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Kurz berichtet

Neuanlage eines Tidebiotops an der Unterweser

Auf der Tegeler Plate, einem rund 210 ha großen Vordeichareal nördlich von Dedesdorf an der Unterweser, wurden baulich aufwändige Maßnahmen zur Schaffung der Standortbedingungen für eine eigendynamische Entwicklung natürlicher und naturnaher Biotope des tidebeeinflussten Brackwasser-Überflutungsbereichs der Weser umgesetzt. Der Beitrag zieht kurze Bilanz der Erfolgskon­trollen über 15 Jahre Prozessschutz.

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Abb. 1: Luftbild der Tidebiotope auf der Tegeler Plate an der Unterweser südlich von Bremerhaven (im Hintergrund).	  Foto: bremenports
Abb. 1: Luftbild der Tidebiotope auf der Tegeler Plate an der Unterweser südlich von Bremerhaven (im Hintergrund). Foto: bremenports
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Ergebnisse 15-jähriger Erfolgskontrollen

Von Andreas Tesch

Auf dem vormals landwirtschaftlich genutzten Gelände bestehen seit 1998 die Voraussetzungen für die Entwicklung von wattähnlichen Strukturen und Prielsystemen, Flachwasserzonen, Röhrichten sowie extensiv genutztem Grünland und Sandbiotopen bzw. Ruderalfluren auf erhöhten Spülfeldbereichen. Unter dem ungesteuerten Einfluss der Tide können in Abhängigkeit von den Geländehöhen die typischen Wasserhaushalts-, Se­dimentations- und Boden­bildungsprozesse der oligo­halinen Brackwasserzone des Ästuars ablaufen (Prozessschutz).

Zu den Kompensationsmaßnahmen der bremischen Hafengesellschaft für die dritte Ausbaustufe des Containerterminals in Bremerhaven (CT III) wurde Ende 2014 ein umfassender Abschlussbericht vorgelegt, der den ökologischen Zustand der tidebeeinflussten Maßnahmenfläche im Jahr 2012 darstellt und die Entwicklung im Hinblick auf die Maßnahmenziele bewertet (Erfolgskontrolle). Die im Auftrag des Vorhabenträgers bremenports erstellte Dokumentation (WBNL et al. 2014) belegt am Ende des planfestgestellten 15-jährigen Entwicklungszeitraums die zielgerichtete Durchführung der erforderlichen Kompensationsmaßnahmen und steht auf der Homepage von bremenports als pdf zur Verfügung (s. Literatur unten).

Die Erfolgskontrollen auf der Kompensationsfläche umfassen neben Erhebungen zur Morphologie und Hydrologie wiederholte vegetationskundliche Kartierungen zur Entwicklung der Röhrichte, Brachen und Grünlandbereiche, kontinuierliche Erfassungen der Brut- und Gastvogelfauna und Untersuchungen zur terrestrischen Wirbellosen-Fauna (Schwerpunkt Laufkäfer). Die aquatische Fauna (Benthos, Fische) wurde vor allem in den neu geschaffenen Tidebio­topen untersucht. Zur Bewertung der verschiedenen Entwicklungsstadien können Bestandsaufnahmen zum Ausgangszustand vor Maßnahmenbeginn sowie auf Referenzflächen herangezogen werden.

Innerhalb des regelmäßig tidebeeinflussten Überflutungsbereichs führte die Vernässung durch den Rückbau des Sommerdeichs und die Anlage von zwei Prielsystemen zu einem schnellen Ausfall der meisten Grünlandgräser und kräuter und zur Ausbreitung unterschiedlicher Röhrichtarten, wobei sich in einem Zeitraum von rund zehn Jahren sukzessive das brackwasser­tolerante Schilf (Phragmites australis) durchsetzt und zur naturraumtypischen Dominanz gelangt.

Das neue Prielsystem erwies sich als morphologisch weitgehend stabil. Sedimentations- und Erosionsprozesse blieben weitgehend auf Um­lagerungen innerhalb der Rinnensysteme beschränkt. Morphologische Anpassungsprozesse betrafen neben dem alten, geradlinigen Grabensystem auch die neu geschaffenen Tidetümpel, die durch erosive Prozesse seit einigen Jahren z.T. tiderhythmisch trocken fallen und langfristig verlanden könnten.

Die faunistische Besiedlung der neu entstandenen Habitate erfolgt bei vielen mobilen bzw. ausbreitungsstarken Artengruppen z.T. bereits in den ersten Entwicklungsjahren und in großen Individuen­zahlen (Brut- und Gastvögel, Fische, Laufkäfer, Wattfauna). Die Untersuchungen belegen, dass sich das gesamte naturraumtypische Arteninventar in einem Zeitraum von etwa ­einem Jahrzehnt einstellt, wobei charakteristische Veränderungen in Abhängigkeit von den dynamischen abiotischen Standortfaktoren und Ver­änderungen der Habitat­strukturen aufgezeigt werden konnten.

Ansätze zur Wiederherstellung von Sandbiotopen auf den zuvor landwirtschaftlich genutzten Spülfeldern erwiesen sich nicht als erfolgreich, was vor allem auf den ungünstigen Spülfeldaufbau zurückzuführen ist. Durch die Einführung einer extensiven Ganzjahresbeweidung wurde jedoch die Entwicklung eines strukturell vielfältigen und artenreichen Offenland-Biotops sowie strukturreicher Gewässerufer möglich.

Die langjährigen Begleituntersuchungen auf der Tegeler Plate belegen somit den nachhaltigen Erfolg der neuartigen und innovativen Kompensationsmaßnahme und bieten eine Fülle an Fachgrundlagen für die Renaturierung von Tidebiotopen.

Literatur

WBNL, KÜFOG, Köhler-Loum, U. (2014): Entwicklung der Kompensationsfläche „Tegeler Plate“ von 1998 bis 2012. Abschlussbericht im Auftrag der bremenports GmbH & Co. KG). http://www.bremenports.de/unternehmen/mediathek/downloads (letzter Zugriff: 19.06. 2015)-

Anschrift des Verfassers: Dr. Andreas Tesch, Landschaftsarchitekt – Wissenschaftliche Beratung für Naturschutz und Landschaftsplanung, Mahlstedtstraße 45, D-28759 Bremen, E-Mail info@planung-tesch.de.

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