Weitere Nationalparke für Deutschland?!
Nordschwarzwald (Baden-Württemberg), Hunsrück (Rheinland-Pfalz), Senne (Nordrhein-Westfalen) und Steigerwald – besonders dort spalten derzeit Diskussionen um die Ausweisung von Nationalparks die Bevölkerung. Doppeldeutig in der Aussage des Titels, aber eindeutig im Inhalt hat das Bundesamt für Naturschutz in einem Thesenpapier Argumente und Hintergründe zusammengestellt. Nachfolgend ein redaktionell bearbeiteter Textauszug einiger Thesen.
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Argumente und Hintergründe – ein Thesenpapier des Bundesamtes für Naturschutz
Mit Blick auf die Zielstellung von Nationalparken, auf ihre Wohlfahrtswirkungen und im Kontext aktueller Auseinandersetzungen kommt es immer wieder zu Fehleinschätzungen und Falschaussagen. Vor diesem Hintergrund soll das Papier zur Klärung und Schärfung dessen, was einen Nationalpark ausmacht und worin seine Wohlfahrtswirkungen bestehen, beitragen und helfen, die öffentliche Diskussion um Nationalparke zu versachlichen.
Neben der Ausweisung weiterer Nationalparke sowie ihrer Vernetzung und Einbindung in ein kohärentes Schutzgebietssystem, das darauf ausgerichtet ist, alle naturräumlichen Großeinheiten Deutschlands repräsentativ zu erfassen, erfordert die Qualitätssicherung bzw. verbesserung der bestehenden Nationalparke gleiches Augenmerk.
Derzeit sind in Deutschland 14 Nationalparke mit einer terrestrischen Gesamtfläche von 194 362 ha per Gesetz oder Verordnung ausgewiesen (0,54 % der Landfläche Deutschlands; davon nur ca. 50 % als Kernzonen einer ungelenkten Entwicklung un-terliegend). Der Anteil der deutschen Nationalparke an der Meeresfläche ist deutlich höher.
Internationale Glaubwürdigkeit
Wir beklagen mit Recht den Verlust tropischer Regenwälder und fordern von den betreffenden Ländern, sich für ihren Schutz einzusetzen. Das Schutzgebietsprogramm des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt (CBD) for-dert von den Mitgliedstaaten die Einrichtung kohärenter Schutzgebietssysteme. Wollen wir Deutschen international glaubwürdig sein, müssen wir auch im eigenen Land unseren internationalen Verpflichtungen nachkommen.
Das Schutzinstrument Nationalpark gewährleistet den großflächigen Schutz von Lebensräumen nationaler und internationaler Bedeutung sowie den langfristigen Erhalt weitgehend unbeeinflusster Ökosysteme. Es trägt dazu bei, der Verantwortung, die sich aus internationalen Vereinbarungen ergibt, gerecht zu werden. Beispielsweise soll im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) gemäß dem strategischen Plan für Biodiversität 2011-2020 (COP 10 Decision X/2) der Anteil der terrestrischen Schutzgebiete weltweit von derzeit 12,7 % auf 17 % im Jahr 2020 erhöht werden. Nationalparke können dazu beitragen, diese ambitionierten Ziele zu erreichen. Gerade reiche Industrienationen sollten sich ausreichend große Flächen ohne menschliche Beeinflussung leisten können, zumal diese zahlreiche Wohlfahrtswirkungen erbringen, die sich nicht am Holzertrag messen lassen.
Nationale Ziele
Dauerhaft ungenutzte Wildnisgebiete sind in Mitteleuropa faktisch verschwunden. Die Nationale Strategie der Bundesregierung zur biologischen Vielfalt (NBS) aus dem Jahre 2007 formuliert folgerichtig das Ziel, bis 2020 auf 2 % der Fläche Deutschlands möglichst großräumige Wildnisgebiete zu etablieren und auf 5 % der Waldfläche bzw. 10 % der Waldfläche der öffentlichen Hand eine nicht vom Menschen beeinflusste Waldentwicklung zuzulassen.
Wildnisgebiete in Deutschland nehmen optimistisch geschätzt ca. 0,7 % der Landfläche ein – neben den Kernzonen der Nationalparke relevante Flächenanteile aus den anderen Schutzkategorien sowie das Nationale Naturerbe. Um das 2-%-Ziel der Bundesregierung zu erreichen, sind daher erhebliche weitere Anstrengungen notwendig. Einen Beitrag kann die Erweiterung der Kernzonen bestehender Nationalparke auf mindestens 75 % ihrer Fläche leisten; es wird jedoch zusätzlich die Ausweisung weiterer großräumiger Gebiete wie Nationalparke erforderlich sein. Defizite hinsichtlich eines repräsentativen Systems von Nationalparken bestehen insbesondere bei Wäldern (Buchen-/Mischwaldgesellschaften) sowie Auen- und Moorlandschaften, aber auch ehemaligen großflächigen Truppenübungsplätzen und Hochgebirgslandschaften.
