Religionen für biologische Vielfalt
Vertretungen von neun verschiedenen Religionsgemeinschaften veröffentlichten am Tag nach Erscheinen der Umweltenzyklika „Laudato si“ (siehe Seite 295-297) zusammen mit Naturschützern eine Gemeinsame Erklärung zum Schutz der Natur und biologischen Vielfalt.
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Der von Papst Franziskus in der Umwelt-Enzyklika empfohlene Dialog der Religionen findet in Deutschland inzwischen schon statt. Vertretungen der Aleviten, Bahai, Buddhisten, Christen, Eziden, Hinduisten, Juden, Muslime und Sikhs haben Anfang des Jahres in einem Dialogforum im Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Bonn auf Einladung des Abrahamischen Forums eine gemeinsame Tagung durchgeführt, deren Ergebnisse in den Gremien beraten wurden und nun vorgelegt werden. Die verabschiedete „gemeinsame Erklärung“ wird nachfolgend im Wortlaut abgedruckt.
„Leben ist Vielfalt. Menschliches Leben ist Teil der biologischen Vielfalt und ihrer Entwicklung, Veränderung und Dynamik. Menschen benötigen die mannigfaltigen Angebote der Natur als Lebensgrundlage für ein glückliches und sinnerfülltes Dasein. Die Fülle und Schönheit der Natur und die damit zusammenhängenden ökologischen Leistungen zu erhalten und zu bewahren ist daher eine der zentralen Aufgaben aller Menschen.
Gegenwärtig findet ein dramatischer Rückgang bei der Vielfalt von Ökosystemen, Arten und ihren genetischen Ausprägungen statt – die Zahl der Arten von Pflanzen, Tieren und anderen Lebewesen verringert sich täglich. Wir stehen am Beginn eines globalen Aussterbens erdgeschichtlichen Ausmaßes, das insbesondere durch Menschen der wohlhabenden Staaten, aber auch Reiche in ärmeren Ländern verursacht wird. Zentrale Gründe hierfür sind Ressourcen überbeanspruchende Formen des Wirtschaftens, Produzierens und Konsumierens, soziale Ungerechtigkeiten und der Unfrieden in der Welt. Auch der damit zusammenhängende Klimawandel und seine Folgen für die Natur und die biologische Vielfalt sind gravierend. Menschen verlieren ihre Lebensgrundlagen und sind zur Flucht gezwungen.
Die Integrität der Natur zu achten und zu bewahren ist eine wesentliche Botschaft der Religionen. Schon vor Jahrtausenden haben sie Schöpfungserzählungen weitergegeben sowie Regeln und Verhaltensweisen für den Umgang mit der Natur erlassen. Sie haben Grenzen des Wachstums thematisiert, beispielsweise in den Erzählungen von der Arche Noah oder dem Turmbau zu Babel. Immer wieder neu setzen sich Religionen mit der Bedeutung der Natur für das Welt-, Lebens- bzw. Gottesverständnis auseinander.
Auch wenn sich die Lehre und Praxis der Religionen unterscheiden: Die Bewahrung der Natur und ihrer Vielfalt ist für sie eine gemeinsame und bleibende Aufgabe. Interreligiöses Zusammenwirken dient dabei dem besseren Kennenlernen untereinander und dem Frieden miteinander und mit der Natur.
Zur Erhaltung der biologischen Vielfalt gehören viele große und kleine praktische Schritte. Wir geben mit dieser Erklärung konkrete Impulse, die von Religionsgemeinschaften und Naturschutzakteuren gemeinsam und zeitnah umgesetzt werden können:
Im Rahmen der jährlich am 01. September beginnenden Ökumenischen Zeit der Schöpfung arbeiten wir gemeinsam nach dem ersten Freitag im September für eine Religiöse Woche, in der Themen des Naturschutzes und der biologischen Vielfalt behandelt werden.
Freiflächen um Gebäude wie Synagogen, Tempel, Kirchen, Moscheen, Cem-Häuser oder Friedhöfe sollen noch stärker als bisher Orte der biologischen Vielfalt werden. Das gilt auch für die Gebäude selbst und die in zahlreichen Städten entstehenden interkulturellen Gärten.
Für Gemeinden, Schulen und andere Bildungseinrichtungen sollen Religiöse Teams für Naturschutz und biologische Vielfalt gebildet werden, die angesichts unterschiedlicher weltanschaulicher Traditionen die gemeinsamen Aufgaben bei der Erhaltung und Bewahrung der Natur darstellen und erörtern.
Ein Netzwerk der Religionen für den Naturschutz ist für diese und weitere Aufgaben wünschenswert.
Wir wollen bewusst machen, dass jeder Mensch etwas für die Erhaltung der biologischen Vielfalt tun und damit zur Bewahrung der Natur für künftige Generationen beitragen kann. Auf staatlicher Seite gibt es hierfür Rückhalt und Anknüpfungspunkte für gemeinsame Arbeiten. Dabei unterstützen wir die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt der Bundesregierung sowie die UN-Dekade Biologische Vielfalt 2011 – 2020, die Menschen für den Wert der biologischen Vielfalt sensibilisieren und das gesellschaftliche Bewusstsein dafür fördern wollen. Darüber hinaus sind weitere strukturelle und rechtliche Regelungen erforderlich, die natur- und artenschützendes Handeln fördern und schädigendes Verhalten sanktionieren.
Für die Unterzeichnenden gehört das Engagement für biologische Vielfalt und unsere Natur zu den großen Herausforderungen in diesem Jahrhundert.“
Download der Erklärung mit einer Liste der Unterzeichner: http://www.bfn.de/fileadmin/BfN/presse/2015/Dokumente/Religionen_fuer_biologische_Vielfalt.pdf.
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