Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Bücher

Verbreitung und Trends der Brutvögel

ADEBAR ist fertig, der Atlas Deutscher Brutvogelarten. Ein beispielloses Gemeinschaftswerk, in dem laut Redaktionsteam weit über 500000 Stunden Arbeit in den letzten gut zehn Jahren stecken dürften, davon allein mehr als 350000 Stunden für die Kartierung mittelhäufiger und seltener Brutvogelarten. Über 4000 Vogelkundler beteiligten sich an der Geländearbeit – das bisher größte Kartiervorhaben in Deutschland. Das Ziel war, eine wissenschaftlich fundierte und bundesweit konsistente Datenbasis zu schaffen und so eine fachlich solide Grundlage für den Vogel- und Naturschutz in Deutschland zu schaffen.

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Artikel teilen:

Das ist ohne Frage gelungen: Auf 800 Seiten wird die Verbreitung von 311 Vogelarten mit Datenstand für die Jahre 2005 bis 2009 behandelt: 45 häufige Arten auf zwei Doppelseiten, 221 Arten auf einer Doppelseite und 45 gelegentlich auftretende oder ausgestorbene Arten in Kurztexten. Auf engem Raum ist dabei konzentriert ein Maximum an Informationen zu finden: auf der linken Seite ein Text zu Bruthabitat, Bestand, Verbreitung und Bestandsentwicklung, eine lebensechte Zeichnung der Art von Paschalis Dougalis und eine Karte der Weltverbreitung; auf der rechten Seite eine deutschlandweite Verbreitungskarte mit Angabe der Häufigkeitsklasse je Messtischblatt, ergänzt durch Angaben zu Bestandsgröße, kurzfristigem Bestandstrend, der Verbreitung in Deutschland um 1985 (in einer kleineren Karte), einer Grafik zu Monitoringergebnissen zur Bestandsentwicklung sowie eine englische Zusammenfassung. Bei den 45 häufigsten Arten kommen eine Dichtekarte auf Basis einer durchgeführten Modellierung, eine Modellkarte, die Angabe der modellierten Bestandsgröße sowie Grafiken zu Modellparametern und Devianz sowie zum Vergleich zwischen Modell und Kartierung hinzu.

Beachtliche 4,1kg Gewicht im Format etwas größer als DIN A4 bringt das Buch auf die Waage – und es erleichtert den Geldbeutel um 98€. Das aber ist eine überaus sinnvolle Investition, für Ornithologen ebenso wie für Planer, Verbands- und Behördenvertreter, die Planungen anhand von Vogelvorkommen bewerten, Naturschutzmaßnahmen konzipieren oder Landnutzungen bewerten. Mit herausragender fachlich-inhaltlicher ebenso wie mit handwerklicher Qualität beweist der Band mindestens dreierlei:

Artenkenntnis und bürgerschaftliches Engagement von Artenkennern sind doch (noch) nicht out in Deutschland. Ehrgeizige und professionell organisierte Datenerhebung kann zu beachtlichen Gemeinschaftsleistungen anspornen. Sicherlich ist auch das ein positiver Nebeneffekt einer solchen grandiosen Atlasarbeit: dass viele Menschen landauf, landab motiviert werden, ihre Artenkenntnis zu verbessern und systematisch Daten für ein großes gemeinsames Ziel zu erfassen. Andere Artengruppen haben keine so große Lobby – aber es lohnt sich, auch für sie adäquate Atlasprojekte zu starten bzw. zu professionalisieren.

Deutschland ist biogeographisch ein vielfältiges Land – die Verbreitungsbilder vieler Arten differieren und auch die Artenzahlen je Messtischblatt variieren stark – in Klassen von >60 bis >140 Arten (Seite 60). Einmal mehr wird deutlich, dass in Ostdeutschland eine besondere Vielfalt beheimatet ist. Diese räumliche Differenzierung heißt für Bemühungen des Naturschutzes, der ablaufenden Egalisierung von Landschaften durch Land- und Forstwirtschaft, Energiewende, Siedlungs- und Straßenbau engagiert zu begegnen: Jede Kulturlandschaft hat ihre Eigenart, die, wenn nicht zu erhalten, so doch individuell weiterzuentwickeln ist. Vögel sind hervorragende Indikatoren hierfür.

Viele, auch ehemals häufige Arten zeigen dramatische Bestandseinbrüche. Es gibt zwar auch positive Entwicklungen – die Dynamik unserer Vogelwelt beeindruckt. Doch vor allem liefert das Werk erschreckende Grafiken, die zeigen, wie krass und rasch der Landschaftswandel abläuft. Hier sollten, aufbauend auf den guten Daten, art- und vor allem lebensraum- und landschaftsspezifische Analysen folgen.

Ganz wichtig ist daher auch der Appell der federführenden Autoren und Koordinatoren, dass den Erkenntnissen aus dem ADEBAR-Projekt und dem Vogelmonitoring Taten folgen müssen, die den Erhaltungszustand der Vogelwelt als Indikatoren für Biodiversität und Landschaftsqualität spürbar verbessern. „Angesprochen sind insbesondere Entscheidungsträger in Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Der sich in den letzten Jahren beschleunigende Niedergang insbesondere ehemals häufiger Vogelarten der ‚Normallandschaft‘ muss allen gesellschaftlichen Akteuren eine Verpflichtung sein, umgehend gegenzusteuern. ADEBAR bietet hierfür ausgezeichnete Argumentationshilfen.“ Alarmierende Daten liegen mehr als ausreichend vor – es mangelt an entschlossenem Handeln.Eckhard Jedicke

Atlas Deutscher Brutvogelarten. Von Kai Gedeon, Christoph Grüneberg, Alexander Mitschke, Christoph Sudfeldt, Werner Eikhorst, Stefan Fischer, Martin Flade, Stefan Frick, Ingrid Geiersberger, Bernd Koop, Matthias Kramer, Thorsten Krüger, Norbert Roth, Torsten Ryslavy, Stefan Stübing, Stefan R. Sudmann, Rolf Steffens, Frank Vökler und Klaus Witt. Herausgegeben von der Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und dem Dachverband Deutscher Avifaunisten. 800 Seiten mit zahlreichen farbigen Zeichnungen und Verbreitungskarten. Gebunden. 98,–€. Selbstverlag, Münster 2014. ISBN 978-3-9815543-3-5. Bezug: Dachverband Deutscher Avifaunisten, http://www.dda-web.de.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren