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Bericht aus Brüssel

„Fitness Check“: Wichtiger Etappensieg für den Naturschutz – ­Attacken auf Wolf und andere Arten verlangen Aufmerksamkeit!

Die Richtungsentscheidung der EU-Kommission, ob sie die Öffnung der Richtlinien oder deren bessere Umsetzung empfiehlt, wurde vom 30. November (Naturschutz und Landschaftsplanung 48 (12): 366) auf die Kommissarsrunde („College“) am 07. Dezember verschoben. Doch Befürchtungen, Anlass der Verschiebung könne das Beharren von Kommissionschef Jean-Claude Juncker und seinem Kabinettchef Martin Selmayr auf der Öffnung der Richtlinien und ihrer Anhänge sein, bewahrheiteten sich zumindest im Ergebnis nicht.

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Aktionsplan angekündigt

Nach der wöchentlichen Sitzung des College gab die EU-Kommission mittags offiziell bekannt, „die EU-Kommissionsvizepräsidenten Frans Timmermans und Jyrki Katainen sowie EU-Umweltkommissar Karmenu Vella“ hätten bei der Orientierungsdebatte „die Resultate einer umfassenden Evaluierung, unter anderem einer Konsultation von Bürgerinnen und Bürgern, Organisationen und Unternehmen aus ganz Europa“ präsentiert, wonach beide Richtlinien „wesentlich für den europäischen Umweltschutz“ seien. Die Kommission fährt fort: „Herausforderungen gibt es bei ihrer Umsetzung, unter anderem mit Blick auf mangelnde Investitionen in das Natura-2000-Netzwerk europäischer Naturschutzgebiete. Auf Basis der heutigen Diskussion wird die Kommission einen Aktionsplan vorlegen, um die Umsetzung der beiden Richtlinien zu verbessern und die Kohärenz mit anderen Politikbereichen zu stärken.“

Auch der oberste Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, betonte auf Twitter, dass die gesamte Kommission die Richtlinien als „fit for pupose“ betrachtet hätte. „Good news today. We all concluded the Birds & Habitat Directives are fit 4 purpose! Now together we must ensure better implementation”, so Timmermans wörtlich. Und EU-Umweltkommissar Vella dankte allen Kommissaren für die volle Unterstützung der Richtlinien, erwähnte aber auch die EU-weite Kampagne der Umweltverbände als Grundlage des Erfolges.

Drei Jahre Warten

Die EU- Kommission folgte damit – endlich, nach dreijährigen intensiven Diskussionen – dem Votum von über 520000 Bürgerinnen und Bürgern, einer überwältigenden Mehrheit im Europäischen Parlament (EP) und im Ausschuss der Regionen (AdR) sowie der von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks koordinierten Allianz der EU-Umweltminister, die Richtlinien nicht zu öffnen, sondern Vorschläge für ihre bessere Umsetzung in den EU-Mitgliedstaaten vorzulegen. Nach den Schreiben des EP-Umweltausschusses und des Parlamentspräsidenten Martin Schulz an Juncker hatten EP-Abgeordnete noch kurz bis zum ursprünglich geplanten College-Debatte mit schriftlichen Anfragen an die EU-Kommission vom 25. November Druck gemacht, wann denn endlich die Kommission ihre Vorschläge vorzulegen gedenke. BirdLife Europe und andere Umweltverbände schrieben alle Kommissarinnen und Kommissare an, zudem die nationalen Partnerverbände an „ihre“ jeweiligen Kommissare, etwa die deutschen Umweltverbände NABU, DNR, BUND und WWF an Günther Oettinger.

Entsprechend positiv wurde die Entscheidung der EU-Kommission nicht nur von den Umweltverbänden, sondern auch von EP-Abgeordneten und den Umweltministern der Mitgliedstaaten aufgenommen. Auch die deutsche Umweltministerin begrüßte den Beschluss: „Zwei Jahre harte Arbeit haben sich gelohnt. Die EU-Naturschutzrichtlinien sind das Herzstück des europäischen Naturschutzes. Ihr Erhalt ist eine gute Nachricht für alle Naturschützer in Europa. Damit bleibt das europäische Naturschutzrecht fit für die Zukunft“, so Hendricks in ihrer Pressemeldung.

Die Brüsseler Umweltverbände warnten allerdings davor, dass dies zwar ein wichtiger Etappensieg sei, es jetzt aber darauf ankomme, seitens der EU-Kommission einen ambitionierten Aktionsplan zu erarbeiten, der dann auch im EP und in den Mitgliedstaaten Mehrheiten finden müsse. So kündigte FACE, der Dachverband der europäischen Jagdverbände – deutsches Mitglied ist der Deutsche Jagdverband (DJV) –, der nach eigenen Angaben etwa sieben Millionen Jäger in allen EU-Mitgliedstaaten vertritt, bereits an, die Erarbeitung des Aktionsplanes intensiv zu begleiten und dafür Sorge zu tragen, dass die „nachhaltige Nutzung von Wildtieren“ besser berücksichtigt würde. Den Mitgliedstaaten solle zudem „größere Flexibilität für das Management von Carnivoren“ und für Ausnahmen nach Artikel 9 der Vogelschutzrichtlinie eingeräumt werden.

Wolf auf Abschussliste

Dazu passt, dass die „Umweltpolitiker“ der CDU/CSU in Bund und Ländern, ziemlich genau zwei Jahre nach ihrer „Rügener Erklärung zum Artenschutz“ (14.11.2014, damals namentlich Biber, Kormoran und „Wildgänse“ genannt), am 16. November 2016 in ihrer „Dresdner Resolution“ zum „praxistauglichen“ Wolfsmanagement die Herausnahme des Wolfes aus Anhang II und IV der FFH-Richtlinie und seine Überführung in Anhang V forderten. Dies im Rahmen einer Öffnung der Richtlinie und ihrer Anhänge umzusetzen, ist nach der Entscheidung der EU-Kommission zwar vom Tisch, zeigt aber, dass die Arbeit am Aktionsplan zur besseren Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien und der Schutz gefährdeter Arten weiterhin viel Engagement erfordern werden.

Für die möglichen Inhalte des Aktionsplanes hat die EU-Kommission am 07. Dezember nur vage Angaben gemacht, etwa die Empfehlung für regelmäßige Treffen mit lokalen Entscheidungsträgern sowie verbessere Handlungsleitfäden zur Umsetzung der Richtlinien. Konkretere Vorschläge könnten bereits auf der letzten Sitzung des EU-Umweltministerrates unter slowakischer Ratspräsidentschaft am 19. Dezember vorgelegt werden.

Link zu den Pressemeldungen:

http://europa.eu/rapid/press-release_MEX-16-4308_en.htm

Link zur Pressemeldung von FACE:

http://face.eu/about-us/resources/news/fitness-check-of-nature-legislation-directives-to-remain-closed-and

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