Förderung ungelenkter Prozesse
Nur Nationalparke gewährleisten mit ihren Prozessschutzflächen die langfristige Sicherung ungelenkter Sukzessionsabläufe bzw. die Entwicklung der Natur ohne Eingriffe des Menschen auf größeren Flächen. Indem wir Flächen der natürlichen Entwicklung zurückgeben, wird insbesondere dem eigenen Wert der Natur und damit der Zielbestimmung des § 1 Abs. 1 BNatSchG Rechnung getragen. Nationalparke befriedigen die Sehnsucht nach Wildnis. Sie ermöglichen gerade in hoch technisierten Ländern wie Deutschland ein Erleben unbeeinflusster bzw. vom Menschen ungelenkter Natur.
Freilandlabor und Lernort
Nationalparke dienen als wichtige Referenzflächen für die Erforschung evolutionärer und ökosystemarer Prozesse sowie naturschutzfachlicher Fragestellungen. Indem die Anpassung der Natur an sich ändernde Umweltbedingungen beobachtet werden kann, lassen sich Rückschlüsse auf Handlungsweisen des Menschen auch bei der Landnutzung (z.B. bei der Baumartenwahl, den Auswirkungen waldbaulicher Methoden) ziehen. So werden Nationalparke auch für die Forstwirtschaft der Zukunft ein Gewinn sein.
Schutz der Biodiversität
Es wird bisweilen die Meinung vertreten, die Stilllegung z.B. größerer Waldgebiete in Sachen Holzgewinnung führe nicht zur Bewahrung der Biodiversität. Diese sei in den Kernzonen der Nationalparke sogar geringer als in nachhaltig bewirtschafteten Wäldern.
Das Gegenteil ist (meist) richtig: Zwar können sich solche Arten rückläufig entwickeln, die durch genutzte Wälder gefördert werden, jedoch werden sich dafür langfristig viele weitere Arten etablieren, die auf Strukturreichtum sowie Alt- und Totholz angewiesen sind. Viele Untersuchungen belegen, dass Nationalparke aufgrund ihrer erhöhten Struktur- und Stadienvielfalt wichtige Hotspots der Biodiversität darstellen und als effizientes Schutzinstrument zu deren Erhalt notwendig sind. Viele, vor allem seltene und in ihrem Bestand gefährdete Arten (u.a. viele Holz bewohnende Insekten, Pilze und Flechten bzw. sog. Urwaldreliktarten) sind explizit auf den Nutzungsverzicht und die damit einhergehende natürliche Entwicklung angewiesen sowie insbesondere an hohe Alt- und Totholzanteile gebunden, welche in Nationalparken gegenüber Wirtschaftswäldern um ein Vielfaches erhöht sind. Durch Nationalparke werden zudem großflächig (inter)national bedeutsame, hochgradig gefährdete und repräsentative Biotoptypen (z.B. Wattbiotope, Buchenwälder) langfristig geschützt.
Gebietsgröße
Die Fläche (künftiger) terrestrischer Nationalparke in Deutschland sollte groß genug (i.d.R. jeweils mindestens 10 000 ha) und zusammenhängend bzw. weitgehend unzerschnittten sein. Damit werden negative Randeffekte minimiert sowie die Ansprüche der zu schützenden Ökosysteme und Arten vollständig gewährleistet und eine möglichst große standörtliche Vielfalt sowie Struktur- und Stadienvielfalt mit vielfältigen ökologischen Nischen zugelassen (Gewährleistung der Vollständigkeit ökosystemarer Prozesse inkl. der Räuber-Beute-Systeme).
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Nationalparke sollen gemäß § 24 Abs. 1 BNatSchG auch der naturkundlichen Bildung dienen, als Baustein einer Bildung für nachhaltige Entwicklung. Mit ihrem Angebot leisten Nationalparke (neben Biosphärenreservaten) einen zentralen Beitrag hierzu. Sie erreichen besonders viele Menschen und kooperieren vielfach mit den Schulen und Bildungseinrichtungen der angrenzenden Gemeinden. So bieten sie die einzigartige Möglichkeit, Wildnis und vom Menschen ungesteuerte Entwicklungsprozesse „vor der eigenen Haustür“ zu erleben oder zu vermitteln, was zum Nachdenken über das Verhältnis Natur-Mensch und zu einem nachhaltigen Lebensstil anregen kann.
Wildniserleben, Erholung und Gesundheitsvorsorge
Nationalparke bieten mit hoher Luftqualität, geringem Lärmpegel und den von Menschenhand unbeeinflussten großflächigen Prozessschutzflächen im Vergleich zu anderen Gebieten die Möglichkeit für besonders intensive Naturerlebnisse. In Nationalparken können von fachkundigen Führern begleitete botanische und faunistische Erkundungen zu einem erhöhten Erholungs- und Erlebniswert beitragen.
Ökosystemleistungen
Wie auch andere Gebiete stellen Nationalparke für den Menschen kostengünstig verschiedenste Ökosystemleistungen zur Verfügung. Dabei können einzelne Ökosystemleistungen wie das Zur-Verfügung-Stellen von genetischen Ressourcen, von Lebensräumen für verschiedene Arten oder von intakten Nährstoffkreisläufen in Nationalparken besonders gut erbracht werden. Zu den relevanten Ökosystemleistungen gehören nicht zuletzt auch kulturelle Leistungen: So bieten Nationalparke Raum für Freude an der Schönheit der Landschaft, Erholung und Spiritualität.
Klimaschutz
Einer Studie für den NLP Hainich zufolge können sich in Buchenurwäldern bis zu 500 t Biomasse/ha ansammeln, wohingegen sich der Anteil in Wirtschaftswäldern auf lediglich 30 bis 50 % davon beläuft und sich somit auch eine entsprechend geringere Kohlenstoff-Speicherung ergibt. Auch in sehr alten Fichtenbeständen des NLP Harz konnten hohe Kohlenstoff-Vorräte festgestellt werden. Hinsichtlich des Kohlenstoffhaushaltes ungenutzter Wälder bestehen zwar noch erhebliche Kenntnisdefizite. Vorliegende Studien weisen einen starken regionalen bzw. standörtlichen Bezug auf und können in ihren Werten nicht ohne Weiteres auf andere Regionen übertragen werden; sie lassen jedoch den Schluss zu, dass natürliche, unbewirtschaftete alte Wälder, wie sie insbesondere in Nationalparken auftreten, einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten können.
Volkswirtschaft
Nationalparke sind öffentliche Güter, für die es keine Marktpreise gibt, die aber dennoch einen großen gesellschaftlichen Nutzen haben. Aus volkswirtschaftlicher Perspektive stellen zahlreiche Kosten von Nationalparken lediglich Verteilungseffekte dar, d.h. sie beziffern insofern keine „tatsächlichen“ Verluste, da die für die Verwaltung und Infrastruktur anfallenden Gelder sonst für ähnliche Zwecke ausgegeben würden (z.B. regionale Wirtschaftsförderung). Einen volkswirtschaftlichen Nutzen, der aber in der Regel nicht durch Marktpreise bezifferbar ist, stellen z.B. die durch Nationalparke bereit gestellten ökologischen Leistungen dar.
Tatsächliche überwiegend auf betriebswirtschaftlicher Ebene anfallende Verluste können durch die Einstellung der forstwirtschaftlichen Nutzung in den Kernzonen entstehen, wobei sich die konkreten Verluste des unterbleibenden Holzeinschlags im Regelfall durch Substitutionseffekte und Zukauf von Holz aus anderen Regionen ausgleichen lassen. Für den NLP Bayerischer Wald erweist sich z.B. die Kosten-Nutzen-Relation gegenüber einer forstwirtschaftlichen Nutzung als die ökonomisch sinnvollere Alternative.
Wertschöpfung durch Naturtourismus
Nationalparke stellen eine besondere Attraktion dar, die sich touristisch in Wert setzen lässt: Sie sprechen Besucher an, die ein besonderes Naturerlebnis suchen und i.d.R. mehr Geld vor Ort ausgeben. Zudem können Nationalparke zu einer Saisonverlängerung beitragen, d.h. auch in der Nebensaison kommt es zu einer höheren touristischen Auslastung. Das stetig steigende Interesse an den Partner-Initiativen der Nationalparke beweist, dass lokale Unternehmen und Institutionen (vorwiegend aus den Bereichen Gastronomie, Beherbergung und Bildung) mit Nationalparken kooperieren. Durch einen Nationalpark und dessen Angebote können die touristische Infrastruktur einer Region und damit ihre Attraktivität deutlich verbessert und alle Angebote besser ausgelastet werden. Nationalparke heben sich hier gegenüber Biosphärenreservaten und Naturparken durch ihr umfangreicheres Angebot i.d.R. deutlich ab.
Wertschöpfung und Arbeitsplätze
Der Verzicht auf Holzeinnahmen führt i.d.R. nicht zum Verlust von Arbeitsplätzen bei Förstern und Waldarbeitern, da diese gewöhnlich in die Nationalparkverwaltung übernommen werden. Es ist jedoch darauf zu achten, dass die Nationalparkverwaltungen das übernommene Forstpersonal für ihre (neuen) Aufgaben umschulen und fortbilden, damit durch ihre Arbeit Nationalparke die mit ihnen verbundenen Wohlfahrtswirkungen auch tatsächlich ausschöpfen können.
Das von den weiterverarbeitenden Betrieben benötigte Holz wird zu großen Teilen überregional bezogen, weshalb die Verluste auch hier vertretbar sind. Aufgrund des geringen Flächenanteils der deutschen Nationalparke verschärfen diese die prognostizierte Versorgungslücke Holz allenfalls marginal. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Waldfläche in Deutschland in den letzten 15 Jahren von 29,4 auf 31,1 % der Landesfläche gestiegen ist – ebenso wie die Holzvorräte und Holznutzung pro Flächeneinheit.
Das Problem von verlorenen landwirtschaftlichen Flächen durch die Ausweisung von Nationalparken tritt in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen kaum auf. Zudem gibt es Übergangslösungen oder die Flächen werden Bestandteil der dauerhaften Pflegezone, die eine naturschutzgerechte Bewirtschaftung zulässt. Fischerei findet in den betroffenen Nationalparken durchaus noch statt, wird aber im Sinne des Schutzgedankens räumlich konzentriert, nachhaltiger gestaltet bzw. natur- und sozialverträglich heruntergefahren. Jagd bzw. Schalenwildmanagement wird in Nationalparken meist nicht generell untersagt. Es findet i.d.R. ein reguliertes Schalenwildmanagement statt, das die natürliche Entwicklung befördern soll, wobei die Opportunitätskosten (d.h. die Verzichtskosten) vernachlässigbar sind.
Generell werden Arbeitsplatzverluste durch die Entstehung neuer Arbeitsplätze im Nationalpark selbst und durch den Tourismus ausgeglichen, vielfach sogar überkompensiert, da Nationalparke oft in strukturschwachen peripheren Regionen Deutschlands liegen.
Kosten
Die für die Länder mit der Ausweisung, Einrichtung und dem Management eines Nationalparks entstehenden Kosten stellen aus volkswirtschaftlicher Sicht lediglich Verteilungseffekte dar bzw. aus regionaler Perspektive eine Unterstützung meist strukturschwacher ländlicher Räume, wie sie ansonsten auch im Rahmen der Regionalentwicklung und Regionalförderung erfolgt.
Hingegen kommt es durch die Einrichtung und den Betrieb eines Nationalparks zu direkten, indirekten und induzierten Effekten (z.B. Beschäftigungseffekt, Beauftragung regionaler Firmen z.B. bei Baumaßnahmen, Generierung von Einkommen, das teilweise wieder in der Region ausgegeben wird) sowie einer Aufwertung der touristischen Infrastruktur vor Ort und es werden somit für die eingesetzten Kosten vielfältige Werte geschaffen.
Einfluss von Borkenkäfern
Borkenkäfergradationen sind im Regelfall nur dort zu erwarten, wo durch die vorangegangene Bewirtschaftung nicht standortgerechte Bestockungen gefördert wurden (insbesondere dominante Fichtenforste); das ist in Deutschland nur in wenigen Nationalparken der Fall (Bayerischer Wald, Harz, partiell Eifel). Ein Übergreifen auf benachbarte Wälder kann durch eine 500 m breite Bekämpfungszone entlang der NLP-Außengrenze weitestgehend verhindert werden. In Buchenmischwäldern oder anderen Laubwäldern können keine Borkenkäferkalamitäten auftreten.
In der Regel entstehen bereits wenige Jahre nach solchen Störungsereignissen struktur- und artenreiche Jungwälder, die eher der natürlichen Vegetation entsprechen bzw. eine hohe Strukturvielfalt aufweisen. Wald stirbt also nicht, sondern wächst wieder nach und wird naturnäher.
Mitspracherecht der Bevölkerung
Die Ausweisung eines Nationalparks muss immer Hand in Hand mit den Betroffenen erfolgen. Bei der Ausweisung eines Nationalparks ist darauf zu achten, der lokalen Bevölkerung Informations-, Beteiligungs- und Mitsprachemöglichkeiten zu bieten. Nur mit einer ausreichenden Partizipation und Akzeptanz der Bevölkerung vor Ort lassen sich die Nationalpark-Ziele erfolgreich umsetzen. Den Weg dorthin bestimmen die Länder, Regionen und Kommunen selbst. Auch das weitere Management eines Nationalparks sollte unter Einbindung der Bevölkerung und wesentlicher Stakeholder erfolgen.
