FFH-Monitoring, eine richtungsweisende Zusammenarbeit von Naturschutz und Forst
Unter der Überschrift „Schlappe für Naturschutz im Wald – FFH-Monitoring der Wald-Lebensraumtypen unter Forst-Kuratel“ übt Barbara Froehlich-Schmitt in einem Diskussionsbeitrag zu Unrecht heftig Kritik am Monitoringsystem, der forstlichen Zuständigkeiten in diesem Bereich und am Konzept der BWI3 (Naturschutz und Landschaftsplanung 43, (12), 2011, Seite 379f.). Dazu nimmt die folgende Replik Stellung.
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Von Eberhard Aldinger und Stefan Müller-Kroehling
FFH-Monitoring durchdacht und abgestimmt
Das FFH-Monitoring hat die Aufgabe, Aussagen zum Erhaltungszustand der Schutzobjekte der Anhänge der FFH-Richtlinie in den Biogeographischen Regionen in Deutschland zu liefern, nicht zum Zustand in einzelnen FFH-Gebieten. „Auf Monitoring fußende Managementpläne“ gibt es daher nicht. Darauf ist das gemeinsam von Forst und Naturschutz unter Federführung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) entwickelte Versuchsdesign (PAN & ILÖK 2010) abgestellt. Es bedient sich hierfür verschiedener Methoden: Vorzugsmethode ist eine Stichprobenerhebung, die so genannte „63er-Stichprobe“ (63 Stichproben pro Schutzobjekt in der ganzen Biogeographischen Region; PAN & ILÖK 2010). Bei sehr kleinen Gesamtbeständen eines Schutzobjektes erfolgt der so genannte „Totalzensus“.
Bei Wäldern soll neben der 63er-Stichprobe auch die Bundeswaldinventur 3 (BWI3) bei den Waldlebensraumty-pen (WLRT) gezielt genutzt werden, wenn mindestens 20000ha Fläche in der entsprechenden Biogeographischen Region liegen. Dies ist im Sinne der EU-Kommission, die die Nutzung von Synergien mit anderen Datenquellen und Richtlinien vorsieht. Auch in Hinsicht auf den Naturschutz macht es Sinn, wenn vorhandene Mittel möglichst in die Umsetzung von Maßnahmen fließen.
Der nächste FFH-Bericht wird gemäß dem abgestimmten Konzept auf mehreren Methoden und Quellen fußen:
Auswertungen der Länder zu erfolgten Maßnahmen,
Experteneinschätzungen, die auch bei diesem und bei zukünftigen Berichten unerlässlich sein werden,
Quellen zur Flächenentwicklung der WLRT (die BWI3 ist bei gleich bleibender Definition und Ansprachemethode besser als die 63er-Stichprobe geeignet, Veränderungen im Flächenbestand der größeren WLRT festzustellen),
weiteren vorhandenen Quellen und Daten des Umweltmonitorings u.a. zu Gefährdungen.
Die so genannte „63er-Stichprobe“ ist ein Stichprobenverfahren mit relativ wenigen Stichprobeneinheiten und repräsentiert damit nur einen kleinen Bruchteil der tatsächlichen Fläche. Die Einzelflächen der untersuchten Vorkommen sind zwar bei diesem Verfahren größer, die Zahl der Stichproben aber an der absoluten Untergrenze des statistisch Akzeptablen (PAN & ILÖK 2010). Die BWI3-Aufnahmen stehen dagegen fachlich, mathematisch-statistisch und personell auf sehr solider Grundlage ( http://www.bundeswaldinventur.de ). Die BWI3 betrachtet zwar „kleine“ Inventurpunkte, dafür aber sehr viele (insgesamt ca. 60000 Traktecken). Sie ist eine bereits zweimal bewährte Basis für großräumige Aussagen, wie sie der FFH-Bericht auf Ebene der Biogeographischen Regionen vorsieht. Durch die Wiederholungsaufnahmen in zehnjährigem Turnus ist sie auch für das zukünftig anstehende FFH-Monitoring geeignet.
Die Verlässlichkeit der Ansprache-Algorithmen wurde getestet und die Aufnahmetrupps wurden geschult, so dass eine einheitliche Aufnahme in ganz Deutschland sichergestellt ist. Die Algorithmen wurden einer umfassenden Prüfung durch Bund-Länder-Gremien unterzogen. Da es sich um permanente Inventurpunkte handelt, ist über diese Inventurpunkte viel bekannt. Diese so genannte Traktvorklärung führt Daten zu Geologie, Standort und Waldgesellschaft zusammen und verbessert so die Ansprachegenauigkeit der Algorithmen und vermindert den Aufwand.
