Mehr Beteiligung – nur scheinbar
Berlin (DUH). Das Bundesinnenministerium (BMI) bleibt immun gegen den Wunsch nach einer frühzeitigen und ernsthaften Beteiligung der Bürger bei der Planung von Großprojekten. Das ergibt sich nach einer Analyse der Deutschen Umwelthilfe (DUH) aus einem Gesetzentwurf des BMI, mit dem eine Reihe von Vorschriften im Zusammenhang mit Planfeststellungsverfahren geändert werden sollen. Geändert werden sollten das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und mehrere Fachplanungsgesetze wie Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und Fernstraßengesetz (FStrG).
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Ein erster Entwurf des Gesetzesvorhabens war bereits im Herbst 2010, zu Hochzeiten der Auseinandersetzungen um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21, bekannt geworden – damals unter dem Namen „Gesetz zur Vereinheitlichung und Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren“ (PlVereinhG). Zu Beginn dieses Jahres firmiert das Gesetz nun unter derselben Abkürzung, es heißt allerdings anders: „Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren“.
„Die akzeptanzheischende Namensänderung erinnert ein wenig an George Orwell“, kommentiert die Leiterin Klimaschutz und Energiewende der DUH, Rechtsanwältin Cornelia Ziehm. Das BMI habe aus Stuttgart 21, den Protesten gegen neue Stromtrassen oder die Flughafenvorhaben in Berlin und Frankfurt wenig gelernt. „Leider hält der Gesetzentwurf nicht, was er verspricht. In der vorliegenden Fassung wird das angebliche Ziel einer zeitgemäßeren Ausgestaltung von Genehmigungsverfahren und einer besseren Beteiligung der Öffentlichkeit verfehlt, mit neuen Regelungen etwa zur so genannten Präklusion sogar konterkariert.“
So solle künftig ein neuer Absatz 3 in § 25 VwVfG angeblich eine „frühe Öffentlichkeitsbeteiligung“ sicherstellen. Tatsächlich jedoch würden weder die Genehmigungsbehörde noch der Vorhabenträger dazu verpflichtet. Vielmehr begnüge sich der BMI-Entwurf mit einer Vorschrift, wonach die Behörde darauf „hinwirkt“, dass der Antragsteller „die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet“. Das Ziel, über mehr Beteiligung mehr Akzeptanz und am Ende weniger zeitaufwändige Gerichtsverfahren zu erreichen, werde absehbar verfehlt.
Die DUH vermisst in dem Gesetzentwurf außerdem jeden Fortschritt bei der Bekanntmachung und der Auslegung von Planunterlagen. Im vergangenen Sommer hatte der Gesetzgeber im so genannten Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) eine zeitgemäße und bürgerfreundliche Regelung beschlossen und die Veröffentlichung sowohl der Bekanntmachung als auch der Planunterlagen im Internet festgelegt. Im nun vorliegenden Gesetzentwurf würden Bürgerinnen und Bürger „wieder auf die Amtsstuben und deren Öffnungszeiten“ verwiesen, heißt es in der DUH-Stellungnahme.
Im Herbst 2010 – zu Hochzeiten der Stuttgart 21-Debatte – hatte der erste Entwurf aus dem Bundesinnenministerium für Schlagzeilen gesorgt, weil er Erörterungstermine insgesamt ins Belieben der Behörden stellen wollte. Nun solle der obligatorische Erörterungstermin im VwVfG unverändert bleiben, ebenso allerdings Vorschriften in Fachgesetzen, in denen der verpflichtende Erörterungstermin angeblich aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung abgeschafft worden ist.
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