Zugänglichkeit
Bei den Nationalparken in Deutschland handelt es sich um prinzipiell frei zugängli-che Gebiete, von Aussperrung kann keine Rede sein. Dennoch existieren Wegegebote, Besucherlenkungsmaßnahmen sowie Einschränkungen beim Sammeln von Pilzen und Beeren, um angesichts des Besucherdrucks den Schutzweck zu erfüllen. Dem steht ein Gewinn gegenüber, denn durch eine entsprechende Wegeplanung (wie z.B. entsprechende Themenwanderwege) kann die Attraktivität des Wanderwegeangebots gesteigert werden.
Infrastrukturentwicklung
Die Infrastrukturentwicklung der Gemeinden im Umfeld eines Nationalparks verläuft im Regelfall positiv. Im Umfeld des NLP Bayerischer Wald etwa besteht im Vergleich zu manch anderem ländlich peripheren Raum ein attraktives ÖPNV-Angebot, im Umfeld vieler anderer Nationalparke existiert und entwickelt sich aufgrund der erhöhten Besucherzahlen weiterhin eine attraktive touristische Infrastruktur (Beherbergungen, Gaststätten, Läden etc.), die zu regionaler Wertschöpfung führt und auch den Einheimischen zu Gute kommt.
Eigentumsrechte bei Privateigentum
Die Flächen eines Nationalparks sind in Deutschland i.d.R. zum weit überwiegenden Teil im Besitz der öffentlichen Hand. Befinden sich (noch) Flächen in privatem Besitz, werden die Eigentü-mer nicht enteignet, sondern es wird in der Regel ein Flächentausch auf freiwilliger Basis angestrebt oder die Flächen werden vom Staat erworben, soweit Verkaufsbereitschaft vorliegt. Bei Nationalpark-Neuausweisungen wird von vornherein ein sehr hoher Anteil an Flächen der öffentlichen Hand angestrebt. Eine Zwangsenteignung wäre zudem rechtlich gar nicht möglich.
Brennholz
Für die Anrainer eines Nationalparks kann durch Holz aus der Entwicklungszone bzw. aus benachbarten Wäldern ausreichend Brennholz zur Verfügung gestellt werden. Für Nationalpark-Planungskulissen können unter Beteiligung der Bevölkerung detaillierte Brennholzkonzepte erarbeitet werden, die gewährleisten, dass der Brennholzbedarf für die örtliche Bevölkerung auch weiter gedeckt wird.
Fazit
Die Ausweisung weiterer Nationalparke in Deutschland ist sowohl wissenschaftlich, naturschutzfachlich, ethisch als auch umweltpolitisch gut begründet. Hinzu kommen positive regionalökonomische bzw. touristische Effekte, Letztere insbesondere in strukturschwachen Regionen. Sie weisen einen naturschutzfachlichen Mehrwert auf, der durch andere Großschutzgebietskategorien (Biosphärenreservat, Naturpark) so nicht realisierbar ist. Zudem entstehen in der Region zahlreiche Synergieeffekte, die der regionalen Wertschöpfung zugutekommen und die Identität der Region befördern.
Während die Akzeptanz von Nationalparken als zentralen Bausteinen unseres nationalen Naturerbes in der deutschen Bevölkerung hoch ist, kommt es bei Neuausweisungen auf lokaler bis regionaler Ebene häufig zu kontroversen Diskussionen. Das BfN-Papier soll helfen, diese zu versachlichen und Ängste zu nehmen. Plädiert wird insbesondere dafür, Diskussionen um die Einrichtung neuer Nationalparke zum Schluss nicht auf rein finanzielle Aspekte zu beschränken, sondern die naturschutzfachlichen Argumente und die vielfältigen Möglichkeiten der problemangepassten Lösung tatsächlich vorhandener Konflikte über das Management stärker in den Vordergrund zu stellen.
Das 28-seitige, mit zahlreichen Literaturzitaten versehene Positionspapier „Weitere Nationalparke für Deutschland?! Argumente und Hintergründe mit Blick auf die aktuelle Diskussion um die Ausweisung von Nationalparken in Deutschland“ wurde bearbeitet von Dr. Volker Scherfose, Dr. Uwe Riecken und Prof. Dr. Beate Jessel. Es ist im April 2013 erschienen und kann unter folgendem Link heruntergeladen werden: http://www.bfn.de/01_positionspapiere.html.
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