwirte nach wie vor auf ihre Funktionärsebene zu verlassen.
Gesamtgesellschaft gefragt
Nach der interessanten Präsentation der Konsultationsergebnisse wich das Niveau der Veranstaltung leider stark von dem ursprünglich angekündigten Dialogforum ab. Eine Reihe von Wissenschaftlern wurde gebeten, die Ergebnisse von Workshops vorzutragen. Die meisten von ihnen verloren sich allerdings zu stark in Details und allgemeinen Forderungen, etwa nach mehr Forschung. Anschließend bestand die Gelegenheit, Fragen zu stellen und Meinungen zu äußern. Leider wurde kaum eine einzige Frage beantwortet. Zudem wurde dieser Teil der Konferenz von Agrarverbänden und Industrie dominiert, die ihre bekannten Statements platzierten. Die Vertreter der Umweltverbände erhielten kaum das Wort und waren im Saal auch klar unterrepräsentiert. Dieser Teil der Konferenz, ohne Anwesenheit des Agrarkommissars, erinnerte daher noch an die Zeiten früherer Agrar-„Reformen“, als sich die Generaldirektion Landwirtschaft und die Agrar-Lobbyisten weitgehend „unter sich“ trafen. Die Ergebnisse der Online-Befragung dürften aber allen Beteiligten klargemacht haben, dass diese Zeiten endgültig vorbei sind und die Debatte über die kommende GAP-Runde ein gesamtgesellschaftliches Thema ist!
Ende der Parlamentsferien
Nach den EU-Umweltministern im Juni wird sich der Umweltausschuss des EP (ENVI) am 31. August mit dem „Aktionsplan für Natur, Mensch und Wirtschaft“ befassen, dem von der EU-Kommission vorgelegten „Action Plan“ zur besseren Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien. Wie in dieser Kolumne im Juli erwähnt, ist der Widerspruch („objection“) des EP-Agrarausschusses unter Führung der Abgeordneten Albert Deß (CSU) und John Stuart Agnew (UKIP) gegen das von der EU-Kommission geplante Pestizidverbot auf Ökologischen Vorrangflächen im EP-Plenum am 14. Juni gescheitert. Am 22. Juni scheiterte bereits im EP-Umweltausschuss ein weiterer Widerspruch der Agrarpolitiker gegen das von der EU-Kommission angeregte Verbot von drei als besonders bienengefährlich geltenden Neonikotinoiden. Die Abstimmung im EP-Plenum soll voraussichtlich in der ersten Straßburg-Woche nach der Sommerpause stattfinden, ab dem 11. September. Es wird erwartet, dass auch hier keine Mehrheit für den Widerspruch zustande kommt, sondern erneut ein kleiner Schritt in Richtung einer naturverträglicheren Landwirtschaft.
Invasive Arten
Die im Juni vom Ausschuss der EU-Mitgliedstaaten befürwortete Ergänzungsliste der Unionsliste invasiver Arten ( Naturschutz und Landschaftsplanung 49 (8): 244) wurde erwartungsgemäß am 12. Juli in der Sitzung der EU-Kommission bestätigt und am 13. Juli im EU-Amtsblatt veröffentlicht (Durchführungsverordnung (EU) 2017/1263, EU-Amtsblatt L 182/37). Sie ist damit seit dem 02. August in Kraft. Lediglich für den Marderhund ( Nyctereutes procyonoides ) gilt die Listung erst ab dem 02. Februar 2019.
Links
Tagungsseite der GAP-Konferenz am 07. Juli:
neue Seite der EU-Kommission zur ergänzten Unionsliste invasiver Arten:
Kontakt
Claus Mayr, NABU, Direktor Europapolitik, Brüssel
Konstantin Kreiser, NABU, Leiter globale und EU-Naturschutzpolitik, Berlin
Angelika Lischka, NABU, Referentin für EU-Landwirtschaftspolitik, Berlin
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