Beteiligung der Forstverwaltungen sinnvoll
Neben der Zusammenarbeit bei der BWI3 gibt es noch weitere gute Gründe, die für eine Einbindung der Forstverwaltungen sprechen: Sie erheben im Rahmen eigener Programme beispielsweise seltene, in Wäldern lebende Arten. Das fachliche Niveau dieser Erhebungen beispielsweise zu Wildkatze, Frauenschuh oder Hochmoorlaufkäfer ist in Fachkreisen unstrittig. Hinzu kommt der langjährige Kontakt der Forstverwaltungen zu den Waldbesitzern, die eine sehr wichtige Voraussetzung ist für die – im Privatwald freiwillige – Umsetzung naturschutzfachlicher Vorgaben im Wald.
Daher ist es hinsichtlich Akzeptanz und fachlicher Qualität der Ergebnisse sinnvoll, wenn die Vorgaben des Monitorings wie auch die Ergebnisse selbst von Naturschutz-und Forstseite gemeinsam erarbeitet und den Waldbesitzern vermittelt werden. So bestehen auch gute Aussichten, dass diese von den im Wald Tätigen akzeptiert und umgesetzt werden. Die Tatsache, dass die seltenen WLRT wie die Moorwälder mit ungünstigen Zuständen bewertet wurden, hat keineswegs zur Folge, dass dieser ungünstige Zustand damit sanktioniert wäre. Die FFH-Richtlinie besagt, dass dies Wiederherstellungs- und Verbesserungspflichten nach sich zieht.
Wer versucht, das Engagement der handelnden Personen und die dabei gefundenen Ergebnisse pauschal abzuwerten und als „Schlappe“ für einen der Partner zu disqualifizieren, schadet damit der vertrauensvollen Zusammenarbeit und dient nicht dem Interesse der Sache. Dem BfN kommt im Übrigen durchaus nicht bloß eine „beratende und koordinierende Rolle“ zu, sondern es war und ist ein wichtiger aktiver Partner im Zusammenspiel von Bund und Ländern bei den hier monierten Konzepten der Berichtserstellung. Auch bei der Erstellung des Berichts selbst, der über so genannte biogeographische Konferenzen unter Ägide des BMU erfolgt, hat das BfN in 2007 wiederholt von einem „Vetorecht“ gebraucht gemacht.
Uns erscheint der Beitrag vor allem von dem tiefen Misstrauen geprägt zu sein, die Naturschutzverwaltung mache mit ihrer Zusammenarbeit mit der Forstverwaltung den Bock zum Gärtner. Ganz im Gegensatz dazu steht die Tatsache, dass in den verschiedenen Bund-Länder-Gremien, die die Vorlagen zum Monitoring erstellt haben, Vertreter der Naturschutz- und Forstbehörden gemeinsam die aktuellen Konzepte ausgearbeitet haben. Möglicherweise hätten man diesen gemeinsamen Erfolg noch aktiver an die Öffentlichkeit tragen sollen. Selbst wenn bei der gemeinsamen Festlegung mancher Bewertungsschwellen noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, so sind doch gerade der Dialog und die gemeinsame inhaltliche Arbeit an der Erhaltung und Nutzung unserer Natur von hohem Wert und fördern das gegenseitige Verständnis. Berufsständische und sektorale Interessen sollten bei unserer gemeinsamen, sachorientierten Weiterentwicklung des Themas in den Hintergrund treten.
Quellen
BMELV (2011): Aufnahmeanweisung für die dritte Bundeswaldinventur – BWI3 (2. Aufl. vom Mai 2011). Bonn und Berlin, 111 S.
Europäische Kommission (2005): Assessment, monitoring and reporting of conservatoin status under the nature directives. Doc-Hab.-04-03/03 rev.3 (http://circa.europa.eu/public)).
PAN & ILÖK (2010): Konzept zum Monitoring des Erhaltungszustandes von Lebensraumtypen und Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. BfN-Skripten 278, 180 S.
Anschriften der Verfasser: Dr. Eberhard Aldinger, Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Abt. Waldökologie, D-79100 Freiburg, E-Mail eberhard.aldinger@forst.bwl.de ; Stefan Müller-Kroehling, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Abt. Biodiversität, Naturschutz, Jagd, Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1, D-85354 Freising, E-Mail stefan.mueller-kroehling@lwf.bayern.de .
Dr. Eberhard Aldinger ist Ableitungsleiter für Waldökologie an der FVA in Freiburg und leitete den Bund-Länder-Arbeitskreis „Natura 2000 und Wald“. Stefan Müller-Kroehling ist Koordinator „Natura 2000“ an der Bayerischen LWF und hat den Unterarbeitskreis der Bund-Länder-AG geleitet, der die Grundlagen für die Nutzung der BWI3 für das FFH-Monitoring erarbeitet hat. Dieser AG gehörten neben weiteren Ländervertretern auch Vertreter des BMELV, vTI und des BfN an.
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