Produktionsintegrierte Kompensation mit ökologischem Landbau
Über 70 Vertreterinnen und Vertreter des amtlichen Naturschutzes, von Straßenbaubehörden, Planungsbüros, Flächenagenturen und der Wissenschaft folgten der Einladung der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (NNA) und des Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachsen (KÖN) zur Fachtagung „Produktionsorientierte Kompensation – Aufwertung der Kulturlandschaft mit ökologischem Landbau“.
- Veröffentlicht am
Von Bettina Frieben, Eva Meyerhoff und Franz Höchtl
Dr. Stefan Dreesmann vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium erläuterte die rechtlichen Vorschriften für die ökologische Bewirtschaftung, ihre Parallelen zu Zielsetzungen des Bundesnaturschutzgesetzes sowie die rechtlich und organisatorisch geregelte Kontrolle. Das Aufwertungspotenzial der Umstellung der landwirtschaftlichen Nutzung auf ökologische Bewirtschaftung für Boden, Wasserhaushalt, Arten und Lebensgemeinschaften der Agrarlandschaft wurde auf Basis umfangreicher Vergleichsuntersuchungen nachvollziehbar belegt. Dr. Helge Neumann vom Deutschen Verband für Landschaftspflege zeigte, dass die Wirkung der Bewirtschaftung auf Feldvögel zwar differenziert betrachtet werden muss, sich die Vogelfauna nach der Umstellung aber meist positiv entwickelt. Er verdeutlichte, dass der Schlüssel zum Erfolg für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit besonderen Funktionsbezügen zum Artenschutz in Äckern (z.B. für Ortolan und Rotmilan) in der Kombination spezifischer produktionsintegrierter Maßnahmen mit der ökologischen Bewirtschaftung liegt. Im Rahmen einer Ausschreibung erwies sich, dass sich die geforderten Maßnahmen am günstigsten in einen ökologisch wirtschaftenden Betrieb integrieren ließen.
Das Interesse vieler Unterer Naturschutzbehörden am Thema, das im Rahmen des Projekts „Produktionsintegrierte Kompensation mit ökologischem Landbau“ ermittelt wurde, erläuterte Eva Meyerhoff vom KÖN. Vertreter von Flächenagenturen, Kommunen und ein Öko-Landwirt, der einen Pool von Kompensationsmaßnahmen betreibt, führten am Nachmittag eindrucksvoll vor, wie produktionsintegrierte Kompensation mit konventionell oder ökologisch wirtschaftenden Betrieben funktioniert und wo die Stolpersteine liegen. Umsetzungsbeispiele aus Niedersachsen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen wurden vorgestellt. Nicht jede mit dem konventionellen Landbau entwickelte Maßnahme führt bei ökologischer Bewirtschaftung zum gleichen Ergebnis: So verkrauten Lerchenfenster unter ökologischer Bewirtschaftung schneller, entfalten aber positive Effekte für andere Arten.
Dass es sich bei der Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung grundsätzlich um eine rechtssichere Aufwertungsmaßnahme im Sinne der Eingriffsregelung handelt, belegte der Jurist Dr. Carl-August Agena. Der Dauerhaftigkeit sei nach geltender Rechtssprechung mit 25 bis maximal 30 Jahren Genüge getan. Nach seiner Auffassung reicht eine vertragliche Sicherung aus, insbesondere, wenn Stiftungen oder Flächenagenturen die Verantwortung für den dauerhaften Ausgleich tragen.
Offene Fragen zur rechtlichen Sicherung der Maßnahmen wurden auch in der Diskussion thematisiert. Es bleibt zu klären, wie sich Maßnahmenträger in der zunehmend von Flächenkonkurrenz geprägten Agrarlandschaft gegen Verluste von produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen absichern könnten. Vertreter von Naturschutzbehörden betonten deshalb die Notwendigkeit langfristiger, im Grundbuch oder durch Baulasten gesicherter Maßnahmen. Auch die Etablierung einer speziellen „Kompensationsbaulast“ wurde vorgeschlagen.
Rechtssicherheit könnte die zum Zeitpunkt der Tagung im Entwurf vorliegende Bundeskompensationsverordnung schaffen. Diese geht auch auf produktionsintegrierte Kompensation, ihre Funktion und Ausgestaltung ein. In der Entwurfsfassung ist sie jedoch im Hinblick auf die dort ausgeführten Maßnahmen noch nicht ausgereift und zu pauschal. Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde deutlich, dass der Entwurf zum einen die Chance vergibt, produktionsintegrierte Maßnahmen regionsspezifisch zuzuschneiden, und zum anderen die langjährigen Kenntnisse und Erfahrungen des ökologischen Landbaus ignoriert, wie die Ausgestaltung einer „extensiven Ackernutzung“ langfristig nachhaltig realisierbar ist.
Dass sich Doppelförderung, d.h. die gleichzeitige Finanzierung der Umstellung über Agrarumweltprogramme und als Kompensationsmaßnahme ausschließen, schien einstimmige Meinung. Eine in Thüringen behördlich abgestimmte Vorgehensweise ermöglicht jedoch, bislang im Rahmen von AUM geförderte ökologisch bewirtschaftete Flächen als Kompensation abzulösen, wodurch der konventionell bewirtschaftete Zustand vor der AUM-geförderten Umstellung als Ausgangszustand anerkannt wird. Hierdurch soll die ökologische Bewirtschaftung von Flächen in Thüringen langfristig gesichert werden.
Einige Behördenvertreter blieben skeptisch, andere fühlten sich ermutigt, das Thema jetzt auch vor Ort anzugehen. Deutlich wurde, dass die regionalen Bedingungen und die Eingriffe so unterschiedlich sind, dass jeder Fall einzeln betrachtet werden muss. Insbesondere für den Ersatz bei Eingriffen in Boden und Wasserhaushalt sowie für spezifische Artenschutzmaßnahmen in der Feldflur zeigte sich eine große Aufgeschlossenheit für ökologische Bewirtschaftung als potenzielle, zum Teil zu ergänzende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme.
Die Vorträge sind abrufbar unter dem Link http://www.nna.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=7800&article_id=110962&_psmand=27.
Anschriften der Verfasser(innen): Dr. Bettina Frieben und Eva Meyerhoff, Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen, Bahnhofstraße 15, D-27374 Visselhövede, E-Mail B.Frieben@oeko-komp.de; Dr. Franz Höchtl, Alfred-Töpfer-Akademie für Naturschutz NNA, D-29640 Schneverdingen.
Barrierefreiheit Menü
Hier können Sie Ihre Einstellungen anpassen:
Schriftgröße
Kontrast
100 Euro Rabatt auf Ihr Stellenangebot
Als Abonnent:in von Naturschutz und Landschaftsplanung erhalten Sie pro Kalenderjahr 100 Euro Rabatt auf Ihr Stellenangebot im Grünen Stellenmarkt.
mehr erfahrenNoch kein Abo? Jetzt abonnieren und Rabatt für 2025 sichern.
zum Naturschutz und Landschaftsplanung-Abo
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.