Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Aktuelles aus Brüssel

Schwierige Ratspräsidentschaft – Parlament im Endspurt

Am 01. Januar 2014 hat Griechenland als letztes Mitglied der „triple presidency“ Irland – Litauen – Griechenland die halbjährlich wechselnde EU-Ratspräsidentschaft übernommen, ab Juli 2014 folgen Italien, Lettland und Luxemburg. Seit seinem Beitritt zur damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) im Jahr 1981 übernimmt Griechenland immerhin zum fünften Mal den Ratsvorsitz, ist also eigentlich ein „Routinier“ in Sachen Ratspräsidentschaft. Diesmal wird der Ratsvorsitz allerdings von der massivsten Wirtschaftskrise Griechenlands seit seinem Beitritt überschattet, dementsprechend präsentiert sich das Programm der Ratspräsidentschaft gerade im Umweltbereich wenig ambi­tioniert.

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Artikel teilen:

Die Vertreter der griechischen Regierung haben zwar widerholt beteuert, es werde „ein europäischer und kein griechischer Vorsitz“ werden, dennoch fokussiert das Arbeitsprogramm der Präsidentschaft auf die Themen Wachstum, Arbeitslosigkeit, Banken-Union, Datenschutz und die seit Lampedusa wieder hoch aktuelle Flüchtlingspolitik, speziell den „Kampf gegen illegale Migration und Grenz­sicherung“. Das Präsidentschaftsprogramm umfasst hunderte von Sitzungen, allein 13 Ministerräte in Athen. Die Sitzungen des Umweltministerrates sind für den 03. März (Brüssel) und 12. Juni (Lu­xembourg) geplant. Vorbehaltlich der Abschlüsse der Dossiers im Europäischen Parlament, das wegen der Parlamentswahlen am 25. Mai nur dreieinhalb Monate tagt, stehen am 03. März unter anderem das Klima- und Energiepaket bis 2030, am 12. Juni Fracking und die EU-Position zur 12. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über die biologische Vielfalt (CBD, 06. bis 17. Oktober 2014, Südkorea) auf dem Programm.

BirdLife Europe und sein griechischer Partner HOS haben entsprechende Forderungen an die Ratspräsidentschaft gestellt. Zudem fordert BirdLife, gemeinsam mit dem Europäischen Parlament die Verhandlungen über die geplante Verordnung zur Erfassung, Eindämmung und Bekämpfung invasiver Arten [Naturschutz und Landschaftsplanung 45 (10/11): 294] zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen sowie sich für ambi­tionierte Umweltziele in der geplanten Richtlinie zur maritimen Raumordnung und für die bessere Umsetzung des EU-Umweltrechts in den Mitgliedstaaten einzusetzen, wie Rat und Parlament das im 7. Umweltaktionsprogramm (UAP) beschlossen haben.

Hinsichtlich der geplanten Richtlinie für die maritime Raumordnung und das integrierte Küstenzonenmanagement (COM(2013) 133 final) kritisiert BirdLife, dass sowohl im Ministerrat als auch im Europäischen Parlament, federführend dort die liberale Berichterstatterin Gesine Meißner (FDP), zu stark auf das Wirtschaftswachstum der maritimen Wirtschaft („blue growth“) fokussiert wird, während die Gefahren für die ökologische Vielfalt durch bislang unkoordinierte Offshore-Entwicklung, etwa Sand- und Kiesabbau, Öl- und Gasförderung, Windenergie, sowie durch Schifffahrtsrouten und Hafenausbau vernachlässigt werden.

Bei der Novelle der UVP-Richtlinie manifestierte sich die bereits in den letzten Kolumnen [Naturschutz und Landschaftsplanung 45 (12): 354; 46 (1): 2] beschriebene Konfliktlinie zwischen einigen Konservativen wie Herbert Reul (CDU) und den anderen Parteien im Parlament sowie zwischen Parlament und Ministerrat. Beim letzten Trilog zwischen Parlament und Rat am 18. Dezember 2013 wurde unter anderem die von Berichterstatter Andrea Zanoni (Liberale, Italien) und der Mehrheit des EP unterstützte UVP-Pflicht für Fracking sowie für kleine Flughäfen (Startbahnen unter 2100 m Länge) gestrichen, was auf massive Kritik von Abgeordneten der SPD wie Matthias Groote und Jutta Haug sowie der Grünen stieß.

Der von Matthias Groote geleitete Umweltausschuss wird sich voraussichtlich im Februar mit dem ausgehandelten Kompromiss beschäftigen, die Abstimmung im Plenum ist für März geplant. Noch ist nicht absehbar, ob die Mehrheit des EP dem Kompromiss aufgrund der gegenüber der bisherigen UVP-Richtlinie erzielten Fortschritte zustimmt, die insbesondere in süd- und osteuropäischen Mitgliedstaaten Verbesserungen brächten (Berücksichtigung von Summationseffekten, bessere Information der Öffentlichkeit, bessere Schulung der Gutachter, verbindliche Beachtung der UVP-Ergebnisse etc.), oder ob er abgelehnt wird. Hinsichtlich des Frackings wird dabei auch eine Rolle spielen, ob die EU-Kommission, wie angekündigt, einen eigenen Richtlinienvorschlag für Fracking vorlegen wird, der eine Aufnahme in die UVP-Richtlinie ersetzen könnte.

Im Rahmen der Beratungen zum Verordnungsentwurf zu invasiven Arten hat der Berichterstatter im EP, Pavel Poc (S&D, Tschechien), etliche Anregungen der Umweltverbände aufgenommen, etwa die Streichung der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Beschränkung auf 50 Arten. Zudem schlägt er einen Expertenausschuss vor, der die Kommission angesichts der gerade durch den Klimawandel beschleunigten Entwickung der Neozoen-Problematik beraten könnte. Allerdings hat er auch Ausnahmen (derogations) angeregt, die nach Auffassung von Umweltverbänden und Wissenschaftlern zu weit gehen. Auch im Ministerrat will insbesondere Dänemark weitgehende Ausnahmen für Pelzfarmen durchsetzen, obwohl die Erfahrungen mit Nutria, Waschbär, Marderhund und amerikanischem Nerz deutlich gezeigt haben, dass man Pelztiere selbst bei besten Sicherheitsmaßnahmen eben nicht ausbruchsicher halten kann. Der EP-Bericht soll im Umweltausschuss Ende Januar beschlossen und im Februar ins Plenum eingebracht werden. Der Trilog mit dem Ministerrat müsste dann bis spätestens Mitte April abgeschlossen werden, da das Parlament seine Arbeit am 17. April beendet und die Parlamentarier sich danach dem Wahlkampf widmen.

Der Fahrplan der griechischen EU-Ratspräsidentschaft im Internet:

http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/pressdata /en/fc/140297.pdf.

Anforderungen von BirdLife Europe sind hier zu finden:

http://www.birdlife.org/europe-and-central-asia/policy/presidencies-eu.

Claus Mayr, NABU, Direktor Europapolitik, Brüssel, Claus.Mayr@NABU.de

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren