Ausbau von Wasserstraßen und Überarbeitung der UVP-Richtlinie
Im Herbst 2012 hat eine weitere der von der EU-Kommission eingerichteten Expertengruppen ihre Arbeit beendet: Der Leitfaden zum Ausbau von Binnenwasserstraßen unter Berücksichtigung der Anforderungen der Fauna-Flora-Habitat- und der EU-Vogelschutzrichtlinie wurde am 18. Oktober 2012 von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas und EU-Umweltkommissar Janez Potocnik veröffentlicht.
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Das „Guidance document on Inland waterway transport and Natura 2000“ (120 Seiten) ist zunächst nur in Englisch verfügbar, soll aber auch in andere Amtssprachen übersetzt werden. Die Kommission hatte die Erarbeitung dieses Leitfadens unter Beteiligung von Experten der Mitgliedstaaten, von Wasserstraßenverwaltungen, Schifffahrts- und Umweltverbänden vor dem Hintergrund in Angriff genommen, dass bis zum Jahr 2050 eine massive Steigerung des Verkehrsaufkommens in der Binnenschifffahrt prognostiziert wird, insbesondere im Gütertransport. Auf der anderen Seite gehören viele Flussauen zum Schutzgebietsnetz Natura 2000 oder sind Heimat streng geschützter Arten.
Daher enthält Leitfaden umfangreiche Hintergrundinformationen zur ökologischen und verkehrlichen Bedeutung von Flüssen und geht ausführlich auf die Anforderungen von FFH- und Vogelschutzrichtlinie sowie der Wasserrahmenrichtlinie ein, beleuchtet aber auch die Zusammenhänge mit SUP- und UVP-Richtlinie. Für Praktiker sind insbesondere auch die ausführlichen Kapitel zur integrierten Planung (Kapitel 4) sowie zur Ausführung einer allen rechtlichen Anforderungen entsprechenden FFH-Verträglichkeitsprüfung (Kapitel 5) sowie die zahlreichen „best practice“-Beispiele interessant.
Die UVP-Richtlinie von 1985, nach ihrer verspäteten Einführung in Deutschland 1990 vom damaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer als „Königsweg der Umweltpolitik“ gepriesen, ist in den letzten Jahren immer wieder kleineren Aktualisierungen unterworfen worden, die im Dezember 2011 in einer kodifizierten Fassung mündeten (Richtlinie 2011/92/EU). Seit 2009 läuft zudem eine generelle Überarbeitung der Richtlinie, mit mehreren Expertenworkshops sowie einer öffentlichen Konsultation im Sommer 2010.
Als Ergebnis der intensiven Beratungen hat die Europäische Kommission am 26. Oktober 2012 einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2011/92 vorgelegt (COM (2012)628 final), der bisherige Schwachstellen beseitigen und die Richtlinie „fit machen“ will für neue Anforderungen wie Ressourceneffizienz, Klimawandel, besseren Schutz der Biodiversität und Katastrophenvorsorge, die vor 27 Jahren noch nicht so zentral im Fokus der EU-Politik standen.
Kernpunkte der Änderungen betreffen insbesondere die Klarstellung des Projektbegriffs und eine stärkere Fokussierung auf Projekte mit wirklich signifikanten Umweltauswirkungen, die bessere Koordination zwischen der UVP und anderen Rechtsvorschriften, etwa nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie, sowie die Straffung der verschiedenen Phasen des UVP-Prozesses bis hin zum Vorschlag einer zentralen UVP-Anlaufstelle. Durch die verstärkte Betrachtung kumulativer Effekte soll der in vielen Mitgliedstaaten praktizierten „Salamitaktik“ Einhalt geboten werden. Auch die Bestimmungen zu Beteiligungs- und Verfahrensfristen sowie zu den Darlegungspflichten der Behörden wurden verbessert. Nicht zuletzt soll die Bürgerbeteiligung entsprechend den Anforderungen der Aarhus-Konvention (1998) und der daraus abgeleiteten EU-Richtlinien ausgebaut werden.
Insgesamt greift der Entwurf zahlreiche der in den Diskussionen der letzten Jahre geäußerten Verbesserungsvorschläge sowie aktuelle Entwicklungen wie den Klimawandel auf. Er dürfte zur Verbesserung und Beschleunigung der Planungsverfahren beitragen, ohne die materiellen Standards zu senken. Lediglich die Bestimmungen zur Bürgerbeteiligung und die fehlende Verankerung von Klagerechten gemäß Aarhus-Konvention ernteten Kritik von Umweltverbänden – ein Thema, das, wie der aktuelle Entwurf zur Nachbesserung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zeigt, auch in Deutschland immer noch im Argen liegt!
Jetzt in den kommenden Monaten muss der Entwurf von den Mitgliedstaaten im Ministerrat sowie im Europäischen Parlament beraten und verabschiedet werden.
Der Leitfaden zu Binnenwasserstraßen und Naturschutz ist, wie die bisher erschienenen Leitfäden, abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/ma nagement/guidance_en.htm
Hintergrundinformationen und der Entwurf zur „Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten“ sind abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/environment/eia/review.htm
Claus Mayr, NABU, Direktor Europapolitik, Brüssel,
Claus.Mayr@NABU.de
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